LES DANAIDES
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Theater an der Wien
16.11.2013
Konzertante Aufführung

Musikalische Leitung: Christophe Rousset

Ensemble Les Talens Lyriques
Chor Les Chantres du Centre de musique baroque de Versailles
(Leitung: Olivier Schneebeli)

Hypermnestre - Judith van Wanroij
Danaüs - Tassis Christoyannis
Lyncée - Philippe Talbot
Plancippe - Katia Velletaz
Pélagus / Officiers - Thomas Dolié


Der Tod kam in der Hochzeitsnacht
(Dominik Troger)

Das Theater an der Wien bot mit einer konzertanten Aufführung von Antonio Salieris „Les Danaïdes“ eine spannende Ergänzung zur aktuell laufenden „Idomeneo“-Produktion – und der Abend bewies: Salieri hätte sich schon längst eine szenische Aufführung an diesem Haus verdient.

Mit „Les Danaïdes“ hat Salieri einen blutrünstigen Stoff vertont: Um den Streit zwischen den Zwillingsbrüdern Danaüs und Egyptus zu beenden, wird eine große Hochzeit angesagt. Die fünfzig Töchter des Danaüs sollen die fünfzig Söhne des Egyptus heiraten. Doch Danaüs sinnt auf Verrat. Seine Töchter sollen die ihnen vermählten fünfzig Neffen in der Hochzeitsnacht erdolchen. Nur Hypermnestre begehrt auf. Sie warnt ihren Gemahl Lyncée, der dem Gemetzel entkommt und daraufhin selbst Rache übt. Die letzte Szene zeigt Danaüs und seine willfährigen Töchter in der Unterwelt, wo sie nach allen Regeln dämonischer Kunst gequält werden.

Nun will ich nicht behaupten, dass sich dergleichen heutzutage leicht auf die Bühne stellen ließe, aber „Les Danaïdes“ bietet inklusive einer längeren Pause an die zweieinhalb Stunden bühnendramatisch wirksame Musik. Und wer ein wenig die mythologische Oberfläche herunterkratzt, stößt auf einen spannungsgeladenen Vater-Tochter-Konflikt. „Dem eigenen Vater willst du einen Gatten vorziehen?“ zeigt sich der böse Danaüs gegenüber seiner aufbegehrenden Tochter Hypermnestre ganz entzürnt. Diese „alten Geschichten“ haben schon ihre psychologische Tiefenschärfe.

Die Oper war bei der Uraufführung 1784 ein Erfolg und sie hat noch Jahrzehnte später Hector Berlioz ergötzt. Salieri kam zum Stoff über Christoph Willibald Gluck, der nach einem Schlaganfall nicht mehr in der Lage war, diese für Paris vorgesehene Oper zu komponieren und den jüngeren Kollegen protegiert hat. Musikalisch steht Salieri in der Tradition Glucks und des 18. Jahrhunderts, aber der Sprung von „Les Danaïdes“ zu den grellen Nervenkitzel-Arrangements der französischen „Großen Oper“ ist gar nicht so weit. Zudem gibt es interessante „Anklänge“ zu Mozarts drei Jahre später uraufgeführtem „Don Giovanni“ – der düstere Beginn der Ouvertüre und das musikalische „Aufsprengen“ der Unterwelt im Finale. Aber wo sich bei Mozart schon ein „frühromantischer Tonfall“ einschleicht, bleibt Salieri ganz dem Zeitstil verhaftet.

Les Talens Lyriques unter Christophe Rousset brannten mit dieser dankbaren Partitur ein musikalisches Feuerwerk ab, das den breiten Bogen der Emotionen vom fröhlichen Hochzeitsfest bis zur peinigenden Unterwelt anschaulich zu Gehör brachte. Dem „selbstverliebten“ Danaüs lieh Tassis Christoyannis seinen Bariton: viril, durchsetzungsstark, aber nicht ohne Weichheit im Timbre, so konnte man sich den verräterischen lybischen König auch ohne Szene plastisch vorstellen. Judith van Wanroij sang die Hypermnestre, ausgewogen zwischen den lyrischen Liebes- und den dramatischen Verzweiflungsmomenten, eine Tochter mit verletzlicher Seele und ausreichend starkem Selbstbewusstsein. Ihren Gemahl und Bruderrächer Lyncée sang Philippe Talbot: ein lyrischer Tenor mit jugendlicher Stimme, noch ein wenig „graziös“, aber mit schlankem Kern, der sie gut über das Orchester trug. Katia Velletaz und Thomas Dolié ergänzten das Ensemble.

Eine wichtige Rolle kommt in dieser Oper dem Chor zu. Les Chantres du Centre de musique baroque de Versailles (Leitung: Olivier Schneebeli) erledigten ihren Part ebenfalls mit viel Einsatzfreude und trugen wesentlich zu dieser vom Publikum mit großem Wohlgefallen aufgenommenen Aufführung bei. Das Theater an der Wien war gut besucht, der Schlussbeifall stark.