ARIADNE AUF NAXOS
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Staatsoper
24. Jänner 2024

Dirigent: Michael Boder

Der Haushofmeister - Hans Peter Kammerer
Ein Musiklehrer - Adrian Eröd
Der Komponist - Tara Erraught
Der Tenor / Bacchus - Daniel Frank
Ein Offizier - Oleg Zalytskiy
Ein Tanzmeister - Norbert Ernst
Perückenmacher - Wong Cheol Song
Lakai - Marcus Pelz
Zerbinetta - Sarah Aristidou
Die Primadonna / Ariadne - Krassimira Stoyanova
Harlekin - Clemens Unterreiner
Scaramuccio - Carlos Osuna
Truffaldin - Ilja Kazakov
Brighella - Hiroshi Amako
Najade - Maria Nazarova
Dryade - Christina Bock

Echo - Jenni Hietala


Ariadne springt für Medea ein
(Dominik Troger)

Aribert Reimanns „Medea“ hätte es werden sollen, geworden ist es „Ariadne auf Naxos“ von Richard Strauss. Die Wiener Staatsoper hat aus Besetzungsnöten den Spielplan abgeändert, die Wiederaufnahme von Reimanns Oper wurde abgesagt.

Mit zeitgenössischer Oper ist das so eine Sache: der Einstudierungsaufwand ist hoch und die Personaldecke dünn. Keine zwei Wochen vor der Wiederaufnahme am 21. Jänner ist der Wiener Staatsoper mit Nicole Chévalier die Sängerin der Medea abhanden gekommen. Und weil für die Sängerin kein Ersatz gefunden werden konnte, wurden die drei geplanten „Medea“-Vorstellungen abgesagt. Gespielt wird statt dessen „Ariadne auf Naxos.

Reimanns „Medea“ erlebte 2010 im Haus am Ring eine erfolgreiche Uraufführung, 2017 gab es eine Wiederaufnahme, insgesamt wurden zwölf Aufführungen gespielt. Für die Titelpartie wird eine gesanglich virtuose, koloraturaffine Singschauspielerin benötigt – und solche sind auch so schon rar genug gesät. In der Uraufführungsserie stand Marlis Petersen als Medea auf der Bühne, ihr nachfolgend hat Claudia Barainsky die Partie an der Staatsoper übernommen. Nicole Chévalier ihrerseits hat die Partie bereits 2017 in Berlin gesungen.

Nach der Absage wurde ein Teil der „Medea“-Besetzung zu einer „Einspringer-Ariadne“ umfunktioniert. Dirigent Michael Boder wechselte von der „Medea“-Partitur zu Richard Strauss. Er hat die „Ariadne“ in Wien in der aktuellen Inszenierung von Sven-Eric Bechtolf schon vor einigen Jahren dirigiert. Er entlockte dem kleinen „Ariadne“-Orchester einen saftigen Streicherklang, der Ariadnes Todessehnsucht und die Liebesgefühle des Bacchus schwelgend begleitete, und setzte pointiert Akzente, wo es angebracht war.

Adrian Eröd sattelte vom Jason zum Musiklehrer um. Er war seinem Schüler mehr eine intellektuelle Stütze  und sorgte im turbulenten Treiben des Vorspiels für eine gesanglich seriöse Darbietung. Tara Erraught gab einen stimmlich etwas grob agierenden Komponisten, für meinen Geschmack im Gesamteindruck zu vital und „unromantisch“ veranlagt. Norbert Ernst hat schon 2012 in der Premiere dieser Produktion als Tanzmeister gewirkt, sein Tenor ist breiter geworden, hat an markantem „Charakter“ aber verloren. Hans Peter Kammerer gab einen bewährten Haushofmeister, aber auch bei ihm zündet das Feuerwerk nicht, wird als Nebensache präsentiert, was pointiert den eigentlichen Geisteshorizont des reichsten Mannes von Wien und seiner Abendgesellschaft charakterisiert: Die Oper ist mehr ein notwendiges Übel und dient dem Renommee, aber auf das Feuerwerk freut man sich. 

Krassimira Stoyanovahat 2012 in der Premierenserie die Ariadne gesungen, danach haben sich in Wien ihre Beiträge zur Richard-Strauss-Pflege auf die Feldmarschallin beschränkt. Ihre Ariadne klingt zwölf Jahre später gereifter, die Stimme ist etwas nachgedunkelt, hatte die Partie sehr gut im Griff. Stoyanova verleiht der Ariadne das feinfühlig-humane Pathos einer Gluck-Heroine und in dieser klassizistischen Gefasstheit“ reichen sich Strauss und der Opernreformator über Generationen hinweg die Hand. Dazu gesellte sich der benötigte Humor, wenn die Inszenierung von Sven-Eric Bechtolf von Ariadne Primadonnenallüren einfordert.

Daniel Frank hat den Reimannschen Kreon mit dem Bacchus eingetauscht. Der Auftritt aus dem Bühnenhintergrund ist für Sänger des Bacchus akustisch nicht ideal. Franks Tenor klang zuerst etwas schmal, im Finale legte er deutlich zu und kam viel besser zur Wirkung. Die Komödiantentruppe wurde vom gesanglich präsenten Harlekin des Clemens Unterreiner angeführt – Scaramuccio, Truffaldin und Brighella „segelten“ in seinem „Windschatten“. Sarah Aristidou führte einen für Staatsopernverhältnisse überraschend substanzlos klingenden Sopran ins Feld. Ihre Zerbinetta klang phasenweise überbeansprucht und sie garnierte die Partie mit vielen schrillen und gepressten Tönen. Der Szenenapplaus nach ihrer großen Arie war auffallend kurz. Christina Bock wurde von der „Medea-Kreusa“ zur Dryade, dazu gesellten sich Maria Nazarova als Najade und Jenni Hietala als Echo.

Der Schlussbeifall hatte eine Länge von rund fünf Minuten.