SALOME
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Staatsoper
13. Juni 2024


Musikalische Leitung: Philippe Jordan


Salome - Camilla Nylund
Jochanaan - Iain Paterson
Herodes - Gerhard Siegel
Herodias - Michaela Schuster
Narraboth - Daniel Jenz
Page der Herodias - Patricia Nolz
1. Jude - Norbert Ernst
2. Jude - Ted Black
3. Jude - Carlos Osuna
4. Jude - Lukas Schmidt
5. Jude - Evgeny Solodovnikov
1. Nazarener - Clemens Unterreiner
2. Nazarener - Attila Mokus
1. Soldat - Wolfgang Bankl
2. Soldat - Stephano Park
Ein Kappadozier - Ferdinand Pfeiffer
Ein Sklave -
Wolfram Igor Derntl
Henker - Alexandre Cardosoda da Silva

Darstellender Videograph - Benedikt Missmann
Die kleine Salome - Jana Radda
Die kleine Salome (Tanz / Video) - Anna Chesnova

„Sieghafte Salome
(Dominik Troger)

Die Staatsoper hat ihre „Salome“-Neuproduktion aus dem letzten Jahr mit einer neuer Titelheldin in den Spielplan aufgenommen. Camilla Nylund ist eine bewährte Rolleninterpretin, hat diese Partie erstmals bereits 2005 (!) an der Staatsoper gesungen. Nachstehende Eindrücke beruhen auf der dritten Aufführung  der aktuellen Aufführungsserie.

Camilla Nylunds Salome zählt inzwischen die Wagnersche Sieglinde zu ihrer Schwester, mit ihrem Silberglanzsopran ist der erotische Wahn amoralischer Ruchlosigkeit entglättet, leuchten Nordlicht und apollinischer Glanz in die Gefühlsabgründe biblischer Nebenschauplätze, die sich Ende des 19. Jahrhunderts zu frivolen Arenen der Décadence entwickelt haben.

Die Inszenierung von Cyril Teste passte natürlich überhaupt nicht dazu. Die fragile gebrochene Persönlichkeit eines traumatisierten Missbrauchsopfers, die sein Regiekonzept in Salome entdecken möchte, hat Nylund nicht dargestellt und ihr Gesang überbrückte alle inszenatorisch eingebaute Bruchlinien. Selbst dieser von der Choreographie zur demütigenden „Traumaerinnerung“ deformierte Tanz der sieben Schleier konnte der inneren Erhabenheit von Nylunds Rollengestaltung – und damit der Opernfigur selbst – nichts anhaben. Man konnte an dieser Diskrepanz sehr gut ablesen, wie stark das mit lästigen Live-Videos aufgemotzte Regiekonzept eigentlich gegen die Musik arbeitet.

Nylunds Sopran klingt dramatischer als anno 2005, ist für die langen Karrierejahre aber nach wie vor sehr gut ausbalanciert, ohne Schärfe, in der Tiefe etwas schwächer ausgeprägt. Sie gestaltete die Partie überzeugend einschließlich der finalen Apotheose des sündig-provokativen Kusses, sie schwelgte in der Strausschen Melodie bis zur rauschhaften Ekstase. Ihre Salome entwickelte dabei weniger Sinnlichkeit als sieghafte Strahlkraft, eine stürmische sieglindenhafte Überwältigung des Propheten Gottes und aller gesellschaftlicher Konventionen. 

Auch die übrige Besetzung war bekannt: Iain Paterson erwischte einen besseren Abend als zuletzt gehört, die Stimme klang etwas kräftiger. Aber trotzdem scheint sein Jochanaan knapp am Limit seiner stimmlichen Ressourcen gebaut. Die Inszenierung bietet ihm zudem keine Möglichkeit, sich als charismatischer Prediger zu profilieren. Er fährt aus der Versenkung in die Höhe und wieder in sie hinab, einfallsloser kann man den Auftritt Jochanaans kaum in Szene setzen.

Herodes zeigte sich in der Ausführung von Gerhard Siegel als schwächelnder Charakter, manches gelang pointiert, anderes zu beiläufig. Aber dafür sorgt auch die Inszenierung, die Herodes zu eindimensional als übergriffigen Stiefvater festlegen möchte. Für die Gier des Mineraliensammlers ist eben so wenig Platz wie für manch herrische Geste. Regisseure neigen leider dazu, Herodes zu unterschätzen. Michaela Schuster machte aus der Herodias eine leicht verruchten Charakter, fast schon eine Varietéfigur – ihre Beziehung zu Salome blieb eher vage (auch ein Fehler der Inszenierung). Daniel Jenz ist schon seit der Premiere ein sicherer Narraboth mit Stimmmetall, dazu gesellten sich passend der Page von Patricia Nolz sowie all die Juden, Kappadozzier, Soldaten in unterschiedlicher Quailtät.

Das „Duftkino“ des Meisterparfümeurs Francis Kurkdjian war auf der rechten Galerieseite an diesem Abend deutlich zu erschnuppern. Der extra für diese Produktion kreierte Duft soll das Publikum zum Schleiertanz „entzücken“. Aber mit Parfums ist es wie mit Inszenierungen, was dem einen gefällt, löst beim anderen schwere „Allergieanfälle“ aus.

Das Orchester unter Philippe Jordan ließ sich von Camilly Nylund mitreißen, spielte mit satterem Streicherklang und mitgematmeten Bögen, die Steigerungen recht gut bis zum Finale mitnehmend. Das Publikum spendete dann auch rund zehn Minuten langen Schlussapplaus, trotz hohen Touristenanteils.