FALSTAFF
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Premiere
Wiener Volksoper
13.2.2000
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln


Dirigent:
Asher Fish
Inszenierung: Staffan Valdemar Holm
Bühnenbild und Kostüme: Bente Lykke Moller

Sir John Falstaff - Wicus Slabbert
Ford, Alices Gemahl - Claudio Otelli
Fenton - Dario Schmunck
Bardolfo
- Stephen Chaundy
Doktor Cajus - Adolf Dallapozza
Pistola - Noé Colin
Mrs. Alice Ford - Althea-Maria Papoulias
Nannetta, Ihre Tochter- Arona Bogdan
Mrs. Quickly - Malgorzata Walewska
Mrs. Meg Page - Chariklia Mavropoulou


Alberich, aufgeblasen, in einer Wild-West-Schenke des 21. Jahrhunderts?
(Heinz Kamnig)

Dominique Mentha setzt also die Gepflogenheit seines Vorgängers Klaus Bachler fort, seinem Haus, seinem Ensemble, seinem Orchester Schwerstarbeit aufzubürden, es wenn nicht gar zu überfordern. Wie schon bei den Meistersingern in der letzten Saison, zeigt sich diesmal auch der Falstaff als Wagnis sondergleichen: Asher Fish am Pult lässt das Orchester allzu grobschlächtig, ohne Nuancen, frech im Blech musizieren, von Herausarbeiten der Feinheiten der Partitur kann keine Rede sein. Wicus Slabbert sieht zwar durch die kostümbildnerische Ausgestaltung als Falstaff wie ein "aufgeblasener Alberich" aus (und auch seine Stimme wäre dort besser aufgehoben), überzeugt jedoch mit Musikalität und Bühnenpräsenz. Claudio Otelli als sein Gegenspieler Ford macht ihm mit seiner polternden Stimme keine Konkurrenz. Unauffällig und nicht störend Althea-Maria Papoulias (Mrs. Alice Ford), Malgorzata Walewska (Mrs. Quickly) und Chariklia Mavropoulou (Mrs. Meg Page). Arona Bogdan als Nannetta stimmlich und darstellerisch anmutig, Dario Schmunck als Fenton könnte durchaus seinen Weg machen. Alles in allem: Stimmlich und orchestral durchaus gewohntes Volksopernniveau.

Staffan Valdemar Holms Inszenierung besticht durch brillante Personenführung, durch köstlichen Humor, die lebhaften Bewegungen werden auch auf der Bühne sichtbar, die Wohlstandsgesellschaft wird nur allzu deutlich lächerlich gemacht. Bente Lykke Moller gestaltete fünf Bühnenbilder, die Kellerbar, einer Wild-West-Schenke der Gegenwart gleichend, könnte teilweise für den ganzen Don Giovanni verwendet werden, die Blümchentapetenwände im Hause Ford wohl eher weniger. Im Windsorpark hat die ständige Angst der jungen Mädchen, im Dunkeln überfallen und vergewaltigt zu werden, bei den Stadtvätern Wirkung gezeigt, weshalb nunmehr Straßenlaternen die Szene ausleuchten.

Die Buh-Rufe waren nicht ganz unangebracht, dennoch, offensichtlich der Regie geltend, etwas übertrieben.


"Die Inszenierung des schwedischen Regisseurs Staffan Valdemar Holm und die Ausstattung von Bente Lykke Mìller zielen ganz auf die Komödiantik dieser "lyrischen Komödie" ab, sind fantasievoll, köstlich und erfrischend · bis auf das letzte Bild (Mitternacht im Park von Windsor), in dem ihnen die Ideen ausgegangen zu sein scheinen."
notiert H. G. Pribil in der Wiener Zeitung vom 15.2.00. Für Pribil ist Wicus Slabbert ein großartiger Schauspielersänger: "Was für ihn die (vorläufige) Krönung seiner Karriere bedeutet, bereitet dem Publikum ungetrübtes Vergnügen. Eine Glanzleistung · stimmlich und darstellerisch. Ein handfester, aber dennoch dezenter Falstaff, der auch im ärgsten Getümmel noch einen Rest von Haltung und menschlicher Würde bewahrt." Aber auch sonst gibt sich Pribil mit dieser Aufführung sehr zufrieden, die übrigens eine Benefizgala für den gemeinnützigen Verein "Rote Nasen Clowndoctors" war.

In der "Presse" resümiert Wilhem Sinkovicz: "Regisseur Staffan Valdemar Holm hat einen amüsanten Abend gestaltet, der von Arrigo Boitos genialem, frei nach Shakespeare gestaltetem Libretto ausgeht, dieses aber sehr verfremdet zur Grundlage einer witzigen Komödie macht." Sinkovicz kann diesem Falstaff mit "Trunkenbolden und Rockerbräuten" der irgendwo in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts angesiedelt ist, durchaus Amüsement abgewinnen, stolpert dann aber über die mangelnde "Differenzierungskunst" des Ensembles und vermisst gegenüber dem "Feinschliff der Inszenierung ein musikalisches Äquivalent". Herb seine Kritik am Dirigat: "Vom ersten Takt an wird unter Asher Fischs Leitung mit dem Holzhammer musiziert."