ARABELLA
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Wiener Staatsoper Dirigent: Stefan Soltesz |
Graf Waldner - Wolfgang
Bankl |
Im „Schatten“ von Rolando Villazóns Comeback nach seiner Stimmbandoperation läuft an der Staatsoper derzeit eine sehr gute „Arabella“-Serie mit einem für Wien neuen und hörenswerten Mandryka. Eine Vorstellung gibt es noch am kommenden Samstag. Als Mandryka hat der Däne Johan Reuter mit dieser Aufführungsserie ein erfolgreiches Staatsoperndebüt gefeiert. Er führte seinen Bassbariton ausdrucksstark und kräftig im Liebeswerben und im Zorn, mit sanftmütig berückender Reue im Finale. Im Gegensatz zu seinem Figaro-Grafen im Theater an der Wien 2007 zeigte sich sein Timbre von durchaus sonorer Fülle umflort, nicht zu viel, aber auch nicht zuwenig, um der Stimme ein viriles Charisma zu verleihen. Das passte sehr gut zu einem sportlichen Mann, der von einem rippenbrechenden Naheverhältnis zu einer Bärin berichten kann. Reuter war insgesamt ein würdiger Bräutigam für Arabella. Dass man den Mandryka auch etwas bodenständiger hätte anlegen können, spielte im Rahmen dieser Inszenierung letztlich keine Rolle, weil sie auf das spezielle nostalgische Hofmanthal'sche Fluidum des Werkes (samt der zwischen den Zeilen eingestreuten Ironie) keinen Wert legt. Bei Adrianne Pieczonka muss akzeptiert werden, dass sich in ihre Arabella kaum loslassende Fröhlichkeit mischt, dass sie mehr als wissende Frau, denn als „Mädchen“ erscheint, ahnungsvoll, und vielleicht in dieser speziellen Familiensituation zu früh gereift und abgeklärt. Die Stimme ist mir persönlich für diese Partie eine Spur zu dunkel gefärbt, andererseits verleiht gerade das ihrer Interpretation tiefere Seelenregungen, die den Charakter Arabellas von jeglicher Oberflächlichkeit abziehen. Das Stück ist heutzutage ein bisschen problematisch, das konservative Frauenbild, das es vermittelt, spürbar, auch wenn sich am Schluss die Chance auf eine durchaus gleichwertige Beziehung eröffnet: schließlich scheint auch Mandryka lernfähig zu sein. Pieczonka lässt nie Zweifel an der Ernsthaftigkeit von Arabellas Anliegen aufkommen, so manche „edelkitschige“ Phrase wird durch ihre seriöse Natürlichkeit überhöht. Gesanglich liegen ihr die großen Strauss'schen Frauenfiguren – sie singt sie seit Jahren mit gleichbleibend hoher Qualität. Spielfreudig (auch im Sinne der Handlung) zeigte sich Wolfgang Bankl, der eine etwas reschere Version des Rittmeisters gab – wahrscheinlich deshalb, weil Regisseur Sven-Eric Bechtolf der gelebte „Wiener Schmäh“ eher ein Fremdwort sein dürfte. In meiner Sicht der Dinge bewahrt sich gerade der Rittmeister in seiner Spielsucht die leichtlebige Doppelbödigkeit hiesiger Existenz. Hier aber meint man im dritten Akt, mit den nachtmüden Transvestiten im Hintergrund, es ginge á la Karl Kraus um den Untergang einer morbiden Gesellschaft. Ich halte das für ein großes Missverständnis, das umso schwerer wiegt, weil es gerade eine „Arabella“-Inszenierung an der Wiener (!) Staatsoper betrifft. Genia Kühmeier hat mit ihrem klaren, burschikos-drängenden Sopran schon in der Premiere als Zdenka begeistert, mit dramatischen Liebesaufwallungen. Michael Schade sang einen leidenschaftlichen Matteo, fast am Rande der Raserei, stimmlich und darstellerisch mitreißend. Daniela Fally kann den Spagat immer noch ;-) - und die Fiakermilli ist eine perfekte Partie für sie, Oper und Operette im schwungvoll-jodelnden Aneinandereihen der Töne zu ganz spezieller „Wienerischer“ Koloratur verschmelzend. Gergely Németi war ein stimmlich auffallend präsenter Graf Elemér. Als Adelaide stellte sich an diesem Abend Anne Pellekoorne dem Publikum vor, ein solides Hausdebüt in einer eher undankbaren Rolle. Die weiteren Mitwirkenden, die nur sporadisch in die Handlung eingreifen, rundeten den positiven Eindruck ab. Das Orchester unter Stefan Soltesz folgte den Strauss'schen Klängen nicht übertrieben schwelgerisch, manchmal etwas flott wie mir schien. Der verbindende „roten Faden“ wurde mit langem Atem im Auge behalten, das Werk mit einer gewissen Spannung und emotionalen Nachhaltigkeit umgesetzt. Dass das Orchester in der Premierenserie im Dezember 2006 unter Franz Welser-Möst feinsinniger und differenzierter geklungen hat, liegt wohl in der Natur des Repertoirebetriebs. Fazit: Ein ansprechender Gesamteindruck, ein homogenes, sehr gutes Ensemble – zumal auch weitgehend die Premierenbesetzung „an der Arbeit“ war. Doch das Publikum zeigte nur bedingt Begeisterung. Trotz Bravorufen für fast alle Beteiligten schlief der Applaus schon nach knapp fünf Minuten ein. Der Stehplatz war sehr mäßig besucht: „Arabella“ bleibt nach wie vor ein Werk für „Liebhaber“. |