ELEKTRA
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Wiener Staatsoper
9. Febuar 2020

Dirigent: Seymon Bychkov


Klytämnestra - Waltraud Meier
Elektra - Christine Goerke
Chrysothemis - Simone Schneider
Aegisth - Norbert Ernst
Orest - Michael Volle
Pfleger des Orest - Marcus Pelz
Vertraute - Simina Ivan
Schleppenträgerin
- Zoryana Kusphler
Junger Diener
- Thomas Ebenstein
Alter Diener
- Dan Paul Dumitrescu
Aufseherin - Donna Ellen
Mägde - Monika Bohinec, Margarita Gritskova, Ulrike Helzel, Lydia Rathkolb, Ildiko Raimondi
Dienerinnen -
Secil Ilker, Jung Won Han, Dymfna Meijts, Kaya Maria Last, Karen Schubert, Sabine Kogler


„22. Aufführung der aktuellen
Inszenierung“
(Dominik Troger)

Die aktuelle „Elektra“-Produktion der Wiener Staatsoper ist auch schon wieder fünf Jahre alt. Zwischen Kohlenkeller und dem „Paternoster des Grauens“ tummelt sich in der aktuellen Aufführungsserie eine teilweise neue Besetzung: In der Titelpartie gab Christine Goerke ihr Wiener Hausdebüt. Nachstehende Eindrücke stammen von der zweiten Vorstellung der Aufführungsserie.

Christine Goerke hat ihre Karriere schwerpunktmäßig in Amerika bestritten. Die aus New York stammende Sängerin ist erst seit einigen Jahren im „schweren Fach“ unterwegs. 2013 hat sie an der Metropolitan Opera die Färberin gesungen, 2019 die „Ring“-Brünnhilden. Für diesen Sommer ist ihr Bayreuth-Debüt geplant. Ihr Instagram-Account mit dem Namen „heldenmommy“ verrät eine sympathische Ironie, sagt aber auch einiges über das künstlerische Selbstverständnis aus.

Ihre Wiener Elektra nährt nun nach meinem Eindruck einige Zweifel an diesem „Social-Media-Status“. Auffallend war jedenfalls ein Registerbruch zwischen kräftiger Tiefe und einem stark flackrigen, nicht mehr so durchsetzungsstarken Bereich ab der oberen Mittellage (* siehe Anmerkung). Goerkes Elektra klang verglichen mit dem schlanken, aber kernig-metallischen Sopran von Simone Schneider dann weniger kompakt und auch im Ausdruck nicht so prägnant wie erhofft. Darstellerisch wirkte auf mich ihre Elektra konventionell und wenig mitreißend, wobei es eine Herausforderung bedeutet, in dieser Inszenierung mythische Greuel zu beschwören. Die Regie von Uwe Eric Laufenberg hat den Mythos bekanntlich zu einem sehr schlechten Horrorfilm „downgegradet“.

Wie angedeutet hat Simone Schneider als Chrysothemis sehr gut „dagegen halten“ können. Ihr heller, metallischer Sopran klang nur bei einigen Spitzentönen etwas spröde. Waltraud Meier gab wieder eine „blutleere“ Klytämnestra. Die Szene mit Elektra erzeugte kaum Spannung. Meier reduzierte sie auf das „Therapiegespräch“ einer schwer depressiven Frau; für die Darstellung eines existentielles Ringens mit Elektra schien sie keine Kraft mehr zu finden. Michael Volle füllte als Orest das Haus mit seinem angenehm timbrierten Bariton, der die mythischen Abgründe mehr wohltönend überspannte, als sicht- und hörbar machte. Norbert Ernst ist seit vielen Jahren ein verlässlicher Aegisth, jedenfalls macht er die Rolle nicht zur Karikatur.

Das Orchester unter Semyon Bychkov bot eine sehr gute Leistung, auch wenn im Finale der Spannungsbogen nicht mit dieser Unerbittlichkeit zu Ende gebracht wurde wie erhofft. Aber unter Bychkov wird ein fülliger Straussklang ausgepackt, trotz der Orchestermassen bleibt das Spiel differenziert, das Wühlen und Brodeln wird zu keinem Klangbrei vermanscht und für gefühlvolle, breite Romantizismen bleibt auch noch genug Platz. Unter diesen Umständen kann es dann und wann auch etwas lauter werden

Der starke Schlussapplaus wird geschätzte sechs, sieben Minuten lang gewesen sein. Viele touristisch orientierte Besucher verließen noch während der Vorstellung den Galeriestehplatz.

* Als Vergleich der Verweis auf zwei Rezensionen des „Observer“ zur Met-Brünnhilde von Christine Goerke im Jahr 2019. Demnach habe sie angestrengt („effortful“) geklungen, mit einem rasselnden („rattling“) Vibrato und die Stimme sei in der Höhe „chronically flat“ gewesen. (1) Auch die abgesetzte Tiefe („massive and organ-like“) wird vermerkt.(2)

(1) „Götterdämmerung”, Metropolitan Opera, Oberver 29.4.2019, https://observer.com/2019/04/gotterdammerung-met-opera-ring-cycle-review-success-despite-lepage-set/ [10.2.2020]

(2) „Die Walküre“, Metropolitan Opera, Observer 26.3.19, https://observer.com/2019/03/die-walkure-only-eva-maria-westbroek-sparkled-met-opera-review/ [10.2.2020]