FALSTAFF
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Staatsoper
27. Juni 2024


Dirigent:
Thomas Guggeis


Sir John Falstaff - Luca Salsi
Ford, Alices Gemahl - Boris Pinkhasovich
Fenton - Hiroshi Amako
Doktor Cajus - Norbert Ernst
Bardolfo - Andrea Giovannini
Pistola - Ilja Kazakov
Alice Ford - Roberta Mategna
Nannetta -
Slávka Zámečníková
Mrs. Quickly - Monika Bohinec
Meg Page - Isabel Signoret
Robin - Adam Dinkhauser

Amüsanter Repertoireabend
(Dominik Troger)

Nach der neuen Kosky-„Cosi“ war dieser Repertoire-„Falstaff“ eine Wohltat: keine überdrehten Turnübungen auf der Bühne, sondern eine stimmige Inszenierung von Marco Arturo Marelli – und die Aufführung war auch musikalisch besser aufgestellt, als diese vermurkste „Cosi fan tutte“-Premiere vor knapp zwei Wochen.

Luca Salsi stellte sich in dieser Aufführungsserie erstmals dem Wiener Publikum als Falstaff vor. Er wirkte in der dritten (von vier) Aufführungen spielfreudig, wenn auch „geerdet“, inszenierte sich nicht als „Übertreibungskünstler“, sondern war mehr auf ein „seriöses“ Rollenbild bedacht. Er gewährte Sir John das Recht, seinem Hedonismus zu frönen, ohne sich deshalb als gesellschaftlicher Außenseiter profilieren zu müssen. Seine Mißgeschicke bleiben für diesen Falstaff eine scherzhafte Episode, die man noch Jahre später bei einem Krug Wein unter vielem Lachen weitererzählen kann. Salsi sang textbezogen, mit gutem Parlando, seine Stimme war kräftig genug und verfügte über eine gute Höhe. Zugegeben: Andere Rollenvertreter haben aus der Partie mehr Pointen herausgeholt, den Charakter auch gesanglich deutlicher ausdifferenziert.

Der Abend glänzte ohnehin mehr durch Teamwork als durch sensationelle Einzelleistungen. Boris Pinkhasovich gab wieder einen „veristisch-eifersüchtigen“ Ford mit gutem Effekt, aber wenig emotionale Schattierungen. Hiroshi Amako hat seinen als Bühnenfigur noch etwas unausgegoren wirkenden Fenton nicht mit dem erhofften lyrischen Tenorschmelz ausgestattet. Dr. Cajus in der Ausgestaltung von Norbert Ernst verschaffte sich im Vergleich eine viel stärkere stimmliche und darstellerische Präsenz. Falstaffs Diener taten, was von ihnen erwartet wurde.

Von den „Falstaff“-Damen hat erneut Monika Bohinec am eindrucksvollsten reüssiert, weil sie als Mrs. Quickly ihre Begegnung mit Falstaff mit selbstbewusster Komik und passend tiefen Tönen auszustaffieren vermochte. Das flößte sogar Falstaff Respekt ein – und es dauerte, bis er es wagte, sich dem ausladenden Dekolleté der resoluten „Kupplerin“ anzunähern. Die anderen am Scherz beteiligten Windsor-Damen  mussten sich nicht weit aus dem „Fenster lehnen“: Robert Mantegna blieb als Frau Ford  mehr „Hausfrau“, als dass die Begegnung mit Falstaff auch nur eine Sekunde lang ihre Sittsamkeit hätte gefährden können. Ihr Sopran folgte sicher den von Verdi ausgelegten Notenpfaden, bei etwas heruntergedimmter Erotik. Isabel Signoret war eine etwas unauffällige Meg Page. Für die Nanetta hätte ich mir eine „saftigere“ lyrische Sopranstimme gewünscht, als sie Slávka Zámečníková mit adretter Kühle ins Staatsopernhalbrund gestellt hat.

Thomas Guggeis am Pult und das Staatsopernorchester folgten flott Verdis Musik. Über manch hübsch herausgehobenem Detail ging der Blick fürs Gesamte nicht verloren und das ergab summa summarum eine amüsante Repertoirevorstellung, mit der dieser gewitterdräuende Juniabend frohen Gemüts ausklang.

In die Generalpause im Finale wurde wieder hineingeklatscht, aber Salsi legte den Finger an den Mund und deutete, dass es noch weitergeht – und plötzlich hatte man den Eindruck, dass ohnehin alle (Verdi eingeschlossen) mit diesem „vorlauten“ Applaus gerechnet haben, um verschmitzt die voreiligen Beifallsklatscher in Falstaffs „tutti gabbati“ einzubeziehen. Der folgende Schlussapplaus war nach fünf Minuten vorbei.

Die Inszenierung habe ich anlässlich ihrer Premiere im Jahr 2003 und von Folgevorstellungen bereits ausführlich besprochen. Im Umfeld dessen, was man dem Staatsopernpublikum an Neuproduktionen in den letzten Jahren zugemutet hat, könnte man  diesen Falstafff“ fast schon als klassische Modellinszenierung bezeichnen.