EUGEN ONEGIN

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Theater an der Wien
19.10.2007
Premiere

Dirigent: Valery Gergiev

Inszenierung: Moshe Leiser & Patrice Caurier
Bühne: Christian Fenouillat
Kostüme: Agostino Cavalca

Chor und Orchester des Mariinsky Theaters

Larina - Swetlana Wolkowa
Tatjana - Irina Matajewa
Olga - Jekaterina Sementschuk
Eugen Onegin - Jewgeni Nikitin
Lenski - Jewgeni Akimow
Fürst Gremin - Michael Kit
Filipjewna - Jelena Witman
Monsieur Triquet - Andrej Popow
Ein Hauptmann / Sarezki - Fjodor Kusnjezow


Reisetheater

(Dominik Troger)

Mit „Eugen Onegin“ setzte das Mariinsky Theater aus St. Petersburg sein Gastspiel im Theater an der Wien fort. Tschaikowskys „Lyrische Szenen“ blieben ziemlich farblos.

Ein paar Birken und helles Licht zauberten am Beginn russische Landgutstimmung auf die Bühne – doch die großen leeren Flächen, diese Wände aus Pappkarton, ließen gleich die Vermutung aufkommen, nur ein Teil der Bühnenbauten habe den Weg von St. Petersburg nach Wien geschafft. Wenn sich Koffer „verfliegen“, warum nicht auch Kulissendepots auf Gastspielreise? Diese leeren, weißbraunen „Karton“-Flächen wurde man den ganzen Abend nicht mehr los. An Kostümen und diversen Einrichtungsgegenständen war zumindest deutlich ablesbar: dieser Onegin spielt wirklich in der vorgegebenen Handlungszeit (erste Hälfte des 19. Jahrhunderts).

Ob sich das französisch-belgische Produktionsteam aufgrund von Sachzwängen (einfacher Bühnenbau auf Gastspielreisen) zu einem derartigen Provisorium genötigt sah, bleibe dahingestellt. Die Umsetzung zeugte von wenig Phantasie. An solcher mangelte es auch beim Arrangement der SängerInnen. Schon der folklorehafte Auftritt des Bauernchores im ersten Bild ließ nichts Gutes ahnen. Als sich Tatjana zur Nacht bekleidet im Bettchen räkelte, um ihren Liebesgefühlen Ausdruck zu verleihen, war die Grenze zum peinlichen Arrangement schon fast überschritten. Hier lag es an Irina Matajewa (Tatjana) zu überzeugen, die mit körperlichen Reizen und einer hübschen Stimme (die bei dramatischen Passagen schnell an ihre Grenzen stieß) ihren Liebesträumen nachhing.

Doch auch musikalisch wurden diese großen leeren Flächen nicht aufgefüllt, was dem Abend eine bemühte Langatmigkeit verlieh. Das hatte einerseits mit Valerie Gergievs Interpretation zu tun, die mit „glattem“ Tonfall und ohne klangliches Schwelgen die seismographischen Erregungskurven von Tschaikoswsky „Lyrischen Szenen“ nur an der Oberfläche nachzeichnete und ihnen keine satteren Farben zugestand. Er brachte damit das Werk um seinen sentimentalen Gehalt, um seine aufregenden subkutan stechenden Seelenqualen, wo das Herzflattern erster Liebesregung an der zynischen Kälte des Titelhelden verglüht. Andererseits, auf der Bühne suchte man die Kräfte vergebens, die in der Lage gewesen wären, sich darauf einzulassen: Eugen Onegin selbst (Jewgeni Nikitin) spazierte brav durch die Kulissen – und sang sich auch so durch die Partie. Der Lensky von Jewgeni Akimov erweckte in mir keine dichterische Poesie, wirkte Überspannt und in Verbindung mit dem Kostüm schon fast wie eine Karikatur. Olgas Lebenslust vermochte in mir keine Brände zu entfachen.

Am Schluss gab es stärkeren Applaus mit Bravorufen, die BesucherInnen hielt es aber nicht sehr lange beim Klatschen. Für Wiener Verhältnisse war die Ausbeute dieses Gastspiels etwas mager.