MACBETH
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Theater a.d. Wien
21.5.2000

Gemeinschaftsproduktion Wiener Festwochen, Scottish Opera, Glasgow, Edinburgh International Festival, Opera de Bordeaux

Dirigent: Richard Armstrong
Inszenierung:
Luc Bondy
Bühne: Rolf Glittenberg

Kostüme: Rudy Sabounghi

Malcom, sein Sohn - Campbell Russell
Macbeth - Richard Zeller
Banquo, sein Feldherr - Carsten Stabell
Lady Macbeth - Kathleen Broderick
Macduff, schottischer Edler - Marco Berti
Chor der Scottish Opera


Wenn die Hexen vor dem Vorhang Cancan tanzen...
(Dominik Troger)

dann kann das durchaus Verdis Macbeth sein - und es war ja auch kein richtiger Cancan, sondern mehr eine hexische Verschwesterlichung, in der das Vorspiel auf die natürlichste Weise überging.

Die Hexen erweisen sich in dieser Inszenierung von Luc Bondy überhaupt als wichtige Protagonisten, die, fast hat es den Anschein, die Fäden der Handlung ziehen - und sei es nur durch ihre Voraussagen, auf die Macbeth so wissensgierig abfährt. Die Hexen erlauben sich nach der Pause auch ein kleines Ritual mit einer gefledderten Leiche und umgebundenen Plastikoperationsschürzen, ehe ihnen Macbeth Wissensdrang dazwischen kommt. Sie lagern sich um und in der Bühnengrube, die die Mitte des Bühnenraumes ziert - und die mal wirkliche Erdgrube ist, mal das Ehebett von Lady und Mann, mal Lagerstätte Banquos, aus der er dann, ganz ohne Schüchternheit, von den Toten aufersteht, um Macbeth in der Bankettszene das Fürchten zu lehren.

Man bewundert diese natürlichen Übergänge zwischen den Szenen, diese mit der Musik mitfließende Personenregie. Man ist von der Wahnsinnsszene der Lady überrascht, die mit einfacher Gestik und nur ganz wenigen "symptomatischen" Details ihre Pathologie andeutet, Bewegung und Stimmführung einander anschmiegend. Und dabei gibt es auch Schwerter und Kampfbeile zu sehen und wallende Gewänder, die sich mit den schon erwähnten Modernisierungen durchaus ohne Gegensätzlichkeit durchmischen. Die bereits angesprochene Grube füllt sich aber auch voller Leichen und sie ist der schaurige Rahmen für Macduffs traurig schöne Arie im Vorfeld der alles entscheidenden Schlacht. Und nach der Schlacht wird diese Grube den sterbenden Macbeth aufnehmen und er wird darin vom Wald von Birnam begraben werden. Denn die Soldaten werfen ihre großen Äste, die ihnen in der Schlacht als Tarnung dienten, über ihn. Es ist dies ein Bild von vielfacher Symbolik, das man nicht vergessen wird, weil es auch ein Symbol für diese Inszenierung ist, die mit klaren Bildern einerseits die Handlung ausdeutet und weiterdenkt, andererseits aber auch immer den Gestus der Musik und die Spannung des Publikums im Auge hat. So wird sie auch nie zum Selbstzweck, zur intellektuelen Spielerei, zum Katalog von Versatzstücken, zwischen denen die Sänger beziehungslos herumirren. Dieser Bühneraum den Rolf Glittenberg geschaffen hat, wird bespielt, im wahrsten Sinne des Wortes, und seine Kargheit wird durch dieses Spiel belebt und ausgefüllt.

Während also die szenische Umsetzung dieses Macbeth einem an der Opernregie langsam verzweifenden Publikum wieder Hoffnung macht, blieben Sänger und Orchester etwas hinter den Erwartungen zurück. Richard Armstrong entlockte dem Orchester der Schottischen Oper nicht gerade einen stürmischen Verdi und verwechselte des öfteren Klangfülle und Dynamik mit Laustärke. Das war etwas herb und teilweise auch ein wenig langatmig musziert. Aber auch die Sänger - allen voran die Lady von Kathleen Broderick entbehrten jener Virtuosität, die üblicherweise die "klassischen" Vertreter des italienischen Faches an den Tag zu legen gewohnt sind. Für Kathleen Broderick war es sicher auch stimmlicher Grenzgang, der vor allem gleich in der ersten Arie zu unsauberen Höhen führte. Ihr ausdrucksfähiges Spiel ließ einen freilich über viele technische Unsicherheiten gerne hinweghören. Über den Macbeth von Richard Zeller ist noch weniger zu berichten, außer das er brav die Regieanweisungen Luc Bondys umsetze, aber erst in der Sterbeszene am Schluss Persönlichkeit gewann. Er hat eine schöne Stgimme, deren Charakter aber erst geformt werden muss. Einzig Marco Berti als Macduff ließ mit seinem kraftvollen, leidenschaftlichen Tenor aufhorchen. In Summe fiel das aber alles weniger ins Gewicht. Diesen Abend durfte man sich über eine gelungene Regie und ein gutes Ensemble freuen, das auch ohne "Weltklasse-Anspruch" dafür sorgte, dass man diesen Macbeth hier in Wien noch lange in guter Erinnerung behalten wird.