EUROPA RICONOSCIUTA
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Konzerthaus Neuer Saal
2.12.2004
Konzertante Aufführung

Musikalische Leitung: Tiziano Duca

Orchester: Konzertvereinigung im Wiener Konzerthaus

Wiener Motettenchor

Europa - Ana Durlovski
Semele - Anna Kowalko
Asterio - Magdalena Meziner
Isseo - Maren Engelhardt
Egisto - Roman Payer


"Salieri in der Streichholzschachtel"
(Dominik Troger)

Salieri hätte es verdient, nicht immer in einem Atemzug mit Mozart genannt zu werden. Dessen wurde man sich anlässlich der konzertanten Aufführung von „Europa riconosciuta“ wieder deutlich bewusst.

1778 in Mailand zur Eröffnung der „Scala“ uraufgeführt, bewegt sich das Werk musikalisch auf der Höhe der Zeit. Und bei allen stilistischen Überschneidungen zwischen Mozart und Salieri, es ist nicht so, dass man sagen könnte, Salieri habe „im Stile Mozarts“ komponiert. Mozarts große Opernwürfe stehen 1778 noch aus – und man müsste sich eher fragen, was Mozart von Salieri profitiert hat? Auffällig ist beispielsweise die Anlage der großen, bravourösen Arien im zweiten Akt, die unkonventionelle Ouvertüre (ein ganz grandioses Stück Musik: Seesturm, untergehende Schiffe etc.), der reichliche Bläsereinsatz usf. Viel ist von einer neuen, das Barock endgültig überwindenden Form zu spüren, die den unmittelbareren emotionalen Ausdruck an Stelle eines Affektrepertoires in Noten bannt, die im Einsatz der Instrumente neue Wege geht, in den Streichern immer wieder ungewohnte Klangfarben weckt, in der Arie der Semele knapp vor Schluss mit einer konzertierenden Oboe schon auf die italienisch-romantische Oper des frühen 19. Jahrhundert verweist. Das alles wäre natürlich ohne Gluck nicht möglich gewesen, reicht aber in der Wirkung schon über Gluck hinaus.

Die Aufführung – obwohl das Orchester der Konzertvereinigung im Wiener Konzerthaus von ambitionierten Amateurmusikern getragen wird – konnte einiges von dem oben genannten vermitteln und Tiziano Duca am Pult war wieder mit viel Gespür und einer überzeugend zwischen Effekt und Gefühl balancierenden Umsetzung bei der Sache. Die jungen Sänger bewältigten die teilweise hohen technischen Anforderungen ihrer Partien überraschend gut. Leider machten zwei Indispositionen und – meiner Meinung nach – vor allem auch der Veranstaltungsort, die Aufgabe für die Ausführenden nicht leichter. Manfred Equiliuz hatte kurzfristig absagen müssen, Roman Payer war ein akzeptabler Einspringer. Auch den Asterio (Magdalena Meziner) hatte eine Verkühlung heimgesucht, sie konnte ihren Part aber ohne gröbere Unbefindlichkeiten umsetzen. Ana Durlovski, Sopran, hat in der Titelpartie die überzeugendste Leistung des Abends geboten, mit technisch gut angetragenen Koloraturen und Höhen. Ihr Timbre ist ein gefestigteres „slawisches“, kein südländisch „versonnenes“. Vom Komponisten auch stark gefordert, aber nur punktuell in der Höhe überfordert, die Semele der Anna Kowalko. Das Orchester schlug sich wacker.

Was den Veranstaltungsort betrifft, der war leider ziemlich ungeeignet. Der Neue Saal des Konzerthauses mit seiner niedrigen Decke und trockenen, „sachlichen“ Akustik, spielt bei zeitgenössischer Moderne und kleinen Ensembles eine sehr gute Rolle, aber für „klassische Musik“, Opernchor plus Orchester und Solisten, ist er einfach zu klein. Der Ton bleibt auf halbem Wege „stecken“, eingesperrt wie in einer Streichholzschachtel. Das kühle moderne Ambiente der Ausstattung, die Betonträger, die sich da unter der Decke einbiegen, passen auch nicht zu dieser Musik. Dem Haydn-Opernzyklus des Ensembles hatte man noch im Mozart-Saal lauschen können. Allerdings, da war einiges an Plätzen leer geblieben, und so dürften vor allem ökonomische Gründe (Saalmiete?) für diese Übersiedlung maßgeblich gewesen sein. Schade.

Das Publikum war mit der Aufführung zufrieden und spendete viel Applaus und Bravorufe im vollbesetzten Saal.