„9. Aufführung in dieser Inszenierung“
(Dominik Troger)
Die
Staatsoper hat zu Saisonbeginn gleich einige ihrer Neuproduktionen aus
der letzten Saison auf den Spielplan gesetzt: „Die Zauberflöte“,
„Tannhäuser“ und „Iolanta“. „Die Zauberflöte“ wird im Juni noch einmal
rechtzeitig zur sommerlichen Touristensaison gespielt, für den
„Tannhäuser“ und Tschaikowskys Märchenoper sind 2025/26 keine weitere
Reprisen mehr geplant..
Bei der „Iolanta“ ergab sich die Chance, eine neue Sängerin in der Titelpartie kennenzulernen: Elena Stikhina ist
in drei Vorstellungen für Sonja Yoncheva eingesprungen. Yoncheva hat
die Partie in der Premiere im Frühjahr gesungen. Stikhinas Sopran ist
im Vergleich heller, eine Spur leichter, Yonchevas Iolanta klang
aparter, aber auch eine Spur reifer und vibratolastiger. Beide
Sängerinnen haben die Partie im Rahmen der Inszenierung glaubhaft
verkörpert – und diese grüne, mit Rosenbüschen bewachsene
„Kulisseninsel“ mit dem ganz kleinen Teich an der Rampe, die die
Staatsopernbühne schmückt, schmückt zugleich die Aura der Sängerinnen
der Iolanta und umflort sie mit duftend-jugendfrischem Kranz.
Die meisten Rezensenten der Premiere haben sich nach meinem Eindruck
von diesem schmucken grünen Bühnenhügel blenden lassen und kaum
thematisiert, wie Regisseur Evgeny Titov szenisch das Märchen
unterminiert hat, wie er im Finale die Aussage von Tschaikowskys
„Bühnenwunder“ geradezu ins Gegenteil verkehrt: Mit einer überlangen,
eingelegten Generalpause werden Musik und Finale unterbrochen, und
statt die Heilung Iolantas in einem großen Loblied auf die
Barmherzigkeit Gottes ausklingen zu lassen, findet sich die eben
Geheilte in einer graudüsteren zerstörten Landschaft wieder, die
plötzlich aus dem Bühnenhintergrunde barbarisch ihrem eben erst sehend
gewordenen Augenlichte droht.
Die Besetzung ist – bis auf Iolanta – in den Hauptpartien seit der
Premiere dieselbe geblieben – und es ist schade, dass hier nicht
durchwegs erste Kräfte zum Zug gekommen sind. Dem König hätte ein
würdevollerer Bass sehr gut getan und auch der Arzt hätte seine
Weisheit mit fülligerer Stimme verbreiten können, hat doch beiden der
Komponist eine dankbare Arie geschenkt mit der sie das Publikum
begeistern könnten.
Boris Pinkhasovich hatte
als Herzog von Burgund genug Stimmreserven für Tschaikowskys
emotionales Pathos, aber sein Weggefährte Graf Vaudémont hätte hier
noch zulegen müssen. Dmytro Popov
klang auch an diesem Abend zu forciert mit seinem für die Partie
eigentlich zu leichtgewichtigen Tenor. Da wussten Nebenrollen wie Simonas Strazdas als Bertrand sowie Daniel Jenz
als Almerik sich passender zu päsentieren, vor allem Strazdas war in
der an sich kleinen Partie des Bertram von gediegener, stimmlich
raumfüllenden Präsenz.
Mit Timur Zangiev wurde nach
Tugan Sokhiev, der die Premiere der Produktion betreut hat, der
Dirigentenstab an einen jüngeren russischen Maestro weitergereicht.
Zangiev hat erst im Juni die „Pique Dame“ an der Staatsoper dirigiert –
und er hat auch, wie mir scheint, in der „Iolanta“-Musik die zeitliche
Nähe zur „Pique Dame“ nicht unter den Teppich gekehrt: etwa wenn die
beiden Freunde kühn in Iolantes Garten eindringen, überhaupt wenn sich
seelische Erregung in der Musik breit macht.
Zangiev fand in den Szenen am Beginn bis zum Schlaflied zu einem
weicheren, sanfteren Tonfall mit all dieser bukolischen
Holzbläsersinnlichkeit – oder er ließ das bereits angesprochene,
emotionale Pathos aufschäumen, das beispielsweise im Finale von Roberts
Arie mit enthusiastischem Schwung beschworen wurde. Bedient die Jugend
doch oft eine stärkere Gefühlsskala, wo Ältere sich schon in erprobten
Bahnen bewegen, was dann schnell zu „konventionell“ klingen kann.
Leider zerstört die Inszenierung den musikalischen Spannungsaufbau des
Finales, das in einem erhabenen Gotteslob ausklingt. Der starke
Schlussapplaus lag bei rund sechs Minuten.