AIDA
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Staatsoper
5. Oktober 2016

Dirigent: Marco Armiliato

König - Ayk Martirossian
Amneris - Violeta Urmana
Aida - Kristin Lewis
Radames - Fabio Sartori
Ramfis - Sorin Coliban
Amonasro - Ambrogio Maestri
Bote - Jinxu Xiahou
Priesterin - Caroline Wenborne


„Aida, 3. Vorstellung der laufenden Serie“
(Dominik Troger)

Die Wiener Staatsoper hat in der Saison 2016/17 vier „Aida“-Vorstellungen angesetzt. Die dritte Aufführung dieser Serie – die laut Programmzettel 116. in dieser Inszenierung von Nicolas Joel aus dem Jahr 1984 – erwärmte das Herz der vom kühlen Herbstwetter geplagten Opernbesucher zumindest phasenweise.

Der erste Gedanke an diesem Abend galt freilich Johan Botha, der für diese Aufführungsserie als Radames angesetzt, sie tragischer Umstände wegen nicht mehr erlebt hat. Johan Botha hat den Radames in Wien – laut Online-Archiv der Wiener Staatsoper – nur neun Mal gesungen (zwischen 2006 und 2009). Seine gesanglich exemplarischen Darbietungen waren – und sind – ein Maßstab für alle Sänger dieser Partie.

Zwei Tenöre teilten sich das traurige Erbe, in dieser Vorstellungsserie einspringen zu müssen: Marcello Giordani sang die ersten zwei Aufführungen, Fabio Sartori wurde für die Aufführungen am 5. und 9. Oktober besetzt. Sartori war kein neuer Radames für das Haus am Ring. Sein etwas gerauter Tenor war vor allem dort in seinem Element, wo er mit „ff“ zum Beispiel im Tempel des Vulkan den „Ptah“ besingen durfte – während ihm ein stilistisch ausgefeiltes „Holdes-Aida-Schmachten“ weniger gut behagte. Sartori gab mehr den Krieger, mit Stimmbändern bewehrt, die wie mit bronzenem Erz beschlagen, für ein weicheres „Squillo“ sorgten. Wie schon bei seinem Wiener Rollendebüt diesen März fand er im dritten und vierten Akt zu mehr gesanglicher Feinfühligkeit. Darstellerisch wurde der behäbig wirkende Sartori in dieser „Rampen-Inszenierung“ ohnehin nicht gefordert.

Violeta Urmana hat sich in dieser Serie erstmals dem Wiener Publikum als Amneris präsentiert. Die Sängerin war in Wien bereits als Aida (!) aufgetreten – in der Sopranphase ihrer Mezzostimme – und das ist gerade erst einmal sieben Jahre her. (Sie sang die Aida bei Johan Bothas letztem Radames an der Wiener Staatsoper.) Urmanas Ausflüge ins italienische Sopranfach litten oft unter den wenig klangschönen Spitzentönen. Bei der von Eifersucht gebeutelten Leidenschaft der Amneris war sie in Summe aber besser aufgehoben – solange es sich nicht um die Liebesschmerzen am Beginn des zweiten Aktes („Ah! Vieni...“) handelte oder um ein paar ebenfalls etwas „eng“ geratene Spitzentöne. Insgesamt betrachtet war der zweite Akt der eher schwächere Teil ihrer Darbietung, die vor allem nach der Pause zu überzeugen wusste.

Kristin Lewis hat vor drei Jahren mit der Aida ihr Hausdebüt an der Staatsoper gegeben. Im Aussehen ist die eine perfekte Aida, aber ich bin schon damals mit ihrer Stimme nicht „warm“ geworden. Diese hat in der Mittellage seither vielleicht ein wenig an Breite zugelegt, bietet für meinen Geschmack aber nach wie vor zu wenig „Fülle“. Bei ihren fragilen Piani schien sie sich nicht ohne Manieriertheit wie über dünnes Eis zu bewegen. Ihre gesangliche Interpretation blieb eher oberflächlich. Ein gutes Beispiel für gewisse Insuffizienzen bot schon das „Ritorna vincitor“, dem die geschmeidige Durchgängigkeit abging, dazu noch die tragende Tiefe und die Lockerheit im Übergang zur etwas schmalen Höhe.

Ambrogio Maestri gab einen bewährten Amonasro, der auch väterlichere, weichere Töne anzuschlagen wusste. Sorin Coliban hatte als robuster Ramfis stimmlich mehr zu bieten, als der König von Ayk Martirossian. Wie schon in der Vergangenheit sang Jinxu Xiahu einen guten Boten – und Catherin Wenborne durfte sich als solide Priesterin verdingen.

Marco Armiliato dirigierte einmal mehr auswendig – und vor der Pause teilweise schon zu getragen, fast ein wenig schleppend. Nach der Pause gewann die Vorstellung spürbar an Expressivität. Dass man die Lautsstärke des Orchesters dann und wann ein wenig hätte einbremsen sollen, ist ohnehin ein Dauerthema. Aber bei Armiliato geht es eigentlich nie unangenehm „knallig“ zur Sache. Der Verdiklang, auf den der Dirigent baut, setzt auf südländische Wärme. Das Eingangs-„Prelude“ wurde – zumindest in meiner Nähe – von Besuchern, die noch ihre Plätze suchten, empfindlich gestört. Der hustende Besucher (starker Raucher oder Bronchitis), der die Nilarie eingangs begleitete, hat gewiss die Flüche aller im Hause anwesenden Opernliebhaber auf sich gezogen: Mögen sie zu seiner Gesundung beitragen.

Der reichlich gespendete Schlussapplaus brachte es immerhin auf acht Minuten.