SALOME
|
Home |
Wiener Staatsoper Dirigent: Simone Young |
Herodes - Wolfgang Schmidt |
Nordische Salome Drei Salome-Vorstellungen gibt es diese Saison an der Staatsoper. Camilla Nylund feierte als Salome ihr Hausdebüt. Auf die zweite Vorstellung vom 14.11. wird hier näher eingegangen. Camilla Nylund sang eine „ungeschminkte“ Salome: schwedisches Blondhaar am Kopf und in der Stimme mehr lyrisch-asketisch als vollmundig erotisch. Ihr Timbre ist nicht vom blutigreifen Rot südländischer Früchte eingefärbt, mehr eine Kirsche aus schattigerem Geäst, die man pflücken muss und die einem nicht von selbst in den Mund fällt. Es ist doch ein Frage des Frauentyps. Wie soll eine „Salome“ aussehen, Prinzessin von Judäa, was für ein Timbre wird erwartet? Nylund hatte zudem nicht mit der Partie, sondern mit der Größe des Hauses zu kämpfen – und Simone Young hätte das Orchester in der Lautstärke ein wenig zügeln sollen. Der Kuss auf den Mund des Geköpften war im übertragenen Sinne nur einer mit halbgeöffneten Lippen und keine vollmundige Extase, kein gieriges Einsaugen dieser (für Salome) erregenden Herrlichkeit. Dabei fand ich manche Stellen überzeugend gelöst, etwa wenn sie Herodes gegenüber auf ihrem exaltierten Wunsch beharrt. Sie forderte die Einlösung des königlichen Eides mit einer wahnsinnigen Beharrlichkeit, mit einem Tonfall, der über Kaskaden in abgrundtiefe Schlünde menschlicher Regungen stürzt. Die Dämonie dieses Begehrens wies Herodes in die Schranken. Hier wurde verständlich, warum Herodes nicht irgendwelche Tricks auspackt, warum er nachgeben muss, am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Aber interessiert mich inzwischen nicht die Figur des Herodes mehr als die der Salome? Wolfgang Schmidt vereinigte heldisch-königliches Pathos mit einer einprägsamen Charakterzeichnung. Bei ihm ist der Herodes keine Karikatur, sondern er bringt Machtanspruch, Lüsternheit und eine tief in ihm wurzelnde Existenzangst anschaulich zusammen. Herodes kann leicht lächerlich wirken, mit seinen Ängsten und wenn er sich unter der Fuchtel der Herodias zu sehr krümmt. Seine Begierden dürfen nicht von der traurigen Verzweiflung überschattet werden, die ältere Herren mit Aktentaschen in einschlägige Kinos treibt. Am Jochanaan von Alan Titus habe ich wenig festmachen können. Er hat das Potential nur bedingt ausgeschöpft. Der Mahner und Rufer in der Wüste liegt bei ihm in bewährten Händen, aber ist das der Punkt, der Salomes Besessenheit auslöst? Simone Young weiß, wann auf der Bühne was los ist oder wann im Orchestergraben was los zu sein hat – da leitet sie untrüglicher Bühneninstinkt. Vom Publikum wurde das Gebotene eifrig bedankt. (Mein schlechter Platz am Balkon hat das Urteilsvermögen eingeschränkt, den Schleiertanz habe ich nur in Fragmenten wahrgenommen.) |