ATTILA
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Konzerthaus
22.3.2001
Konzertante Aufführung

Dirigent: Marcello Bufalini

Radio Symphonieorchester Wien (RSO)
Wiener Singakademie

(Choreinstudierung Heinz Ferlesch)

Odabella - Julia Varady
Attila - Carlo Colombara
Ezio - Vladimir Chernov
Foresto - Alberto Jelmoni
Uldino - Hector Sandoval
Leone - Evert Sooster


"Die Hunnen im Konzerthaus"
(Dominik Troger)

"Attila, 1846 in Venedig gegeben und bald verschollen" - notierte lapidar der Wiener Musikkritik-Papst Eduard Hanslick in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts...

Doch nun konnte man dem Attila im Konzerthaus begegnen, konzertant aufgeführt als Beitrag zum Verdi-Jahr. Aber so eine große Unbekannte ist gerade der Attila den Wiener Opernfreunden nicht. Vor knapp mehr als 20 Jahren hatte die Wiener Statsoper dieses Gusto-Stückerl des frühen Verdi wieder auf den Spielplan gesetzt. Leider war die Inszenierung damals nicht wirklich gelungen, dafür bot die Premierenserie musikalisch so ziemlich alles, was das Herz begehrt. Giuseppe Sinopoli entfachte am Pult niemals wieder ein solches Feuer und eine solche Begeisterung wie in jenen Tagen, Nicolai Ghiaurov (Attila), Piero Cappuccilli (Ezio) und Mara Zampieri (Odabella) gaben der Aufführung ein sehr individuelles Gepräge. Cappuccilli wurde vom rasenden Publikum zur Wiederholung seines strettahaften "E gettata la mia sorte" im zweiten Akt "genötigt" - und das nicht nur in der Premiere. Einzig Piero Visconti (Foresto) fiel damals aus dem illustren Rahmen allgemein seligmachender Operneuphorie.

Dass einem vor diesem Hintergrund die Aufführung im Konzerthaus mehr wie ein Nachhall jener Aufführungsserie zum Jahreswechsel 1980/81 vorkommt, ist verständlich. Aber es war ein Nachhall, der durchaus musikalische Qualitäten hatte. Da gab es vor allem ein wiederhören mit Julia Varady, die als Odeballa die ganze Power entwickelte, die dieser der Lady Macbeth verwandten Partie eigen ist. Gleich der Auftritt fordert von ihr ein volles Durchmessen des Tonraums um über zwei Oktaven, ein Durchmessen, das mehr einem Hinausschleudern ähnelt, einem expressiven Raumgreifen, das auch Julia Varady vollen Körpereinsatz - soweit es die Statik eines Konzertes zulässt - abverlangte. Varady machte die Odabella zu jenem Energiebündel, dass in den romanzenhaften Passagen durchaus etwas holprig werden darf, wenn diese starke Frau vom Liebesschmerz kurzzeitig überwältigt wird. Was aber Julia Varady hingebungsvoll demonstrierte, die ganze Kraft, die in dieser, teilweise sehr schroffen und rhythmisch-akzentuierten Attila-Musik steckt, wurde von ihren Mitstreitern weniger realisiert.

Vladimir Chernov, vom Stimmtypus her an sich sehr gut für den Ezio geeignet, verschenkte die Chance, die ihm Verdi bot, und erhielt für sein "E gettata la mia sorte" nur freundlichen Applaus. Der Attila von Carlo Colombara glänzte durch einen milden, noblen Bass, der dem Hunnenfürsten aber keine barbarischen Züge abringen konnte. Als Einspringer ließ der Foresto von Alberto Jelmoni aufhorchen. Er hat erst vor zwei Jahren in Straßburg debutiert. Sein Tenor ist schlank und auch in die Höhe biegsam, aber noch sehr jung und noch nicht wirklich ausgereift.

Das Radio Symphonieorchester Wien spielte unter Marcello Bufalini ambitioniert, aber wieder mit dieser klanglichen Indifferenz, die gerade bei Opern stört, wenn sich die Bläser so herrschsüchtig in den Vordergrund spielen (und die Sänger überdecken). Sehr schön die Wiener Singakademie mit dem Chorpart.