DON CARLOS
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Wiener Staatsoper
19.01.2001


Dirigent:
Vjekoslav Sutej

Philipp II, König von Spanien - Ferucio Furlanetto
Don Carlos, Infant von Spanien - Keith Ikaia-Purdy
Rodrigo, Marquis von Posa - Bruno Caproni
Der Großinquisitor - Eric Halfvarson
Ein Mönch (Kaiser Karl V) - Goran Simic
Elisabeth de Valois - Miriam Gauci
Eboli, Prinzessin - Dolora Zajick


Ikaia-Purdy, die Zweite
(Dominik Troger)

Einer der anvisierten Höhepunkte der Verdi-Wochen an der Staatsoper rettete sich, nach der kurzfristigen Absage von Neil Shicoff, in eine solide Repertoireaufführung.

Nun ist es an der Staatsoper derzeit offenbar so, dass es außer Neil Shicoff keine andere alternative Besetzung als Don Carlos gibt, außer Keith Ikaya Purdy, der in dieser Partie als "Hausbesetzung" fungiert. (Man mag darüber denken, was man will, aber dass die Direktion eine etwas eigenwiligle Besetzungspolitik zu verfolgen scheint, und diese mit Einsparungsgründen und andererseits zu hohen Gagenforderungen entschuldigt, das sollte zumindest angemerkt werden...) Ikaya Purdy trat also nicht als "klassischer Einspringer" an. Das hatte den Vorteil, dass man wußte, was einen erwarten würde (um eventuell doch eine andere Abendgestaltung vorzuziehen): nämlich eine achtbare Leistung gespickt mit Purdys eigenwilligem Timbre, das von einem die Herzen nur so aufschmelzenden italienischen Tenor kilometerweit entfernt ist.

Ja, und das machte die Sache von vornherein etwas steril und vielleicht war auch das der Grund, warum sich die Elisabeth, Miriam Gauci, wieder nicht (siehe die Don Carlos Besprechung vom 18.11.2000) aus der emotionalen Reserve locken ließ und ihren Part sehr konzentriert, aber ohne eigentlichen Höhepunkt zu Ende sang.

Ihr Gemahl, Ferrucio Furlanetto, wurde vom Publikum gefeiert, was aber nur zeigte, dass die Anwesenden grundsätzlich in "Spenderlaune" waren und einem sehr schön vorgetragen Philipp huldigten, dem die Persönlichkeit und die psychologische Tiefendimension dieser Partie um den Leib schlotterten, wie ein zu weiter Mantel.

Interessanterweise ging dann die Eboli, Dolora Zajick, als Punktesiegerin "vom Platz". Die "Auftrittsgstanzeln", die Verdi (bösartigerweise muß man schon fast sagen) der Eboli in die Kehle gelegt hat, nutzte sie zu einer sehr eigenwilligen, ausdehnenden und wenig überzeugenden Interpretation. Nach dieser Einstiegshürde fand sie aber rasch zu jener Expressivität und stimmlichen Präsenz, die einer Eboli angemessen ist, und sie sang sich effektvoll und ganz von ihrer unerfüllten Liebe zu Don Carlos durchwühlt ins Kloster. Das waren dann die wenigen Augenblicke, in denen der Abend wirklich künstlerisches Format gewann.

Bruno Caproni brachte seinen Posa wohlklingend, aber ohne Akzentsetzung über die Bühne (und es ist bezeichnend, wenn einem zu einem Posa so wenig einfällt). Eric Halfvarson fügte sich als schön singender Großinquisitor in das Gesamtbild des Abends ein, den man zuhörerseitig letztlich ohne enthusiastische Aufwallung beschloss und bei dem man vor allem die charakterliche Ausformung der von Verdi so sensibel und psychologisch ausdifferenziert angelegten Rollen schmerzlichst vermißte.

Bleibt noch anzumerken, dass nach dem ersten Bild wenige, aber lautstarke Buhrufer offenbar Herrn Ikaya Purdy an die Kehle wollten, und dass man ihm auch den Solovorhang am Schluss dergestalt vermieste. Vjekoslav Sutej am Pult fungierte hauptsächlich als Koordinator, und brachte nach Anlaufschwiergkeiten im ersten Bild, den Abend gut, aber wenig glanzvoll über die Bühne. Die Feinheiten der prunk- und prachtvollen Partitur blieben unentdeckt.