ARABELLA
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Wiener Staatsoper Dirigent: Franz Welser-Möst |
Graf Waldner - Wolfgang
Bankl |
An der Staatsoper steht wieder diese entwienerischte Bechtolf-„Arabella” auf dem Spielplan, die Fasching und Walzer mit Karneval verwechselt und die Handlung in die 1920er-Jahre verlegt. Glücklicherweise entschädigte auch an diesem Abend die musikalische Qualität für die unpassende Optik. Mit Emily Magee stellte sich nach der Absage von Reneé Fleming eine neue Arabella dem Wiener Publikum vor. Auch diese Sängerin brachte einen Hauch von Amerika ins musikalische Wien – und präsentierte sich vom ersten Auftritt an als Zentrum dieser „lyrischen Komödie“: selbstbewusst, fröhlich, nachdenklich, aber immer moralisch höchst integer. Ihr Sopran glänzte mit kühlem, untadeligem Finishing über einem sinnlichen Kern, der in einem leichten, rasch welligen Vibrato erotisch pulsierte, und fügte sich gut in die Partie. Er behielt auch bei den kontrolliert gesungenen Spitzentönen die Fasson wie eine kunstfertige Ballfrisur. Diese (US-) amerikanischen Sängerinnen haben schon etwas Typisches, man ahnt den Glamour von pathetisch geschwungenen Automobilkarosserien früherer Epochen. Magee bildet da keine Ausnahme. Aber so ein im heutigen europäischen Alltag schon schwer nachvollziehbarer Bühnencharakter wie die Hofmannsthal‘sche Arabella profitiert davon stark, wie mir scheint. Hier lebt noch die Erinnerung an eine Tugendhaftigkeit, deren gesellschaftlich-politische Vorbildwirkung für die Hofmannsthal-Strauss’schen Opernmanufaktur einige Bedeutung hatte. Tomasz Konieczny fand im Mandryka stimmlich zwar keinen Kavalier – aber er brachte die Naivität dieses Großgrundbesitzers aus der Provinz, den es auf Freiersfüßen wandelnd in die Weltstadt Wien verschlägt, auf seine etwas „polternde“ Art recht gut heraus. Den Überschwang seiner Liebe konnte man ebenso spüren wie seine Zerknirschung – auch wenn sich das stimmliche Raffinement in Grenzen hielt. Sein Bühnendeutsch hatte einen durchaus zum Stück passenden Akzent. Genia Kühmeier als Zdenka, das ist nach wie vor ein ideale Kombination. Die Stimme, seit der Premiere vor sechs Jahren eine Spur gereifter, berührte mit seelenvollem Gesang. Michael Schade überzeichnet inzwischen manchmal den Matteo ein wenig, lässt ihn sehr hitzig und blutaufwallend agieren. Aber diese Rolle erfordert natürlich Leidenschaft – und Schades Tenor kann aus dem Vollen schöpfen (ohne dabei den Tücken der Partie „auf den Leim“ zu gehen). Pointiert und mit Lokalkolorit Wolfgang Bankl als Graf Waldner: nicht schrullig, sondern durchaus egozentrische Spielernatur. Zoryana Kusphler ist eine bewährte Adelaide. Arabellas Verehrer wurden von einem gut disponierten Norbert Ernst angeführt, die anderen beiden Grafen (Clemens Unterreiner und Sorin Coliban) dürfen sich ja nur sehr punktuell zu Wort melden. Die Fiakermilli der Daniel Fally sorgte für einen schwungvollen und höhensicheren „Koloratur-Jodler“ und – natürlich – für den Spagat. Das Orchester unter Franz Welser-Möst spielte straussselig – aber phasenweise eine Spur zu laut. Die Mischung zwischen dem Vorwärtstreiben der Handlung und den seelenvollen Momenten fürs „Gemüt“ war gut gewählt, sehr schön „angerührt“ wurden beispielsweise das Duett Zdenka-Arabella im ersten Akt (danach wurde hineingeklatscht) und natürlich das Finale. Es gab mit reichlichen Bravorufen durchsetzten Schlussapplaus. Nach der Vorstellung wurde auf Wunsch von Direktor Dominique Meyer persönlich dem Orchester der Wiener Staatsoper beziehungsweise den Wiener Philharmonikern die Ehrenmitgliedschaft der Staatsoper verliehen. Das Orchester hatte sich mit Honoratioren wie der zuständigen Bundesministerin auf der Bühne versammelt. Der Direktor sprach relativ lange, wirkte nervös, fand die berührenden Worte des Musikfreunds, der die Qualitäten dieses Orchesters kennen und lieben gelernt hat (und war womöglich auch wegen des Ergebnisses der französischen Präsidentschaftswahlen ein bisserl aufgeregt). Das Orchester dankte für die Ehrung und für die überaus gute Zusammenarbeit mit dieser (!) Direktion. |