PIQUE DAME |
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Hermann - Marian Talaba |
„Pique Dame“ an der Wiener Staatsoper: Grace Bumbry erinnerte bei ihrem Hausdebüt als Gräfin an längst vergangene Opernzeiten und war das Schmuckstück einer insgesamt recht „repertoiremäßigen“ Aufführung. Umbesetzungen sind zu dieser Jahreszeit keine Überraschung – nach der Absage von Neil Shicoff und Marina Poplavskaya mussten Hermann und Lisa neu besetzt werden, ein neuer Jeletzki wurde auch benötigt – glücklicher Weise blieb Grace Bumbry fit. Grace Bumbry ist nach über 20 Jahren wieder auf die Staatsopernbühne zurückgekehrt. Sie erfüllte die Gräfin mit Würde und Noblesse: Eine in allen Ehren und Vornehmheit gealterte, immer noch zu erotischen „Reminiszenzen“ fähige „Herz-Dame“, mit einer nach wie vor leicht dunkel trimbrierten und weichen Stimme, die die Erinnerungen der Gräfin an ihre Liebes- und Spielabenteuer mit ohrschmeichelndem melodischem Fluss zur Geltung brachte. Das klang, als würde man genussvoll eine Bouteille wohlgelagerten Rotweins verköstigen, und erzeugte Momente einer artifiziell überhöhten Sinnlichkeit, die im schäbigen Ambiente dieser Staatsopernproduktion als Relikt einer längst vergangenen kulturellen Epoche erschien, in der es noch im besten Sinne des Wortes „Primadonnen“ gegeben hat. So formten sich diese wenigen Minuten intensiv, sehr persönlich und mit wohldosierter Emotionalität und wurden zum kräftigen Nachleuchten einer bedeutenden Karriere, die als Mezzo begonnen hat – um später als Sopran neue Herausforderungen zu suchen. Dass sich Bumbry schon rein von ihrer künstlerischen „Konzeption“ aus nicht unbedingt auf derselben Wellenlänge mit der mehr auf psychologische und körperliche „Action“ ausgerichteten Inszenierung von Vera Nemirova befand, verwundert nicht – aber das konnte man auch als sehr positiv empfinden. Bumbry ging sich außerdem schwer, und der Gehstock war ein willkommenes Requisit. Ihr Hermann, Marian Talaba, ist schon öfters für Neil Shicoff in dieser Partie eingesprungen. Und der Abend bewies einmal mehr, dass der Sänger im slawischen Fach unterschätzt wird – wobei das etwas harte, leicht nasale Timbre seines Tenors es einem nicht immer leicht macht, an der Stimme gefallen zu finden. Talaba begann als sperriger, sich durch die ersten Bilder „stemmender“ Hermann, aber nachdem er diese Produktion schon als Zweitbesetzung bei der Premiere erarbeitet hat, gelang es ihm im Laufe des Abends zunehmend, schauspielerisches Engagement und Gesang in Einklang zu bringen. So sorgte der Sänger nach der Pause für einige starke Szenen und überzeugte vor allem in einem mitreißenden Finale. Die Lisa von Hasmik Papian war schon ziemlich „ausgereift“. Ihr immer wieder ausladend klingender und „schwingungsfreudiger“ Sopran ließ einen viele lyrische Nuancen vermissen, und entbehrte des mädchenhaften Charmes, der Zuhörern das Schicksal Lisas umso inniger zu Herzen gehen lässt. Nicht wirklich kultiviert, aber mit passendem Nachdruck, sang Tómas Tómasson den Tomski; Eijiro Kai bot als Einspringer einen soliden Jeletzki (beide mit Rollendebüt am Haus). Nadia Krasteva war eine bewährte Polina. Marko Letonja am Pult wirkte bei seinem Hausdebüt routiniert und sorgte für einen teils zügig musizierten Tschaikowsky „slawischer Schule", mit gut gesetzten, aus dem Handlungsfluss entwickelten Steigerungen. Grace Bumbry wurde natürlich bejubelt – und alles andere wäre eine Überraschung gewesen. Der Stehplatz war recht gut besucht, das Stammpublikum nur zum Teil vertreten. Schlechtes Wetter, die Absagen und die Ballsaison forderten ihren Tribut. PS: Der Titel dieser „Review“ bezieht sich auf die im Postkommunismus angesiedelte Inszenierung, die offenbar auch die Geschichte des Palais der Gräfin erzählt. Zuerst ein Kinderheim wird dieses aufgelassen und das Gebäude „restituiert“ (zumindest könnte man die Geschichte so verstehen). |