DIE GESCHICHTE VOM SOLDATEN
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Semperdepot
10.7.2002

Musikalische Leitung: Martin Walch

Regie: Hermann Beil
Merlin Ensemble Wien

Erzähler - Manfred Karge
Soldat -
Manfred Karge
Teufel -
Manfred Karge
Prinzessin -
Manfred Karge


"So gehen Revolutionäre in Pension"
(Dominik Troger)

Offenbar wollte man hier Strawinsky’s „Geschichte vom Soldaten“ auf das „Wesentliche“ reduzieren, so ganz im Sinne einer „neuen Einfachheit“, die sich aus Erinnerungen an ein schmuckloses, in einer Ost-Zone gelegenes Arbeitertheater der Nachkriegszeit speist. Auch das Ambiente, ein fensterloser etwas „abgewohnter“ Souterrain-Saal des Semper-Depos, sollte wohl diese Assoziation verstärken.

Auf die Musiker wollte man natürlich nicht verzichten, aber Manfred Karge konnte immerhin das gesamte „Personal“ des Stückes in seiner Person vereinheitlichen. Er durfte Erzähler, Teufel, Soldat und Prinzessin sein. Es liegt auf der Hand, dass sich Karge auf das Erzählen beschränkte und nicht den Tanzpart des Teufels und der Prinzessin übernahm. Die Bühne war einfach eine Bühne, schmucklos, wie für einen Rezitationsabend mit Musikbegleitung gerichtet, hinten an der Wand ein paar bunte Glühbirnen. So war denn die Atmosphäre für einen ganz „revolutionären“ Kellertheater-Aufguss perfekt – einen sehr lauwarmen Aufguss.

Es ist die Frage, was ein Stück bei einer solchen Vereinfachung gewinnt und was es verliert. Hier hat es fast alles verloren. Karge ist kein Conférencier, als solcher hätte er das vielleicht hingekriegt. Der Versuch, aus dem Teufel einen deutsch sprechenden Franzosen zu machen, scheiterte schon an Karge’s rhetorischem Vermögen – nicht nur deshalb, weil er des öfteren auf den Akzent vergaß und den Teufel ganz normal „hochdeutsch“ dahinplaudern ließ. Für sowas ist Karge einfach ein zu „deutscher“ Schauspieler. Das hätte Otto Schenk machen müssen (der Qualtinger lebt ja nicht mehr).

So blieb der Teufel ohne Kontur, und das ganze entwickelte sich zu einer langweilig konversierten Geschichte über einen Soldaten, der letztlich dem Teufel doch auf den Leim geht. Die Prinzessin war naturgemäß überhaupt nicht vertreten, weil Karge sie ja nicht tanzen konnte (warum aber eigentlich nicht – der Schenk hätte sie sicher getanzt!). Aber er fabrizierte statt zu tanzen immerhin einen Scherenschnitt aus rotem Naturpapier, um der Prinzessin auf diese Weise zu einer gewissen körperlichen Präsenz zu verhelfen.

Als Regisseur wird Hermann Beil genannt, und man wird ihn, was diese müde, langweilige Umsetzung von Strawinsky‘s Soldatengeschichte betrifft, nicht aus seiner Verantwortung entlassen können. Da war absolut nichts von Strawinsky’s jazzigem Zynismus zu spüren. Das Merlin Ensemble Wien unter Leitung von Martin Walch wehrte sich dagegen zwar musikalisch, aber das konnte der fehlenden musik-theatralischen Aktion natürlich nicht auf die Sprünge helfen. Die Akustik war sehr vom Sitzplatz abhängig. Blechbläser und Schlagwerk schoben sich viel zu stark in den Vordergrund.

Das Publikum war reichlich erschienen und hatte die rund 300 Plätze (mit unbequemen Plastikschalen-Sesseln bestuhlt) fast restlos gefüllt – und einige Bravo-Rufer finden sich immer, die den Applaus noch auffetten.