ARABELLA
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Wiener Staatsoper
21.3.2011

Dirigent: Ulf Schirmer

Graf Waldner - Lars Woldt
Adelaide - Zoryana Kushpler
Arabella - Camilla Nylund
Zdenka - Alexandra Reinprecht
Mandryka - Bo Skovhus
Matteo - Michael Schade
Graf Elemer - Gergely Németi
Graf Dominik -
Daniel Schmutzhard
Graf Lamoral - Marcus Pelz
Fiakermilli - Julia Novikova
Kartenaufschlägerin - Donna Ellen
Welko - Michael Wilder
Djura - Roland Winkler
Jankel - Dritan Luca
Zimmerkellner - Gerhard Reiterer
Drei Spieler - Jeong-Ho Kim,Oleg Savran, Jems Musger


Elegante Arabella
(Dominik Troger)

Mit Camilla Nylund hat sich an der Staatsoper eine neue „Arabella“ vorgestellt – und sie prägte die Rolle mit stilsicherer Eleganz. Mehr über die zweite Aufführung der laufenden Serie (die 23. Aufführung in dieser Inszenierung) anbei.

Es ist schön, dass sich diese Oper so beharrlich im Spielplan hält – auch wenn das Werk vor allem den Strauss-Liebhaber angeht und der Publikumsansturm meist begrenzt ist. Ein vielleicht nicht uninteressanter statistischer Vergleich: Operabase.com wirft für den Zeitraum 1.1.2009 bis 31.12.2013 100 Aufführungen von „Arabella“ in 16 Produktionen und in 13 Städten aus – der „Rosenkavalier“ bringt es im selben Zeitraum auf 290 Aufführungen in 56 Produktionen in 39 Städten.

Die Staatsopernproduktion leidet zwar nach wie vor unter der unwienerischen Inszenierung von Sven-Eric Bechtolf, aber musikalisch wird schon dank philharmonisch geübter Streicher für blühende Melodien gesorgt. Das geht ins Gemüt – und so soll es auch sein, wenn sich die Sehnsucht „nach dem Richtigen für mich“ trotz einiger Verwirrungen zumindest auf der Opernbühne erfüllt.

Camilla Nylund setzte die Arabella mit stilsicherem Auftreten in ein würdevoll-erstrahlendes Licht. Da passte alles zusammen: von der Körperhaltung, über die Art des Bewegens, bis zum zartsilbrig umflorten Timbre ihrer Stimme. Ihr Sopran besitzt eine fragile Eleganz, die auch den Spitzentönen stand hält. Gelassenheit umgibt sie – eine gewisse Kühle, die sich dann im Finale in eine positive, beziehungsbejahende, aber nicht überschwengliche Freude wandelt. Eine ausgelassenere Mädchenhaftigkeit ist bei Nylund eventuell hinter dieser Kühle verborgen wie hinter einem Schutzmantel, den sie vor sich herträgt (was bei den prekären Familienverhältnissen nicht verwundern dürfte). Ob es einem schwer fällt zu glauben, dass diese Frau „mir nichts, dir nichts“ im hintersten Slawonien verschwinden wird? Aber das Finale ist vielleicht ohnehin nur eine rückwärtsgewandte Hofmannsthal’sche Utopie zur Rettung der Monarchie.

Die Rolle des Mandryka, landwirtschaftlich geprägter Großgrundbesitzer und Bärenjäger samt slawischem Akzent, ist schon allein wegen dieser vom Libretto geforderten Eigenschaften eine Herausforderung. Den Bärenjäger und Landwirten hat man selten einem Rollenvertreter wirklich abgekauft. Ich denke, Bernd Weikl hat diesen Anforderungen in der jüngeren Vergangenheit noch am ehesten entsprochen. Mandryka bewegt sich im übertragenen Sinne auf dem schlüpfrigen Parkett der Wiener Gesellschaft wie Crocodile Dundee durch New York. Bo Skovhus stellte sich jetzt in dieser Partie dem Staatsopern-Publikum vor. Er wirkte auf mich zuerst ein wenig hölzern und introvertiert. Seine Stärke liegt im tief empfundenen, naiven Gefühl, weniger in einer polternden Art, die es auch mit Bären aufnimmt. Gesanglich sind einige Vorbehalte anzumerken, er musste stellenweise schon deutlich forcieren, die Stimme hat ihre Vorzüge in den lyrischeren Passagen – kommt dann aber nicht immer leicht gegen das üppige Orchester an. Schlussendliche harmonierte er überzeugend mit Nylund im „Wasserglas-Finale“ und Mandrykas Reue und Betroffenheit wurden von ihm gut getroffen.

Der Graf Waldner von Lars Woldt war nicht nur stimmmächtig und wortdeutlich, sondern hatte eine fast diabolische Ausstrahlung, die ganz von der Spielleidenschaft bestimmt wurde. Der scheinbar gemütliche „Wiener“ kam bei ihm nicht so durch, viel mehr schon die perfide Getriebenheit des Süchtigen, für den die eigene Tochter (= Arabella) quasi als Kapitalanlage dient. Woldt sang wortdeutlich und machte aus dieser Rolle einen richtigen „Charakter“. An seiner Seite stand Zoryana Kushpler als verweifelt-lebenslustige Adelaide.

Alexandra Reinprecht wusste als Zdenka zu überzeugen, burschikos, im Gefühlsausbruch mit einer lyrischen, leidenschaftlichen Note, die als Abgrenzung zu Arabella recht passend schien. Ihr Matteo, Michael Schade, ist inzwischen schon ein bisserl gereift. Er schien mir an diesem Abend etwas verhaltener zu agieren, nicht ganz so leidenschaftlich wie schon gehört – was aber auf seine stimmliches „Erscheinungsbild“ durchaus positive Auswirkungen hatte.

Arabellas Verehrer wurden von Gergely Németi angeführt, der für Norbert Ernst eingesprungen war. Németi sang wieder einen stimmlich sehr präsenten Elemér. Daniel Schmutzhard und Marcus Pelz standen ihm in ihren kleineren Partien kaum nach. Der Fiakermilli der Julia Novikova fehlte bei aller Koloraturgeläufigkeit der zündende Funke und der notwendige „Schmäh“. Als Kartenaufschlägerin sorgte Donna Ellen humorvoll für einen Blick in die Zukunft der Familie Waldner.

Im Orchester schlug an diesem Abend rege das Herz für die Strauss’sche Melodie. Ganz große Feinarbeit und Ausleuchtung der Partitur war nicht angesagt. Außerdem hätte Dirigent Ulf Schirmer da und dort die Lautstärke etwas zurücknehmen können. Insgesamt sorgte er aber für durchgehende Spannung und ließ genug Freiraum für die Entwicklung der großen Emotionen, die man als Publikum dann so richtig streicherselig genießen durfte.

Der Schlussapplaus dauerte rund fünf Minuten. Für eine Abovorstellung und einen mäßig gefüllten Stehplatz gab es überraschend viele Bravorufe.