ARABELLA
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Wiener Staatsoper Dirigent: Patrick Lange |
Graf Waldner - Kurt
Rydl |
Die Strauss-Tage an der Wiener Staatsoper geben dem Publikum auch die Gelegenheit, wieder bei der Familie des Grafen Waldner vorbeizuschauen. Gespielt wurde die – laut Programmzettel – 46. Aufführung in der Inszenierung von Sven-Eric Bechtolf. Die aktuelle Staatsopern-Produktion der „Arabella“ stammt aus dem Jahr 2006 und hat es laut Programmzettel inzwischen auf 46. Aufführungen gebracht. Die Oper segelt also nach wie vor im „Schatten“ des „Rosenkavaliers“ recht erfolgreich dahin. Sie ist natürlich etwas für Liebhaber und -innen, aber selbige hegen und pflegen sie als ganz besonders wertzuschätzende Blüte der Strauss-Hofmannsthal’schen Opernmanufaktur. Dass das auch an der Wiener Staatsoper immer noch so ist, erfreut. Die erste Aufführung einer Serie ist bekanntlich fast die nie beste. So dürfte es auch diesmal sein, zumal einige Rollendebüts anstanden – und Anna Gabler in der Titelpartie gab sogar ihr Hausdebüt. Neu für Wien war auch der Mandryka von Christopher Maltman. Kurt Rydl sang seinen ersten Waldner an der Staatsoper, Benjamin Bruns seinen ersten Matteo, Maria Nazarova ihre erste Fiakermilli. Dem ersten Aufzug war jedenfalls anzumerken, dass das „Arabella“-Personal vom Besetzungsbüro neu „durchmischt“ worden ist, nach der Pause lief es dann immer besser. Als Arabella stellte sich Anna Gabler dem Staatsopernpublikum vor. Ihr Sopran wirkte auf mich nicht sehr groß, auf einer etwas schmalen Mittellage basierend und oft mit schneller Schwingung flackernd. Er beschenkte an diesem Abend das Publikum nicht mit einer sinnlich aufblühenden, reinen „Silberaura“, mit der Arabella ihr verständnisvolles Liebesethos unterstreichen könnte. Vor allem der erste Aufzug – womöglich dem Hausdebüt geschuldet – ließ für Wiener Operngenießer zu viele Wünsche offen. Gabler, die von der Statur und Bühnenpräsenz viele „Arabella-Vorzüge“ mitbrachte, fand im Laufe des Abends aber zu überzeugendem Spiel, gestaltete einen intensiven dritten Aufzug – und wenn die folgenden Aufführungen hier anschließen können, dann wird sich auch der Gesamteindruck noch merklich steigern. Der Mandryka ist diesmal nicht aus südslawischen Landen angereist, sondern über den Ärmelkanal – und der britische Bariton Christopher Maltman hat mir mehr den Anschein gegeben, als hätte er an der Börse mit einem „Bären“ gerungen und sich dabei den um ein Arabella-Foto angereicherten Brief mit blutigroten Kursverlusten bekleckert. Landadeliger war das keiner, den es in Liebesdingen aus der Provinz in die Hauptstadt der Monarchie getrieben hat. Doch es war trotzdem eine sehr gute Vorstellung des Briten. Der Sänger gab mit seinem in „Saft und Kraft“ stehenden, kernigen Bariton, unterstützt von seinem guten Aussehen, einen ehrlichen, geradlinigen Mandryka. Maltman war auch sehr um Akzentuierung bemüht, und hatte genug Emphase und Stimme für große Bögen. Er hatte sich außerdem einem modernen Rollenverständnis verpflichtet: Im Finale kniete Arabella zuerst vor ihm, dann kniete er vor ihr – und damit ist zu hoffen, dass die beiden eine Ehe auf Augenhöhe führen werden. Erfreulich gestaltete sich der Matteo von Benjamin Bruns. Sein lyrischer Tenor hat inzwischen das Format für diese Partie, auch die geforderte Höhensicherheit. Sein Matteo bewahrte bei aller Leidenschaft im Spiel die „operettenhafte“ Naivität eines blind verliebten Mannes, der vor lauter Fixiertheit nicht einmal merkt, dass er mit einer anderen Frau ... et cetera. Aber wahrscheinlich lässt sich diese „Blindheit“ sogar psychologisch erklären. Kurt Rydls Bass ist nicht mehr der jüngste, aber für den Grafen Walder passt es (noch). Es überrascht ebensowenig, dass sich in seinen Grafen auch ein bisserl „gemütlicher Ochs“ einschlich. An der Börse sind dem Bullen die Bären eher Gram, in diesem Fall aber für die finanzielle Unterstützung sehr dankbar – wobei Rydl des Grafen Affinität zu Geldscheinen reichlich für Situationskomik nützte – ganz nach dem Motto: „Teschek, bedien dich!“ Im ersten Aufzug leistete der Souffleur dem Sänger einige Male, an bühnennahen Plätzen (zu) gut hörbare Unterstützung. Chen Reiss war eine im Spiel passende, stimmlich in den emotionalen Ausbrüchen manchmal leicht gestresst klingende Zdenka. Kein Spagat, aber stimmlich „top“ und mit Humor: die Fiakermilli der Maria Nazarova. Thomas Ebenstein sang einen selbstbewussten und markanten Elemér, für den ich mir etwas mehr tenoralen Schmelz gewünscht hätte. Zoryana Kusphler (Adelaide) und die Kartenaufschlagerin von Donna Ellen gehören bereits zum erfahrenen „Inventar“ dieser Produktion. Eine Charakterisierung, die auch auf einige weitere Mitwirkende zutrifft. Das Orchester unter Patrick Lange erzählte an diesem Abend die „Arabella“ mehr als Gesellschaftsdrama und schien nicht darauf aus zu sein, die sentimentalen Passagen über Gebühr zu betonen. Fazit: etwa sechs Minuten langer Schlussapplaus. |