ARIADNE AUF NAXOS
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Staatsoper
7.3.2011

Dirigent: Michael Güttler


Der Haushofmeister - Alexander Pereira
Ein Musiklehrer - Wolfgang Bankl *
Der Komponist - Stephanie Houtzeel *
Der Tenor / Bacchus - Burkhard Fritz *
Ein Offizier - Martin Müller
Ein Tanzmeister - Norbert Ernst *
Perückenmacher - Wolfram Igor Derntl
Lakai - Marcus Pelz
Zerbinetta - Julia Novikova *
Die Primadonna / Ariadne - Nina Stemme *
Harlekin - Daniel Schmutzhard **
Scaramuccio - Peter Jelosits
Truffaldin - Lars Woldt *
Brighella - Benjamin Bruns *
Najade -
Simina Ivan
Echo - Anita Hartig *
Dryade - Juliette Mars

* Rollendebüt an der Staatsoper
** Hausdebüt


Wotanskind auf Griechenlandurlaub
(Dominik Troger)

„Ariadne auf Naxos“ steht derzeit wieder auf dem Spielplan der Staatsoper – und viele Rollendebüts weckten die Neugierde des Stammpublikums. Nach der Vorstellung wurde mit kritischen Anmerkungen nicht gespart und Optimierungspotential geortet.

Die Neugierde treibt einen wider besseres Wissen immer (!) in die erste Vorstellung von Aufführungsserien, dagegen ist nun mal kein Kraut gewachsen. Dass sich die Bühnenaktionen von Abend zu Abend geläufiger gestalten, Ensemble und Orchester „einspielen“, (Rollen-)Debütantinnen und Debütanten ihre anfängliche Nervosität abstreifen, das ist hinlänglich bekannt.

Aber was bedeutet dieses Wissen für die hier besprochene „Ariadne“-Aufführung? Zum Beispiel, dass Nina Stemmes „Aridane“ auch im Laufe einer Aufführungsserie kaum ihren starken „Sieglinden“- um nicht zu schreiben „Brünnhilden“-Ton verlieren, dass aber das Vorspiel in der natürlichen Interaktion der vielen beteiligten Figuren sicher gewinnen wird – genauso wie die Aktionen der „lustigen Gesellschaft“ in der „Oper“.

Nina Stemme lieh der Titelfigur jedenfalls das Stimmgewicht einer Wagner-Heroine. Ihr Sopran wurde von kurzwelligem Vibrato „belebt“, färbte sich mit durchaus reizvollen, reifen Farben in den tieferen Regionen, klang insgesamt aber ziemlich unflexibel, mit risikobehafteten Spitzentönen. Das Schwelgen in der Strauss'schen Melodie, die lyrische Emphase konnte sich aus diesem Korsett kaum befreien. Wenn Stemme in einem Interview in der Tageszeitung „Die Presse“ vom 6. März 2011 mit dem Satz zitiert wird: „Für mich ist das so, dass die Stimme bei Strauss wie von selbst strömt.“ - dann kann ich als Zuhörer diesen Eindruck insofern teilen, als dass es sich beim „Strömen“ um kein klares, aus den Höhen des Ida-Gebirges herabsprudelndes Quellwasser gehandelt hat, sondern eher um verflüssigtes Erz – und der Gesang der kretischen Königstochter klang mehr nach dem von eifrigem Schlachtgetümmel schon heroisch-gedellten Schildgepränge der „Ilias“ und weniger nach der weicheren, jugendlich-anschmiegsamen Erotik anakreontischer Strophen.

Bacchus konnte an stimmlichem „Gewicht“ nicht recht mithalten. Burkhard Fritzens Gesang tönte unausgewogen, vielleicht erzwungenermaßen durch die bekannt heikle Partie. Phasenweise kam sein Tenor zu leise und etwas abgemagert über die Rampe und im Finale fehlte offenbar die Kraft, um noch eins draufzusetzen. Zwischendurch überraschte er wieder mit klarem, heldentenoralem Timbre und einer gelungenen Symbiose aus Energieinsatz und lyrischer Flexibilität. Manch brisante Stelle wurde im Vergleich zu vielen Rollenvorgängern elegant „umschifft“. Seine „Zauberin“ konnte sich durchaus hören lassen – wenn auch ein bisschen leise.

Julia Novikova könnte in einem kleineren Haus eine begeisternde Zerbinetta sein – an der Staatsoper verlor sich die emotionale Ausdruckstiefe ihres zwitschernden, ausgesprochen koloratur- und höhensicheren Soprans irgendwo auf dem Weg von der Bühne in die höheren Ränge des Zuschauerraums. Dabei machte sie eine sehr adrette Figur, voll zarter, verführerischer Koketterie. Ihre Stimme klang mir in der Mittellage ein bisschen zu farblos, zog vor allem durch die schon genannte Koloraturfähigkeit und Höhensicherheit die Aufmerksamkeit auf sich. Vielleicht ist aber auch dieser Eindruck dem für ihre stimmlichen Ressourcen deutlich zu großen Haus geschuldet. Die „Großmächtige Prinzessin“ war von spürbarer Vorsicht geprägt, das wird sich im Laufe der Aufführungsserie gewiss noch „lockerer“ gestalten.

Zurück zum Vorspiel: Der Haushofmeister des Alexander Pereira, von Hauptberuf Kulturmanager, wirkte nicht immer ganz professionell. Er behandelte das Künstlerpersonal mit Herablassung, ohne sich dabei als Charakter zu profilieren. Freilich, man könnte dieses Modell semiprofessioneller Quereinsteiger perfektionieren und Auftritte gegen Sponsoringgelder vergeben oder aufgrund von Publikumsvoting. Ein paar Namen würden mir schon einfallen ...

Wolfgang Bankl sang und spielte einen sympathischen, bodenständigen Musiklehrer. Stephanie Houtzeel erweckte bei mir den Eindruck, als müsse sie sich den Komponisten mit zuviel Kraftaufwand „erkaufen“. Sie legte zuviel Energie in ihren eigentlich recht hübsch „gewachsenen“ Mezzo. Der klang dadurch etwas verhärtet und in der Höhe viel zu angespannt.

Der Tanzlehrer von Wolfgang Ernst zählte zu den positiven Eindrücken, wie überhaupt das gesamte übrigen Personal vom Lakaien bis zu „Zerbinettas Truppe“. Najade, Dryade, Echo zeigten sich demgegenüber von nicht ganz so stimmlicher Kongruenz. Besonders soll noch das vielversprechende Hausdebüt von Daniel Schmutzhard (Harlekin) herausgestrichen werden.

Dirigent Michael Güttler war für den ursprünglich angekündigten, aber erkrankten Jeffray Tate eingesprungen. Das Orchester tönte stellenweise ziemlich sängerdeckend. Die Gestaltungsansätze ließen auf einen eher „romantischen“ Zugang schließen, der die kammerorchestral-barocken Bezüge zu stark einebnete. Das Publikum spendete rund acht Minuten langen Schlussapplaus.

PS: Die Produktion stammt aus dem Jahr 1976 und wurde von Filippo Sanjust inszeniert und ausgestattet. Sanjust ist vor bald 20 Jahren verstorben, seine „Ariadne“ hat die Zeiten überdauert. Vielleicht könnte man sie wieder einmal ein bisschen auffrischen und neu einstudieren – wenn man eine wirklich adäquate Besetzung gefunden hat (was nicht einfach sein dürfte).