DIE SCHWEIGSAME FRAU
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Wiener Staatsoper
18. Juni 2009

Dirigent: Peter Schneider

Inszenierung, Bühne und Licht:
Marco Arturo Marelli
Kostüme: Dagmar Niefind

Sir Morosus - Kurt Rydl
Haushälterin - Janina Baechle*
Barbier - Adrian Eröd*
H
enry Morosus - Michael Schade
Aminta - Jane Archibald*
Isotta - Caroline Wenborne*
Carlotta - Michaela Selinger*
Morbio - Clemens Unterreiner*
Vanuzzi - Janusz Monarcha*
Farfallo - Walter Fink

(* Rollendebüt an der Staatsoper)


Oper für Liebhaber

(Dominik Troger)

Die Wiederaufnahme der „Schweigsamen Frau" überzeugte szenisch und musikalisch. Der Publikumsandrang hielt sich allerdings in Grenzen. Das Werk bleibt eine Liebhaberstück für Strauss-Fans – die wissen es allerdings zu schätzen.

Die Produktion aus dem Jahr 1996 stammt aus der bewährten Hand des Künstlerduos Marco Arturo Marelli (Regie und Bühne) und Dagmar Niefind (Kostüme). Im nach vorne offenen „Wohnturm" des Sir Morosus spielt sich das bunte Treiben ab. Die stilisiert historisierenden Kostüme belassen dem Werk seine Handlungszeit. Gute Personenführung und die sparsame, aber zweckmäßige Ausstattung bilden eine gute Basis für vergnügliche drei Opernstunden.

Natürlich wirkt der Witz des Werkes manchmal schon etwas altbacken – und es ist gut, dass die Inszenierung nicht nur die grellen Seiten beleuchtet, sondern den alten Sir mit seinem Gehörschaden durchaus ernst nimmt. So kann sich, gepaart mit der Strauss'schen Musik, auch eine Parabel über das Älterwerden entwickeln, über Verständnisprobleme zwischen den Generationen.

Vielleicht entdeckt man in einer Gesellschaft, die selbst immer älter wird, auch den tieferen Sinn dieses Werks, diese Geste des humorvollen Abschiednehmens, zu der sich Sir Morosus schlussendlich bereit findet. Die letzte Szenenanweisung: „[Morosus] In den Sessel zurückgelehnt, fasst mit der Rechten und Linken dankbar die Hände Amintas und Henrys." vermittelt diesen Aspekt der Versöhnung und des Trostes und ist heute als Botschaft sicher wirkungsvoller, als die etwas platte Buffa-Handlung von der untergeschobenen „schweigsamen" Frau.

Das Credo des Sir Morosus „Wie schön ist doch die Musik – aber wie schön erst, wenn sie vorbei ist!" vermittelt die spielerische, selbtironische Nuance des Werkes, mit der sowohl Stefan Zweig als Librettist als auch Richard Strauss bestens umzugehen wussten: Zweig mit teilweise etwas altertümelndem Deutsch, Strauss mit jeder Menge an musikalischen Zitaten. „Die schweigsame Frau" ist auch eine Paraphrase über das europäische Theater – ein Zusammenfassen und Aufnehmen Jahrhunderte alter Entwicklungslinien, die hier noch einmal in handwerklich perfekter und zeitloser Art miteinander verflochten werden.

Die Staatsoper bot für diese Wiederaufnahme ein homogenes Ensemble auf. Kurt Rydl war ein sympatisch-polternder Morosus, der auch stimmlich seine lange Karriere gut im Griff hatte und zwischen berechtigter Aufregung, zarteren Liebesanwandlungen und altersweiser Ironie geschickt zu wechseln verstand. Michael Schade sang seinen Neffen stimmkräftig, aber nach wie vor mit lyrischer Geschmeidigkeit. Adrian Eröd war bei seinem Rollendebüt als Barbier ganz in seinem sängerischen und darstellerischen Element und an diesem Abend vorzüglich unterwegs.

Die schweigsame Frau, um die sich alles dreht, Aminta, wurde von der optisch entzückenden Jane Archibald beigesteuert. Für den furiosen Ausbruch im zweiten Akt ist sie noch zu zart „besaitet", insgesamt war es ein gelungenes Rollendebüt. Die Sängerin war für Diana Damrau eingesprungen, die vor einigen Wochen die Aufführungsserie absagen musste. Das Personal der Schauspieltruppe sowie Janina Baechle als Haushälterin brachten sich durchwegs gut zur Geltung.

Das Orchester unter Peter Schneider musizierte einen schönen, auf den Gesamteindruck hin kalkulierten Strauss, spannungsvoll und mit „Gefühl", wenns drauf ankam – kapellmeisterlich im besseren Sinne des Wortes.

Das Publikum spendete dankbaren, aber relativ kurzen Applaus.