ARIADNE AUF NAXOS
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Staatsoper Dirigent: Cornelius Meister |
Der Haushofmeister - Bernhard
Schir |
Anna Netrebko hat ihre Reise nach Naxos schon vor einigen Wochen abgesagt – der Wiener Staatsoper gelang es, Lise Davidsen als hochkarätige „Einspringerin“ für den Besuch dieser griechischen Insel unter der „Reiseleitung“ von Richard Strauss zu gewinnen. Lise Davidsen hat 2017 mit dieser Partie an der Staatsoper debütiert und schon damals ist Opernfans zu Davidsens Stimme vor allem Richard Wagner eingefallen. Erst 2022 folgten die Ellen Orford und dann eine einzige Vorstellung als Sieglinde, die zur Folge hatte, dass seither viele Wiener Wagner-Enthusiasten nur mehr von Davidsens Brünnhilde träumen. Mit der Brünnhilde ist es aber noch nicht so weit, Davidsen ist im Juni an der Staatsoper zweimal als Sieglinde angesetzt. Weniger nachhaltigen Eindruck hinterließen ihr Soloabend in der letzten Saison und ihr „Ausflug“ zur Tosca Anfang Dezember, der sich irgendwie nicht so „prickelnd“ gestaltete. Mit
der „Ariadne“ ist die Sängerin fürs Wiener Publikum
wieder ins „deutsche Fach“ zurückgekehrt, das ihrer
Stimme wohl am besten zusagt. Diese Stimme will freilich auch bezähmt
werden, scheint manchmal in ihrer Naturkraft fast überzuschießen.
So ein silberngleißend die Staatsoper bis unters Dach flutendes
„(...) Bald aber nahet ein Bote / Hermes (!!!!!) heißen
sie ihn“
hat natürlich seinen Reiz. Man glaubt es kaum, welche akustischen Räume
diese Stimme aufsprengen kann. Und das vorangehende „Totenreich“ wurde
von ihr leicht abgesetzt ergründet, raumfüllend genug. Aber oft klang die Stimme zu indifferent und die großen dynamischen Unterschiede ihres Vortrages irritierten. Ihrer Interpretation fehlte ein wenig dieser ausgewogen klare, um feinfühlige Emotionen gebaute Kern, in dem sich Ariadnes Leid gleichsam durch einen „Gluckschen Imperativ“ apollinisch läutern müsste, gefasst in die würdige Contenance königlicher Abstammung. In der Darstellung kommt die Rolle Davidsen entgegen, weil sie keine psychologische Raffinesse erfordert – und die Abneigung der Primadonna gegenüber der Komödiantentruppe hebt die weitgehend poesielose Inszenierung von Sven-Eric Bechtolf ausreichend hervor. Spannend war natürlich das Staatsoperndebüt von Michael Spyres als Bacchus. Unlängst in Wien erst als Palestrina gefeiert, jetzt als Bacchus doch ein wenig grenzgängerisch unterwegs? Spyres hat einen redlichen Bacchus gesungen, eine gute Mischung gefunden zwischen Sicherheit und Risiko. Die Höhe ging leider nicht so strahlend auf, wie man es sich gewünscht hätte, und es fehlte jener Schuss an heldentenoralem Aplomb, der den Bacchus eigentlich erst zum Bacchus macht. Dafür gelang manches mit beinahe lyrischer Verzückung, wie die wunderschön in die Gesangslinie eingebettete Zauberin: „Bist du auch solch eine Zauberin“. Die Dritte im Bunde des Strausschen „Inseltreibens“ stellte Sara Blanch als Zerbinetta bei. Der Sängerin gelang ein adrettes Rollendebüt. Vor allem begeisterte, wie gut und sicher die spanische Sopranistin Spiel und Gesang in ihrer großen Arie verschmolz, um die Szene als schwungvoll-komödiantische „Einlage“ zu gestalten. Ihre Stimme scheint vom Timbre etwas mediterran gefärbt, was die Brillanz der Strausschen Notenkaskaden vielleicht eine Spur zu stark herunterdimmt. Ganz nach oben dünnt ihr Sopran etwas aus, bleibt aber standfest und zielsicher genug, um sich beim Publikum den Erfolg zu sichern. Sie erhielt längeren Szenenapplaus. Im Vorspiel war die Sängerin noch nicht so gut zur Geltung gekommen. Adrian
Eröds Musiklehrer kleidete sich in mehr intellektuelle, nüchterne Natur, der
väterliche Freund, der seinem gefühlsüberspannten Schüler
eine psychologische Stütze ist, kam weniger zum Vorschein. Diesem Schüler lieh Kate Lindsey einen
für meinen Geschack zu monochrom klingenden Mezzo, der kaum Leuchtkraft
emtwickelte. Die Sängerin musste in den emotionalen Ausbrüchen außerdem
sehr stark forcieren. Darstellerisch hat Lindsey die Figur fast schon
ein wenig überzeichnet. Thomas Ebensteins Tanzmeister wird tenoral
immer „markanter“ – und je markanter seine Stimme
wird, umso mehr geht der Figur dieser wendige Tanzmeister-Charme verloren.
Zerbinettas Truppe zehrte von Daniel Jenz und Jusung
Gabriel Park und Ariadnes Nymphengeleit klang mir zu unausgewogen. Dem neuen Haushofmeister von Bernhard Schir fehlte es noch am Pointenschmäh und einer der Staatsopernakustik adäquaten Diktion. Der Haushofmeister bedarf außerdem der Kunst einer nonchalanten Überheblichkeit, die zugleich einen Schuss augenzwinkernder Selbstironie verträgt. Über die Jahre sind hier überhaupt viele Nuancen verloren gegangen, die früher für das Ensemble selbstverständlich gewesen sind. Auch im Haus des reichsten Mannes von Wien wurde die Oper „globalisiert“. Cornelius Meister und das Staatsopernorchester zauberten im Laufe des Abends immer mehr an schön gesättigtem Straussklang aus dem Orchestergraben. Außerdem war die musikalische Pointensetzung für eine erste Vorstellung schon recht gelungen. Der Schlussapplaus lag bei rund zehn Minuten. |