„Im Taumel der Gefühle“
(Dominik Troger)
Ein
Abend für's Erinnerungsalbum: vierte und letzte Vorstellung der
„Arabella“-Serie unter Christian Thielemann an der Wiener Staatsoper.
„Schön
war's.“ Manchmal darf man seinen Eindruck auch ganz unhinterfragt
zusammenfassen und sich selbst der Einfachheit einer naiven Beglückung
überlassen – und mit dieser Beglückung (wie es Arabella formuliert
hätte): „still zu Bett gehen“. Denn im Finale dieser Aufführung fand das Weben und Streben der Straussschen Melodie zu
einer starken Innerlichkeit, die dann durch die befreiende
Liebesversicherung der beiden Protagonisten in ein stürmisches, die
gemeinsame Zukunft eroberndes Glück überging. Sowohl Camilla Nylund als
auch Michael Volle erwiesen sich dabei als starke Persönlichkeiten, dem
leicht verkitschten „Beziehungskonservativismus“ Hofmannsthals mit „Haut
und Haar“ verschrieben, sehr gut aufeinander eingespielt und emotional
harmonierend.
Man konnte also davon überzeugt sein, dass nach den ganzen Missverständnissen
die beiden einer glücklichen Zukunft entgegengehen, dass sie mit diesem
Faschingsdienstag auch gleich die „Fastenzeit“ ihrer Beziehung hinter
sich gebracht haben. Und Christian Thielemann
ließ das Orchester die letzten Takte so schwungvoll jubelnd aufspielen,
dass man meinte, den beiden kann jetzt wirklich gar nichts mehr
passieren vor lauter Enthusiasmus.
Es waren vor allem die Szenen mit Arabella und Mandryka, die den Abend
prägten: das Gespräch im zweiten Aufzug – und dann der dritte Akt. Michael Volle
als Mandryka schöpfte stimmlich aus reich bestelltem Fundus, fand
ausgesprochen wortdeutlich die Balance zwischen polterndem „Wotan“ und
einem von bedingungsloser Liebe übermannten Adeligen aus der
„Provinz“, ist in den vier Vorstellungen immer überzeugender in die
Partie hineingewachsen.
Camilla
Nylund
hatte teils viel Vibrato in der Stimme. Aber ihr gehaltvoller Ausdruck,
ihre Glaubwürdigkeit in der Figurenzeichnung, der silberne Schimmer
ihres Soprans, der immer noch aufglimmt, die kräftigen
Spitzentöne, sentimentales Piano, alles fest in Arabellas Wesen
verankert, haben der Figur
charakterstarke Konturen verliehen – ein
bisschen abgeklärt, ein bisschen genährt von der Melancholie des
Dichters, der diese Figur ersonnen hat. Und so war sie sehr
stimmig, die „Bühnenliebe“ der beiden, und das Orchester hat Arabella
und Mandryka – wie man so sagt – auf Händen getragen, ihre Gefühle
mitgeatmet, sich mit erlesenem Klang an ihrer Liebe berauscht.
Der Weg zu diesem Raum und Zeit verschmelzenden Finale war nicht ganz
so strahlend wie erhofft, musste im ersten Aufzug auch einige Längen in
Kauf nehmen: Sabine Devieilhe
war eine darstellerisch überzeugende, aber gesanglich zartbesaitete Zdenka, die vor allem vor der Pause
in dramatischen Passagen einen stimmlich etwas „überspannten“ Eindruck
hinterließ. Michael Laurenz hatte
den Matteo dieses Mal besser im Griff, auch wenn sein Tenor kaum ins
Schmachten kam und bei Spitzentönen wieder sehr „streng“ klang. Wolfgang Bankl hat den spielsüchtigen Grafen gut auf den Punkt gebracht, Margaret Plummer
seine Gemahlin. Die Interaktion zwischen beiden bot einige köstliche
Momente etwas „angejahrten“ Ehelebens. Das Ensemble reüssierte wieder
mit Stärken und Schwächen, Juliette Mars war als „esoterisch“ begabte, aber stimmlich ziemlich unausgewogene Kartenlegerin kurzfristig eingesprungen.
Die rund zehn Minuten Schlussapplaus fokussierten ihre Intensität stark
auf Camilla Nylund, Michael Volle und Christian Thielemann.