ARABELLA
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Staatsoper
13. April 2025

Dirigent: Christian Thielemann

Graf Waldner - Wolfgang Bankl
Adelaide - Margaret Plummer
Arabella - Camilla Nylund
Zdenka - Sabine Devieilhe
Mandryka - Michael Volle
Matteo - Michael Laurenz
Graf Elemer - Norbert Ernst
Graf Dominik - Martin Hässler
Graf Lamoral - Clemens Unterreiner
Fiakermilli - Ilia Staple
Kartenaufschlägerin - Stephanie Maitland
Welko - Konrad Huber
Djura - Jin Hun Lee
Jankel - Thomas Köber
Zimmerkellner - Wolfram Igor Derntl
Drei Spieler - Johann Gisser, Csaba Markovits, Tambert Kikas


Arabella-Wiederaufnahme
(Dominik Troger)

Nach sechs Jahren gibt „Arabella“ wieder ein kurzes Gastspiel an der Wiener Staatsoper: vier Vorstellungen in eineinhalb Wochen. Und die Christian-Thielemann-Fans haben ihren Osterurlaub nach Wien verlegt.

Seit 2006 liegt das „Arabella“-Wien der Staatsoper nicht mehr an der Donau, sondern an irgendeinem deutschen Gewässer, dafür hat die Inszenierung von Sven-Eric Bechtolf gesorgt, der Fasching mit Karneval verwechselt und die Handlung in die Zwischenkriegszeit verlegt hat. Christian Thielemann wurde auch nicht an der Donau, sondern an der Spree sozialisiert, also würde sich das schon zusammenreimen. (Da hatte es Richard Strauss leichter, die Münchner Isar mündet immerhin in die Donau – aber das soll zu keiner limnologischen Fachvorlesung ausarten.)

Das eigentlich „Wienerische“ in der „Arabella“ zeigt sich ohnehin in der Partie des spielsüchtigen Rittmeisters, in dem für Hugo von Hofmannsthal, so könnte man meinen, ein wenig die „Verlotterung“ der ersten Republik im Vergleich zur einstigen Monarchie durchschimmert. Die Rettung kommt von einem slawonischen Edelmenschen, der mit Bären ringt, und dem die Reise in dieses Wien ein Stück Eichwald (und somit seiner Seele!) kostet. Aber Hofmannsthals rückwärtsgewandte Fiktion eines „tugendhaften“, völkerverbindenden Großreiches war schon lange vor der Uraufführung schwer ins Wanken geraten – und er selbst vier Jahre vor selbiger verstorben.

Christian Thielemanns Sicht der Dinge pflegte ein „symphonisches Parlando“, das bei aller Liebe zum Detail ein doch eher getragenes Tempo anschlug und mit „funkensprühendem Witz“ etwas sparte. Das Duett zwischen Arabella und Zdenka im ersten Aufzug avancierte planmäßig zum erstem Höhepunkt – und der „Richtige“ wurde auf ein fast kammermusikalisches Schwelgen „gebettet“. Der erste Aufzug benötigte trotzdem viel „Aufwärmzeit“, erst mit der Ausgestaltung des Seelendramas gewannen der zweite und der dritte Aufzug an Energie, mit dem dicht gewobenen und leidenschaftlichen Zwischenspiel als „symphonischem“ Kulminationspunkt. Und natürlich umhüllte das Staatsopernorchester die Liebesgefühle Arabellas mit einem weichen Streicherkleid und der Klang firnte funkelnd auf wie Märzschnee.

Camilla Nylund hat ihre erste Wiener Arabella bereits 2011 gesungen – und es dauerte ein wenig, bis sich ihre Stimme die „Mädchenhaftigkeit“ von Arabellas Wesen zurückerobert hatte. Ist Nylunds Karriere inzwischen nicht bei der Brünnhilde angelangt? Trotzdem ist es ihrer Stimme nach wie vor gegeben, geschmackvoll in der Straussschen Melodie zu wandeln. Und trug ihr Sopran nicht von je diesen silbrig-eleganten „Verklärungsschimmer“ mit sich, der für diese Rolle prädestiniert? Dass sich ihr Wiener „Madl“ insgesamt etwas abgeklärt zeigte und nicht gerade den Schwung der Schellen vermittelte, mit denen Elemer zur Schlittenfahrt einlädt, war jetzt auch nicht überraschend. Eine leichte nordische Kühle in der Ausstrahlung zeigte ihre Arabella bereits damals bei ihrem Wiener Rollendebüt, gepaart mit einer Ernsthaftigkeit, die zurecht an Hofmannsthalsche Tugendideale mahnt.

Beim Mandryka stellt man sich immer die (nicht ganz ernst gemeinte) Frage, ob er einen Kampf mit einer Bärin aushalten würde. Michael Volle schöpfte stellenweise aus dem „Vollen“ seines Baritons, Wagner geeicht, wenn auch von Slawonien in die Wiener Gesellschaft transferiert, ein im dramatischen Impetus animierender, wenn auch kein übermäßig „charmierender“ Brautwerber. Stimmlich fehlte vielleicht ein wenig die große Linie zwischen diesem mächtigen „Poltern“ und dem schüchternem Liebeswerben, auch wenn Volle anzumerken war, dass er die Naivität dieses Landmenschen zum Ausdruck bringen wollte. Sehr stark gelang dann der dritte Aufzug, wo Arabella und Mandryka längst aus der „Farce“ des Plots herausgewachsen sind, und sich menschlich anzunähern beginnen, was Richard Strauss dann auch musikalisch so schön herausgebracht hat und wo auch Thielemann und das Orchester ganz in ihrem Element waren.

Für den intendierten Humor hat vor allem Wolfgang Bankl als Graf gesorgt, der die Figur in knapp zwanzig Jahren über 40mal an der Staatsoper verkörpert hat – und der diese charakterlich etwas zwiespältige Persönlichkeit auch dieses Mal wieder mit fester Kontur auf die Bühne stellte.  Bankl trifft noch den richtigen Tonfall für diese von Strauss gleichsam in Musik konservierte „Type“ einer Epoche, für deren Nuancen die Bechtolfsche Regie leider kein Gespür zeigt.

Sabine Devieilhe hätte man nicht unbedingt als Zdenka erwartet. Koloratursopran, Zerbinetta geeicht, Barockopernerfahrung, immerhin vor einigen Jahren Octavian in Zürich, letztes Jahr an der Scala
ihrem Rollendebüt war anzuhören, dass ihre Stimme für die Zdenka doch recht leichtgewichtig ist. Michael Laurenz war ein viel zu markant klingender Matteo, mehr Charaktertenor als lyrisch-heroischer Prachtkerl. Passend die Frau Rittmeisterin (Margaret Plummer) samt ihrem Kartenorakel (Stephanie Maitland);  Ilia Staple, seit dieser Saison neu im Staatsopernensemble hat nach ihrer erfrischenden Papagena in der „Zauberflöten“-Premiere auch als Fiakermilli „aufgezeigt“; solide die Verehrer (Norbert Ernst mit etwas gestrengem Tenor).

Nach der Vorstellung gab es den erwarteten starken Beifall: rund zwölf Minuten Schlussapplaus sind für heutige Zeiten schon eine ganze Menge.