AIDA
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Staatsoper
1. Mai 2018

Dirigent: Evelino Pidò

König - Ryan Speedo Green
Amneris - Anita Rachvelishvili
Aida - Kristin Lewis
Radames - Jorge de Leon
Ramfis - Sorin Coliban
Amonasro - Paolo Rumez
Bote - Leonardo Navarro
Priesterin - Caroline Wenborne


„Verführerische Amneris “
(Dominik Troger)

Die aktuelle „Aida“-Inszenierung der Wiener Staatsoper stammt aus dem Jahr 1984. Sie ist das letzte Erbstück der kurzen Direktionszeit von Lorin Maazel. Jetzt wurde diese Produktion laut Programmzettel zum 120. Mal gegeben. 120 – das ist eine schöne runde Zahl, auch wenn die Ägypter – im Gegensatz zu den Babyloniern – kein Sexagesimalsystem verwendet haben.

In den drei Aufführungen (hier wird von der dritten und letzten Aufführung berichtet) gab die aus Tiflis stammende Sängerin Anita Rachvelishvili als Amneris ihr Hausdebüt. Sie hat zuerst vor allem als Carmen von sich Reden gemacht, inzwischen ist ihr aber auch die Amneris als wichtige Rolle zugewachsen. Rachvelishvilis Amneris ist kein böser „Vamp“, sondern eine junge, durchaus sympathische Frau, die sich nur durch ihre Liebe zu Radames definiert.

Amneris umschmeichelte Radames mit gurrenden Mezzoklängen, so als wollte sie ihn gleich von der Bühne in ihr Prinzessinengemach entführen. Vor allem diese subtile Leidenschaftlichkeit imponierte an Rachvelishvilis Amneris, die Fähigkeit, ihren frisch klingenden Mezzo zum Kolorieren von Gefühlen einzusetzen, und sich bei der Rollengestaltung nicht nur auf ein paar leuchtende Spitzentöne und eine satte „brustige“ Grundierung zu verlassen – und dass ihre Stimme dabei „verdifit“ über die Rampe kam, was heutzutage gar nicht mehr so selbstverständlich ist. Beim „Ah! Vieni ..“ gabs zwei kleine Unsauberkeiten im angesetzten Piano, Momente, in denen die Gesamtverfassung des Abends kurz auf Amneris abfärbte, aber Rachvelishvili hatte das Ganze sofort wieder im Griff.

Von ihrer Gegenspielerin Aida konnte man das nicht behaupten. Kristin Lewis hat sich schon in den ersten beiden Aufführungen schwer getan. Leider machte ihr die Partie auch in der dritten Aufführung viel Mühe, und es wäre unbedingt (!) notwendig gewesen, die Sängerin vor der Vorstellung als indisponiert anzusagen. Lewis plagte sich mit der „Nilarie“ mehr, als einem Opernpublikum ohne Vorwarnung zugemutet werden darf, das „Ritorna vincitor!“ gelang etwas besser. Ansonsten schlug sie sich mit einem im Vergleich zu früheren Jahren verhärtet klingenden Sopran durch den Abend (die Sängerin hat 2013 als Aida an der Wiener Staatsoper debütiert).

Dass Sänger wie Jorge de Leon an der Staatsoper immer wieder – und vor allem – als Radames zum Einsatz kommen, sagt schon viel über das aktuelle Sängerdefizit im Verdifach aus. Leon hat ein ziemlich robustes Organ, er ließ das „Celeste Aida" mit einem lang gehaltenen, rauen Forstissimo ausklingen, sozusagen ein Wälseruf auf Italienisch, und sorgte damit für einigen Applaus. An diesem Abend war es aber richtig kurios: Der Applaus prasselte in die letzten Takte – und als der letzte Ton verklungen war, war auch der Applaus schon wieder vorbei, und Leon hatte auf der Bühne die gar nicht so triumphale Leere einer Generalpause durchzustehen.

Die übrige Besetzung sorgte für das, was man so gerne unter „solide“ zusammenfasst. Das ist den Ausführenden gegenüber wahrscheinlich ungerecht, illustriert aber auch den Aufmerksamkeitsgrad, den die Darbietungen bei einem selbst ausgelöst haben. Das Orchester unter dem schon genannten Evelino Pidò spielte animiert: langweilig war es nicht. Drei Minuten Schlussapplaus sind ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Abend nur einen schwachen Eindruck hinterlassen hat – mit Ausnahme der Amneris.