ELEKTRA
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Wiener Staatsoper Dirigent: Peter Schneider |
Klytämnestra - Agnes Baltsa |
Nach „Ariadne“ und „Arabella“ folgte im Staatsopern-Repertoire jetzt „Elektra“. Janice Baird präsentiert sich in einer Serie von vier Vorstellungen zum ersten Mal in der Titelpartie im Haus am „Ring“. Hier besprochen wird die zweite Vorstellung. Die US-amerikanische Sängerin Janice Baird wurde wegen einer Verkühlung angesagt. Insofern fällt es schwer, den „wirklichen“ Qualitäten ihrer Elektra nachzuspüren. Ihre Stimme klang für mich nicht beeinträchtigt. Der Monolog wurde von ihr noch sehr vorsichtig präsentiert, aber die Spitzentöne hielten, kamen gut übers Orchester, und darauf baute sich dann der ganze Abend auf. Im Ausdruck und in der Darstellung blieb sie deutlich hinter den Möglichkeiten der Rolle zurück. Das emotionale Brodeln unter der Oberfläche Hofmannsthal'scher Redegewandtheit blieb unentdeckt. Im direkten Vergleich ging Silvana Dussmann schon mit deutlich mehr Expressivität an die Chrysothemis heran. Bei Dussmann fiel auf, wie gut sich ihre Stimme in den letzten zehn Jahren gehalten hat – und dass die scharfen, manchmal deutlich „grenzwertigen“ Spitzentöne auch nicht mehr oder weniger geworden sind. So war der Gesamteindruck doch ein zweischneidiger. Wie erwartet vermochte Agnes Baltsa als Klytämnestra alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ihre Klytämnestra besitzt königliches Gehabe und einen Rest mütterlicher Gefühle für Elektra, deren Nähe sie zu suchen scheint. Das gibt der Figur einen menschlichen Anstrich und zeigt nicht plakativ das "hysterische Weib". Ihre Aussprache, nach wie vor gewöhnungsbedürftig, gereicht der Rolle weniger zum Vorteil. Ain Angers jugendlicher Orest klang schön, machte die urwüchsige Kraft des Mythos aber nicht recht greifbar. Michael Roider ließ sich als Ägisth rollengerecht abmurksen. Getragen wurde der Abend vom Orchester unter Peter Schneider: vom Klang manchmal etwa trocken, schlussendlich aber aufwühlend genug, um ein gewisses „Elektra-Feeling“ aufkommen zu lassen – wobei auch hier so manch schärfere Kontur das barbarische Bühnengeschehen vielleicht noch plastischer verdeutlicht hätte. Die Inszenierung hat schon 56. Aufführungen auf dem „Buckel“ und stammt von Harry Kupfer. Eventuell könnte man sie wieder einmal etwas „verdichten“. Der mit Bravo-Rufen durchsetzte Schlussapplaus dauerte rund sechs Minuten lang. |