SALOME
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Wiener Staatsoper
7. 2. 2014

Dirigent: Andris Nelsons

Herodes - Herwig Pecoraro
Herodias - Iris Vermillion
Salome - Gun-Brit Barkmin
Jochanaan - Falk Struckmann
Narraboth - Carlos Osuna
Page - Ulrike Helzel
1. Jude -
Norbert Ernst
2. Jude - Michael Roider
3. Jude - James Kryshak
4. Jude -
Thomas Ebenstein
5. Jude - Walter Fink
1. Nazarener - Adam Plachetka
2. Nazarener - Marcus Pelz
1. Soldat -
Dan Paul Dumitrescu
2. Soldat - Il Hong
Ein Kappadozier- Johannes Gisser
Ein Sklave - Gerhard Reiterer


Erotik auf Sparflamme
(Dominik Troger)

„Salome“ im Haus am Ring: Die erste von drei Vorstellungen brachte zwar viele Wiener Rollendebüts, aber nur wenig erotisches Knistern auf die Staatsopern-Bühne.

In der Titelpartie war erstmals in Wien Gun-Brit Barkmin zu erleben. Unlängst als etwas „blaustrumpfige“ Ellen Orford im Peter Grimes am richtigen Platz, hat ihre Salome nicht unbedingt den Charme einer noch sehr, jungen, sinnlichen Frau versprüht, die sich zwischen sexuellem Erwachen und trotzigem Aufbegehren in den Abgründen Wilde-Strauss’scher Erotik verfängt. Natürlich wird jede und jeder im Publikum immer ganz persönliche Vorstellungen und Phantasien mit dieser pikant-grauslichen Kussgeschichte verbinden, aber es schadet nicht, wenn eine Sängerin für diese Rolle viel Laszivität in der Stimme und im Spiel und eine merkliche exhibitionistische Veranlagung mitbringt.

Nun wollte sich Gun-Brit Barkmins Salome vielleicht nicht auf diese Weise „voyeuristisch“ instrumentalisieren lassen – sie gab sich mehr trotzig als subtil verführerisch, mehr herausfordernd, als in erotische Kalamitäten verstrickt, und ihr schwerfällig absolvierter Tanz wurde dem mit dieser Szene verknüpften „Erregungspotenzial“ kaum gerecht. Dabei gelang ihr der Gesangspart gut, bis auf die kräftigen Spitzentöne, bei denen sie zu stark forcieren musste. Aber ihr Sopran blieb im Klang den ganzen Abend über etwas herb, nüchtern, ließ zu wenige Farbschattierungen hören, und das minderte sein Ausdrucksspektrum gerade dort, wo Salomes Erotik sinnlich und verführerisch auffunkeln müsste wie das geheime Edelsteindepot von König Herodes.

Deshalb hatte diese Salome auch dem verließgeprüften Jochanaan wenig zu sagen. Beide argumentierten aneinander vorbei – Salomes Begehren schien sich mehr an der rigorosen Abwehrhaltung des Propheten zu entzünden, als an auflodernden „frühlingserwachenden“ Begehrlichkeiten. Wobei Falk Struckmann, unempfänglich für Salomes Reize, bei seinem späten Jochanaan-Debüt an der Staatsoper stimmlich einen fast schon zu robusten Eindruck hinterließ (so als predige er schon seit Jahrzehnten vor großen Volksmengen). Er kehrte also vor allem den asketischen, in religiösem Starrsinn eifernden Fanatiker heraus und nicht den begehrenswerten Mann. Insofern blieb die erotische Begründung dieser „Beziehungskiste“ zwischen Prinzessin und „Propheten“ unentdeckt, und die ganze Handlungsweise Salomes reduzierte sich auf eine nicht minder fanatische Gesellschaftsrevolte, auf eine bewusste Übertretung von Moral und Sitte – die letztlich zwar vom Gesetzgeber geahndet wird, die aber die erotischen Verfänglichkeiten dieses Sujets wirksam ausbremst. Und das Resultat schmeckte dann weder bitter noch süß, sondern ziemlich schal.

Herwig Pecoraro gab als Herodes sein Rollendebüt an der Staatsoper – einiges gelang ihm vorzüglich, anderes weniger. Auffallend war seine Stimmkraft (dass Pecoraro ein exzellenter Mime ist, war dabei nicht zu überhören) und Salomes Todesurteil erklang schneidend und markerbebend. Sehr einprägsam gelang auch das „in einer Silberschüssel“ – dieser groteske Kulminationspunkt von Herodes Entzücken. Andere Passagen, zum Beispiel die langen Überredungsversuche, mit denen sich der eiddumme Herodes nach dem Tanz von Salome loskaufen möchte, kamen zu unpointiert über die Rampe. Zudem müssten sich die Angstanfälle des Königs noch besser in das Gesamtbild einfügen, um der Figur einen durchgehend einheitlichen „Charakter“ zu verleihen.

Das restliche Ensemble wurde von Iris Vermillion als Herodias angeführt, die vor allem mit der etwas überdehnt und ausladend klingenden Tiefe ihres Mezzos auf sich aufmerksam machte. Carlos Osunas Narraboth war mir von der Klangfarbe seines Tenors zu weich. Den jüdischen Religionsstreit beherrschte eindeutig Norbert Ernst als 1. Jude. Adam Plachetka war ein etwas rau klingender 1. Nazarener – und das restliche Ensemble agierte mehr oder weniger solide. Der stürmische Abgang der recht spielfreudigen Juden, als Herodes Salome sogar den Vorhang des Allerheiligsten schmackhaft machen möchte, entbehrte nicht unfreiwilliger Komik.

Das Orchester unter Andris Nelsons spielte an diesem Abend so wie Salome tanzte, etwas schwerfällig und „unspannend“. Das Klangbild war eher breit, das farbige Streulicht der raffiniert-sinnlichen Instrumentation wurde kaum zur Geltung gebracht.

Der Schlussapplaus war kräftig und von Bravorufen durchsetzt.