SALOME
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Staatsoper
6. Oktober 2020

Musikalische Leitung: Alexander Soddy


Salome - Vida Mikneviciuté
Jochanaan - Tomasz Konieczny
Herodes - Vincent Wolfsteiner
Herodias - Marina Prudenskaya
Narraboth - Carlos Osuna
Page der Herodias - Margaret Plummer
1. Jude - Thomas Ebenstein
2. Jude - Andrea Giovannini
3. Jude - Robert Bartneck
4. Jude - Daniel Jenz
5. Jude - Evgeny Solodovnikov
1. Nazarener - Martin Häßler
2. Nazarener - Attila Mokus
1. Soldat - Wolfgang Bankl
2. Soldat - Clemens Unterreiner
Ein Kappadozier- Jens Musger
Ein Sklave - Thomas Köber


Salome in neuer Besetzung
(Dominik Troger)

Hausdebüts wecken am Beginn einer neuen Direktionsära immer ein besonderes Interesse: Die aktuelle Aufführungsserie der „Salome“ an der Wiener Staatsoper kann nicht nur mit einem neuen Dirigenten, sondern auch mit einem neuen Königspaar und mit einer neuen Sängerin der Titelpartie aufwarten. Berichtet wird von der zweiten Vorstellung.

In der Titelpartie stellte sich die litauische Sopranistin Vida Mikneviciuté dem Wiener Publikum vor. Sie wird demselben wahrscheinlich vor allem wegen ihrer Version des Tanzes in Erinnerung bleiben. Von einer orgiastischen Erfüllung sexueller Tetrarchenwünsche und eigener prophetenkopflüsterner Vorfreuden war wenig zu spüren: Sie bot mehr getragenen „Ausdruckstanz“ als „feuriges“ Ballett – und ließ einen dabei wissen, dass der Tanz für Salome nur ein Mittel zum Zweck ist, ohne sich dabei der musikalischen „Ekstase“ hinzugeben. Hat sich Salome mit diesem Tanz von ihrer Rollenzuschreibung emanzipiert? Wenn ja, dann würde diese Interpretation wahrscheinlich ein anderes szenisches Umfeld benötigen, um nicht befremdlich zu wirken.

Ihr Sopran entwickelte wenig Sinnlichkeit, etwas metallisch koloriert, etwas unstet, in der Tiefe wenig tragend, in Farbe und Ausdruck doch eher einförmig, und er wurde für meinen Geschmack phasenweise schon zu forciert eingesetzt. Sie spielte Salome als trotziges Mädchen, aber ohne ihm diese gefährliche erotische Glühen einzuschreiben, das der edelsteinsammelnde Herodes an ihr längst entdeckt hat. Ihre Darbietung war wie die vieler solider Rolleninterpretinnen stark auf den Schlussgesang berechnet. Damit gewinnt eine Salome fast immer das Publikum, so auch an diesem Abend.

Als Herodes kam Vincent Wolfsteiner zum Einsatz. Er gab einen Herodes, der mehr heldisches Stimmpotenzial zur Verfügung hat, als bekannte Rollenvorgänger am Haus. Bei Wolfsteiner bleibt Herodes König und tendiert nicht zu einer tenoral greller gezeichneten „Karikatur“ seiner selbst. Beispielhaft äußerte sich das in der kurze Passage von „Cäsars-Wein“ – der vollmundig „verkostet“ wurde. Die Ecken und Kanten der Figur kamen dadurch aber weniger heraus: ein Herodes mit mehr „runden“ als mit „markanten“ Gesichtszügen.

Auch die Herodias war neu für das Staatsopernpublikum: Marina Prudenskaya legte mit dunklem, saftigen Mezzo los – und man hätte dabei auch an ganz moderne „Szenen einer Ehe“ denken können. Die lebenserfahrene Boshaftigkeit, die den Komponisten bei der Schöpfung dieser Rolle getrieben haben könnte, stand deutlich im Raum. Zudem war diese Herodias sehr bühnenpräsent – mehr als ihr „Tochter“.

Der eindrucksvoll geifernde Jochanaan von Tomaz Konieczny war dem Wiener Publikum hingegen schon bekannt: Dieser Jochanaan hätte zum ganzen Volke Israel predigen können und seine Stimme würde noch in den entferntesten Winkeln des Landes gehört worden sein. Für so einen Job braucht es natürlich eine robuste Stimme, den unbeugsamen Willen zur Predigt, der von einem mächtigen, mit metallischer Höhe bestückten Bassbariton gestützt wird. Wolfgang Bankl und Clemens Unterreiner hoben sich als Erster und Zweiter Soldaten positiv vom Gewimmel, der mit Geschäftigkeit ausgeführten Nebenrollen ab.

Das Orchester wurde von Alexander Soddy geleitet, Brite und GMD des Nationaltheaters Mannheim. Soddy gibt mit dieser Aufführungsserie ein vielversprechendes Hausdebüt. Er scheint mehr mit analytischer „Nüchternheit“ an die Sache heranzugehen und einen etwas trockenen Klang zu bevorzugen. Insofern verströmte das Orchester ein für meinen Geschmack zu „kaltes“ Feuer. (Zu) zügige Tempi haben eine genussvollere Ausdeutung des Librettos für die Protagonisten möglicherweise etwas erschwert.

Der Schlussapplaus dauerte rund sechs Minuten lang.