SALOME
Aktuelle Spielpläne
Forum
Opernführer
Chronik
Home
Strauss-Portal

Staatsoper
20. Jänner 2020

Musikalische Leitung: Dennis Russell Davies


Salome - Lise Lindstrom
Jochanaan - Michael Volle
Herodes - Herwig Pecoraro
Herodias - Waltraud Meier
Narraboth - Carlos Osuna
Page der Herodias - Ulrike Helzel
1. Jude - Thomas Ebenstein
2. Jude - Peter Jelosits
3. Jude - Pavel Kolgatin
4. Jude - Benedikt Kobel
5. Jude - Sorin Coliban
1. Nazarener - Alexandru Moisiuc
2. Nazarener - Hans Peter Kammerer
1. Soldat - Marcus Pelz
2. Soldat - Dan Paul Dumitrescu
Ein Kappadozier- Johanns Gisser
Ein Sklave - Daniel Lökös


Salome im Repertoire
(Dominik Troger)

Am Samstag präsentierte das Theater an der Wien eine Neuproduktion der „Salome“, am Montag spielte die Staatsoper das Werk in ihrer altgedienten Inszenierung: eine Zeitreise, nicht nur was die Kulissen betrifft.

In der Staatsoper verschwindet die blutrünstige Geschichte ein wenig hinter dem Dekor, die aufwendige Kulisse und die Kostüme entstammen noch einer anderen Epoche. Diese Inszenierung hat laut Programmzettel 242. Aufführungen „auf dem Buckel“ und wird in zwei Jahren ihr 50-Jahr-Jubiläum feiern. Die an den Jugendstil angelehnte Ausstattung von Jürgen Rose passt sehr gut zur Musik und zur übersteigerten Metaphorik des Librettos. Die Anordnung der Szene ist schlüssig. Der Schleiertanz bleibt ein Schleiertanz – und lebt (so er nicht gedoubelt wird), vom jeweiligen tänzerischen Vermögen der Sängerin.

Nun war dieser Abend mit tänzerischem Vermögen nicht so toll gesegnet, insofern haben die Besucher auch gleich die Schwächen dieser Produktion vorgeführt bekommen: das Dekor muss sich erst musikalisch und darstellerisch mit Leben erfüllen. Im Theater an der Wien wird nicht lange gefackelt, Salome zum Opfer des Herodes erklärt und im Tanz die Missbrauchsgeschichte bis zum Sexualakt erzählt. Das sind starke Bilder die einen gefangen nehmen oder abstoßen, aber die nicht mit dem lüsternen Ästhetizismus der „Décadence“ die Sinne kitzeln. Die Staatsoperninszenierung steht insofern der Entstehungszeit des Werkes näher und gönnt sich noch einen erotisierenden Voyeurismus, zudem man sich heutzutage vielleicht nicht mehr so offen bekennen möchte.

Den intensiven, wenn auch hinterfragenswerten Eindrücken von der samstägigen Premiere im Theater an der Wienkonnte diese Staatsopern-Aufführung wenig entgegenhalten. Lise Lindstrom, die Salome des Abends, versprühte zuerst neckisch-beinschlenkernde College-Girl-Erotik, die sich im Verlaufe der Handlung immerhin zu tödlichem Trotz verwandelte. Ihre Stimme klang – wie auch schon bei ihren früheren Wiener Salome-Auftritten – spröde und „substanzarm“, die Beschwörung Strauss'scher Sopransinnlichkeit lag außerhalb ihrer Reichweite.

Es gab zwei Rollenporträts: Michael Volle als Jochanaan und Waltraud Meier als Herodias. Michael Volle gab einen pathetisch schauspielernden Propheten, der mit raumgreifendem Naturalismus seine Augen vor dem grellen Sonnenlicht schützte, als er seine dunkle Gruft verließ. Stimmlich ließ er sich von diesem gespielten Pathos anstecken, predigte etwas harsch und undifferenziert den unverbesserlichen Zeitgenossen. Immerhin vermittelte er eindrücklich den Glauben des Jochanaan an die Erlösungskraft des Messias, in dem er Salome, die vor ihm kniete (das Gesicht ihm abgewandt) zur Buße aufforderte. Es war eine der wenigen Passagen, in denen er sein schön timbriertes Organ strömen ließ, um die Verheißung mit fülliger Virilität zu unterfüttern. Wenn Jochanaan ein männlicher Eros umschwebt, wird auch Salomes Verhalten plausibel (ohne dass dramaturgisch die „Trauma-Schublade“ geöffnet werden muss). Salome zeigte sich aber librettogemäß widerborstig und Jochanaan kippte in sein prophetisches „Pathos“ zurück.

Waltrauf Meier legte die Herodias weniger als herrschsüchtige, denn mehr als verängstige Frau an, der Jochanaans Tiraden emotional stark zusetzen. Die Sängerin erinnerte dabei ein bisschen an ihre Klytemnästra-Interpretation. Der Wille, die Rolle psychologisch auszudifferenzieren war unübersehbar, aber das ging auf Kosten des Herodes zusetzenden Machtstrebens, das sich auch stimmlich wenig ausdrückte. Herwig Pecoraro bietet als Herodes nach wie vor ein markantes Rollenporträt, stimmlich inzwischen vielleicht auch schon mehr der „Tagesform“ unterworfen. In den vielen Nebenrollen spiegelte sich wie bei jeder „Salome“-Aufführung im Haus am Ring die „Höhen und Tiefen“ des Staatsopernensembles.

Mit Dennis Russel Davies stand der kurzfristige Einspringer für den Einspringer am Pult (Michal Boder, selbst Einspringer für Mikko Franck, hatte absagen müssen). Davies hat die „Salome“ an der Staatsoper zwar schon dirigiert, aber das Resultat war mehr Stückwerk: manch schöne solistische Einzelleistung, ein etwas schwerfälliger Schleiertanz, solides „Repertoire“ eben.

Das Publikum spendete starken Schlussapplaus.