ARIADNE AUF NAXOS
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Staatsoper Dirigent: Michael Boder |
Der Haushofmeister - Hans
Peter Kammerer |
Aribert Reimanns „Medea“ hätte es werden sollen, geworden ist es „Ariadne auf Naxos“ von Richard Strauss. Die Wiener Staatsoper hat aus Besetzungsnöten den Spielplan abgeändert, die Wiederaufnahme von Reimanns Oper wurde abgesagt. Mit zeitgenössischer Oper ist das so eine Sache: der Einstudierungsaufwand ist hoch und die Personaldecke dünn. Keine zwei Wochen vor der Wiederaufnahme am 21. Jänner ist der Wiener Staatsoper mit Nicole Chévalier die Sängerin der Medea abhanden gekommen. Und weil für die Sängerin kein Ersatz gefunden werden konnte, wurden die drei geplanten „Medea“-Vorstellungen abgesagt. Gespielt wird statt dessen „Ariadne auf Naxos. Reimanns „Medea“ erlebte 2010 im Haus am Ring eine erfolgreiche Uraufführung, 2017 gab es eine Wiederaufnahme, insgesamt wurden zwölf Aufführungen gespielt. Für die Titelpartie wird eine gesanglich virtuose, koloraturaffine Singschauspielerin benötigt – und solche sind auch so schon rar genug gesät. In der Uraufführungsserie stand Marlis Petersen als Medea auf der Bühne, ihr nachfolgend hat Claudia Barainsky die Partie an der Staatsoper übernommen. Nicole Chévalier ihrerseits hat die Partie bereits 2017 in Berlin gesungen. Nach
der Absage wurde ein Teil der „Medea“-Besetzung zu einer
„Einspringer-Ariadne“ umfunktioniert. Dirigent Michael
Boder
wechselte von der „Medea“-Partitur zu Richard Strauss. Er hat die
„Ariadne“ in Wien in der aktuellen Inszenierung von Sven-Eric Bechtolf
schon vor einigen Jahren dirigiert. Er entlockte dem kleinen
„Ariadne“-Orchester einen saftigen Streicherklang, der Ariadnes
Todessehnsucht und die Liebesgefühle des Bacchus schwelgend begleitete,
und setzte pointiert Akzente, wo es angebracht war. Adrian Eröd sattelte vom Jason zum Musiklehrer um. Er war seinem Schüler mehr eine intellektuelle Stütze und sorgte im turbulenten Treiben des Vorspiels für eine gesanglich seriöse Darbietung. Tara Erraught gab einen stimmlich etwas grob agierenden Komponisten, für meinen Geschmack im Gesamteindruck zu vital und „unromantisch“ veranlagt. Norbert Ernst hat schon 2012 in der Premiere dieser Produktion als Tanzmeister gewirkt, sein Tenor ist breiter geworden, hat an markantem „Charakter“ aber verloren. Hans Peter Kammerer gab einen bewährten Haushofmeister, aber auch bei ihm zündet das „Feuerwerk“ nicht, wird als Nebensache präsentiert, was pointiert den eigentlichen Geisteshorizont des reichsten Mannes von Wien und seiner Abendgesellschaft charakterisiert: Die Oper ist mehr ein „notwendiges Übel“ und dient dem Renommee, aber auf das Feuerwerk freut man sich. Krassimira
Stoyanovahat
2012 in der Premierenserie die Ariadne gesungen, danach
haben sich in Wien ihre Beiträge zur Richard-Strauss-Pflege auf die
Feldmarschallin beschränkt. Ihre Ariadne klingt zwölf Jahre später
gereifter, die Stimme ist etwas nachgedunkelt, hatte die Partie sehr
gut im Griff. Stoyanova verleiht der Ariadne das feinfühlig-humane
Pathos einer Gluck-Heroine und in dieser „klassizistischen
Gefasstheit“ reichen sich Strauss und der Opernreformator über Generationen hinweg die
Hand. Dazu gesellte sich der benötigte Humor, wenn die
Inszenierung von Sven-Eric Bechtolf von Ariadne Primadonnenallüren
einfordert. Daniel Frank hat den Reimannschen Kreon mit dem Bacchus eingetauscht. Der Auftritt aus dem Bühnenhintergrund ist für Sänger des Bacchus akustisch nicht ideal. Franks Tenor klang zuerst etwas schmal, im Finale legte er deutlich zu und kam viel besser zur Wirkung. Die Komödiantentruppe wurde vom gesanglich präsenten Harlekin des Clemens Unterreiner angeführt – Scaramuccio, Truffaldin und Brighella „segelten“ in seinem „Windschatten“. Sarah Aristidou führte einen für Staatsopernverhältnisse überraschend substanzlos klingenden Sopran ins Feld. Ihre Zerbinetta klang phasenweise überbeansprucht und sie garnierte die Partie mit vielen schrillen und gepressten Tönen. Der Szenenapplaus nach ihrer großen Arie war auffallend kurz. Christina Bock wurde von der „Medea-Kreusa“ zur Dryade, dazu gesellten sich Maria Nazarova als Najade und Jenni Hietala als Echo. Der Schlussbeifall hatte eine Länge von rund fünf Minuten. |