ERNANI
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Wiener Staatsoper
13.10.2001

Dirigent:Frédéric Chaslin


Ernani, ein Bandit - Janez Lotric
Don Carlos, König von Spanien - Georg Tichy
Don Ruy Gomez de Silva, spanischer Grande -
Ferrucio Furlanetto
Elvira, seine Nichte und Verlobte - Ines Salazar
Giovanna, ihre Vertraute - Waltraud Winsauer
Don Riccardo, Schildknappe des Königs - Benedikt Kobel
Jago, Schildknappe Silvas - In-Sung Sim


Ernani gegen "Wetten dass..."

(Dominik Troger)

Der "Ernani" ist jetzt auch schon bald wieder drei Jahre im Staatsopernrepertoire zu finden, und er hält sich dort nach wie vor recht gut.

Man mag über das Werk selbst durchaus geteilter Meinung sein. Die Handlung, in der sich drei Männer um den angebeteten Sopran prügeln, ist ein wenig schräg, und der junge Verdi hat zündendere musikalische Feuerwerke abgebrannt, aber in Summe geht man nachher durchaus beschwingt und angeregt nach Hause. Doch es liegt auf der Hand: Thomas Gottschalk-Fans sind an diesem Abend trotz "Ernani" zu Hause geblieben, um sich vor dem TV von "Wetten dass" anzuflimmern zu lassen...

Nachdem Renato Bruson krankheitsbedingt kurzfristig absagen musste, hatte die Aufführung allerdings auch jenen besonderen "Feinschmecker"-Status verloren, den man gegen Thomas Gottschalk vielleicht noch hätte in die Waagschale werfen können. Der Verfasser dieser Zeilen fand sich trotzdem auf seinem Galerie-Stammplatz ein, umgeben von vielen Touristen, die wagemutig ihre Fotoapparate zückten und munter während der Vorstellung vor sich hin blitzten. Einmal meldete sich lautstark ein Handy. Aber wer will sich darüber an solch einem Abend aufregen, während Verdi munter die Seele massiert.

Frédéric Chaslin am Pult folgte dem von der Partitur ausgesteckten rhythmischen Zick-Zack-Kurs und hielt das Auditorium durchaus in gespannter Aufmerksamkeit. Gerade recht für einen solchen Abend. Die SängerInnen brauchten alle ein wenig Zeit um aufzutauen. Janez Lotric (miss-)brauchte seinen Auftritt im ersten Bild, um seiner Stimme erst mal die notwendige Geläufigkeit abzuringen. Später agierte er dann sehr souverän. Georg Tichy, eingesprungen für Renato Bruson, zeigte sich - wie schon im Nabucco - sehr gut disponiert. Was er absolut nicht kann, romantische Liebeserklärungen mit weichschmelzendem Timbre von sich geben. Aber das weiß man schon seit zwanzig Jahren. Ferrucio Furlanetto, als böser Bass und todbringender Hornbläser am Schluss des Werkes, trug wesentlich zum positiven Gesamteindruck des Abends bei. Zusammen mit Janes Lotric gab es da schon Momente so richtig aufflackernder Verdischer Leidenschaft, voll jener Kraft und Frische, mit der der junge Verdi seine Opern so elektrisierend aufgeladen hat. Die Dame, um die sich alles dreht, Elvira, gesungen von Ines Salazar, hatte mit dieser geforderten Grundspannung schon ihre Probleme, quälte sich ein wenig mit ihrem in den höheren Lagen zu eng bemessenen Sopran und hatte auch nicht die Power, das expressiv zu überspielen.

Der Gesamteindruck war positiv; durchaus schon eine verfeinerte kulinarische Kost. Aber wer natürlich meint, er müsse bei jedem Staatsopernbesuch sinngemäß "musikalische Austern" schlürfen, um zufrieden zu sein, dem ist ohnehin nicht zu helfen. Im Gegenteil: Gerade solche Abende stärken den Glauben daran, dass es auch heutzutage noch möglich ist, sinnvoll und auf vertretbarem künstlerischem Niveau Repertoire zu spielen, um gerade hier in Wien eine Vielfalt an Werken im Spielplan zu halten, die weltweit ihresgleichen sucht.