UN BALLO IN MASCHERA
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Wiener Staatsoper
30.10.2002

Dirigent:Marcello Viotti

Gustav III, König v. Schweden - Neil Shicoff
Graf René -
Lado Ataneli
Amelia - Ines Salazar
Ulrica - Nadia Krasteva
Oscar - Ileana Tonca
Christian - Markus Nieminen
Graf Wartig - Goran Simic
Ein Richter - Peter Jelosits
Ein Diener - Walter Pauritsch


Einsamer Tenor im Opern-Alltag
(Dominik Troger)

Neil Shicoff als Aufputz für einen insgesamt lieblos besetzten und ebenso musizierten Verdi-Abend an der Staatsoper...

Der Gesamteindruck der Aufführung – ohne Neil Shicoff – war ein abgespielter, spannungsloser, durchsetzt von ein paar grellen sopranistischen Querschüssen. Der Pragmatismus des Marcello Viotti begnügte sich diesmal mit einem grobschlächtigen „Abarbeiten“ der Partitur, und der Chor wirkte auch nicht gerade „hochmotiviert“. Blendend zum „Arbeitscharakter“ passte der etwas „vorlaute“ Graf René (Renato) von Lado Ateneli, an dessen brav dahinrackernder Art man sich als Zuhörer aber nicht wirklich stoßen konnte. Die Ulrica von Nadia Krasteva war in keinem Moment jene dämonische Beschwörerin satanischer Wahrsagekunst, die man bei ihr als „Schwarzmagierin“ vielleicht hätte vermuten dürfen. Eine ganz hübsche Stimme, könnte man salopp sagen, mit zuwenig „Tiefgang“ für diese Alt-Partie.

Einigermaßen störend machte sich Ines Salazar bemerkbar. Dabei zeigte sich bei der leiderfüllten Arie des dritten Aktes, dass sie ihren Sopran mit verhaltener Innigkeit durchaus zu gefühlsbetontem, lyrischem Klingen bringen kann. Aber über weite Strecken beherrschten eine indifferente, ungeformten Mittellage und – in den dramatischen Effekten vor allem der Ensembles – eine scharfoszillierende Höhe das Geschehen. An Seiten eines Shicoff mussten diese auch aus technischen Unzulänglichkeiten gespeisten Schwachpunkte umso mehr auffallen, weil man da mit jeder Note daran erinnert wurde, was eine gut geführte Stimme ausmacht. Nur bei den beiden Arien spürte man so etwas wie einen festen Grund. Salazar stammt aus Venezuela und startete ihre Karriere Ende der Achtziger, Anfang der neunziger Jahre. Sie hatte schon eine ganze Reihe renommierträchtiger Engagements. Darunter dürfte allerdings die Konsolidierung ihrer Gesangsstils einigermaßen gelitten haben.

Aber zurück zu Shicoff: Er war gut bei Stimme (wenn er die Partie wirklich nach unten transponiert gesungen hat, wäre er nicht der erste gewesen), und er sang intellektuell und „realistisch“ wie immer. Im letzten Bild trumpfte er dann richtig auf, justament sozusagen, bekam als Antwort ein paar Bravos auf die offene Bühne geschleudert und wird sich am Schluss auch damit abgefunden haben, dass nicht jeden Tag Sonntag, sondern manchmal auch ganz einfach nur Mittwoch ist – auch an der Wiener Staatsoper.

Das Publikum ging über weite Strecken kaum mit, die Stimmung blieb kühl. Erst am Schluss war es einigermaßen aufgetaut. Shicoff erhielt nach seiner ersten Arie zu Beginn kaum Applaus. Bei den Einzelvorhängen versuchten dann die rarer als sonst im Haus vertretenen Shicoff-Fans mit viel bravoerzeugendem Einsatz den Klassenunterschied, der hier eine Aufführung lang geherrscht hatte, deutlich zu machen. Salazar bekam einen Blumenstrauß geworfen.

Und jetzt hätte ich fast auf den Pagen Oscar vergessen, der mit Ileana Tonca quirlig und zuverlässig besetzt war.