ARMIDA
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Theater an der Wien Musikalische Leitung: Christophe Rousset Ensemble Les
Talens Lyriques |
Armida - Lenneke
Ruiten |
„Kreuzritterliebe“ Die „Armida“ von Antonio Salieri beschloss im Theater an der Wien die laufende Saison. Die konzertante Aufführung hätte ursprünglich im Februar über die Bühne gehen sollen und ist wegen des COVID-bedingten Lockdowns auf Ende Juni verlegt worden. „Armida“ wurde am 2. Juni 1771 (also vor 250 Jahren) in Wien am Theater nächst der Burg uraufgeführt. Sie brachte dem einundzwanzig Jahre alten Komponisten einen Achtungserfolg ein, aber die Wiener neigten damals mehr der Opera buffa zu. Salieri stand noch im Banne Glucks und er eiferte seinem Vorbild nach. Die strengen Schemata der Opera seria wurden aufgebrochen, eine durchkomponierte Form angestrebt. Der Stoff stammt aus Torquato Tassos Epos „Das befreite Jerusalem“ und hat viele Opernkomponisten angeregt. Bei Salieri wird die Geschichte um den Kreuzritter Rinaldo und die Zauberin Armida auf vier Personen und einen Chor reduziert – ein Kammerspiel das aufwendig den Gefühlen der Figuren nachspürt. Es ist Christophe Rousset und seine Les Talents Lyrics zu verdanken, dass in den letzten Jahren bereits Salieris „Les Danaides“, „Les Horaces“ und „Tarare“ konzertant im Theater an der Wien erklungen sind – und dass man jetzt seiner „Armida“ begegnen konnte. (Rousset hat die „Armida“ auch auf CD eingespielt.) Mit den genannten französischen Opern Salieris aus den 1780er-Jahren kann sich die „Armida“ allerdings nicht messen, es fehlt vor allem an musiktheatralischer Nachdrücklichkeit. „Armida“ schwelgt mehr in bukolischen Gefilden – und bis zu den Zornausbrüchen der von Rinaldo letztlich wegen seiner Kreuzritterpflichten verschmähten Armida dauert es eine Weile. Spannend ist natürlich, dass Salieris Musik an Mozart erinnert – aber nicht an den Mozart des Jahres 1771. Rousset hat das Verhältnis von Mozart und Salieri anlässlich seiner Beschäftigung mit der „Armida“ in einem Beitrag für das GRAMOPHONE-Magazin (Februar 2021) auf den Punkt gebracht und gemeint, die Ironie wäre, dass der jüngere Mozart der konservativere von beiden gewesen sei. Die Aufführung im Theater an der Wien hat diesen Eindruck bestätigt. Mozart hat 1770 mit dem „Mitridate“ noch ganz der Opera seria gefrönt, während sich bei Salieris „Armida“ – etwa im Duett des Liebespaares am Beginn des zweiten Aktes – bereits Anklänge an den späteren Mozart (etwa der „Cosi“) erahnen lassen. Die Besetzung war gut, aber vielleicht doch eine Spur zu wenig exquisit, um dieser „Armida“ wirklich Leben einzuhauchen. Christophe Rousset und Les Talents Lyrics legten sich natürlich mit Enthusiasmus ins Zeug, aber so „richtig“ zünden wollte der Abend nicht. Vielleicht hätte man sich als Armida einen „wollüstigeren“ Sopran gewünscht, als jenen von Lenneke Ruiten, der in der Höhe öfters gestresst klang. Dieser Wunsch nach klangvolleren Stimmen betraf genauso den Rinaldo der Florie Valiquette, deren Sopran für einen Kreuzritter etwas schmal gebaut war, in der Höhe eng und zu wenig „sieghaft“ bestückt. Ashley Riches war als Ubaldo mit einem in den dramatischen Effekten etwas angestrengt klingendem Bariton auf der Suche nach Rinaldo. Hagar Sharvit steuerte als Ismene einen leichten Mezzo bei. Le choeur de chambre de Nasmur sorgte passend für Nymphen und Dämonen. Das Publikum applaudierte dankbar. |