|
ELEKTRA
|
| Home | |||||
|
Staatsoper Musikalische Leitung:
Alexander Soddy
|
Klytämnestra - Nina
Stemme |
|
Von der Familienoper „Vincent“ im Theater an der Wien als Nachmittagsvorstellung ging es weiter in die Staatsoper zum nächsten Einakter: Dort lockte die Richard Strauss’sche „Elektra“ mit dem Rollendebüt von Nina Stemme als Klytämnestra viel Stammpublikum ins Haus. Nina Stemme hat vor zehn Jahren die Elektra an der Wiener Staatsoper in einer Neuinszenierung in der Regie von Uwe Eric Laufenberg gesungen. Diese seltsame „Kohlenkeller-Elektra“ ist inzwischen Geschichte, weil dankenswerter Weise wieder die alte Inszenierung von Harry Kupfer aus dem Jahr 1989 reaktiviert wurde. Kupfers Sicht der Dinge leistet auch heute noch gute Dienste und hüllt das Werk in eine düstere, von einer riesigen, des Hauptes beraubten Agamemnonstatue überschatteten Szene. Inzwischen ist Nina
Stemme von der Tochter zur Mutter gereift – und trotzdem
stellte sich schnell der Eindruck ein, dass es die Mutter immer noch
leicht mit der Tochter aufnehmen könnte, zumindest was die Kraft
und Robustheit ihrer Stimme betrifft. Diese tönte dunkel, rührte
aber kaum an Klytämnestras „mottenzerfressene“ Seele.
Die intensive Ausdeutung des Librettos unterlag einem von der Stimme
gestützten „Trägheitsmoment“, das die Nuancen
einebnete und ihnen die Expressivität stahl. Manchmal hatte ich
den Eindruck, als klebten Stemme Hugo von Hofmannsthals Blankverse
auf dem Gaumen, die sie von dort erst schwerfällig ablösen
musste, um sie ins Staatsopernrund zu stellen. Die nervliche Zerrüttung
der Figur, ihre verzweifelte Eloquenz, kam derart kaum zur Wirkung:
Dadurch wurde das „Psycho-Duell“ mit Elektra ziemlich
entschärft. So blieb es den Camilly Nylund als Chrysothemis vorbehalten, nach den mythischen Energien zu wühlen, die in den Seelen der Figuren lodern. Nylunds etwas kühler Sopran ist in dieser Partie immer noch gut aufgehoben, und dem von Chrysothemis ersehnten „Weiberschicksal“ tut dieses bisschen an Kühle ohnehin ganz gut. Immerhin war es laut Staatsopernarchiv schon ihre zwölfte Chrysothemis am Haus. Derek Weltons Orest war ebenfalls bereits bekannt, ein an sich schönstimmiger Rächer, dem noch etwas mehr an dramatischer Wirkung zuwachsen könnte. Jörg Schneider musste sich als Ägisth wieder meucheln lassen, ohne dabei zur Karikatur zu werden – was ihm natürlich gelang. Die Mägde hielten sich recht gut; der junge Diener hatte wahrscheinlich einen schlechten Tag erwischt. Bei Alexander Soddy liegt die „Elektra“ in guten Händen und das Staatsopernorchestern tourte wieder mit differenziertem, wenn auch eher schlankem und etwas trockenem „Sound“ durch die mykenischen „Fatalismen“. Wie schon in der Vergangenheit baute Soddy dabei keine „zyklopischen“ Mauern, sondern brachte auch strukturelle Details sehr gut heraus. Das Tempo war eher flott, die Lautstärke mit ausreichender Rücksichtnahme auf die Sänger gewählt. Orgiastisches „Elektra-Feeling“ kam trotzdem nur streckenweise auf – und das Finale hätte für meinen Geschmack zur Steigerung doch eine Spur „zyklopischer“ ausfallen können. Am Schluss gab es viel Beifall (etwas mehr als die inzwischen „üblichen“ fünf Minuten), vor allem für Stemme, Nylund, Soddy. Bei Elektra mischten sich in den ersten Solovorhang einige Buhrufe. |