LA CAMBIALE DI MATRIMONIO / LA SCALA DI SETA
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Wiener Konzerthaus
(Konzertante Aufführung)
10.3.2002

Musikalische Leitung: Claudio Desderi
Orchester: I Virtuosi Italiani

Gastspiel des Teatro Borgatti in Cento (Fe)

LA CAMBIALE DI MATRIMONIO / DER HEIRATSWECHSEL

Tobia Mill - Dario Giorgelè
Fanni - Simonetta Pucci
Edoardo - Alessandro Codeluppi
Slook - Maurizio Leoni
Norton - Antonio Marani
Clarina - Clara Giangaspero

LA SCALA DI SETA / DIE SEIDENE LEITER

Giulia - Myrtò Papatanasiu
Lucilla - Ornella Vecchiarelli
Dorvil - Massimiliano Barbolini
Dormont - Vito Martino
Blansac - Antonio Marani
Germano - Maurizio Leoni


"Rossini mal 2"
(Dominik Troger)

"La cambiale di matrimonio" ("Der Heiratswechsel") und "La scala di seta" (Die seidene Leiter") sind zwei frühe Rossini-Einakter von durchaus unterschiedlichem Charakter. Im Konzerthaus wurden die beiden Stücke in einer konzertanten Aufführung präsentiert.

Natürlich geht in es in beiden "Farsa comica" (so die richtige Genrebezeichnung) um die Liebe. In beiden Fällen müssen die richtigen Pärchen gebildet werden, gilt es für die weibliche Hauptrolle den Hinderungsgrund für die gewünschte Heirat - den eigenen Vater oder den Vormund - auszutricksen. Abgesehen von dieser Grundtypologie ist da die eigentliche Handlung schon fast nebensächlich - zumindest bei einer konzertanten Aufführung. Da geht viel Witz, der einfach in der Situationskomik und in so mancher bizarrer Szene liegt (wenn beispielsweise im "Heiratswechsel" der Vater mit Morgenmantel, Nachtmütze und Globus in der Hand durch's Haus "geistert") verloren - und so mancher der angetretenen SängerInnenriege hätte dann auch die Chance gehabt, seine begrenzten stimmlichen Mittel zumindest mittels darstellerischer Komik auszugleichen.

"Der Heiratswechsel" erlebte 1810 seine Uraufführung und gilt - abgesehen von einem früheren "Opern-Versuch" - als die erste eigentliche Oper Rossinis. Das typische Rossini'sche Orchesterfeuerwerk kommt hier noch nicht richtig auf Touren. Schon die Ouvertüre mit ihren schönen, fast romantischen Horneinsprengseln erinnert einen mehr an diverse Vorgänger (Mozart & Co.), denn an das, was man landläufig mit Rossini assoziiert. Ja, Rossini wird dann im weiteren Verlauf des Werkes sogar eine "Figaro"-Paraphrase anklingen lassen, aber humorvoll und zwanglos, weit entfernt davon "aufgesetzt" zu wirken. Natürlich kommen auch seine italienischen Vorgänger zu Wort, und hier ist vor allem auf Domenico Cimarosas "Il matrimonio segreto" zu verweisen.

Nur zwei Jahre später kam "Die seidene Leiter" auf die Bretter - und da hatte Rossini schon (fast) seinen Stil gefunden. Die knappen eineinhalb Stunden präsentieren sich als Schmuckkästchen musikalischer Einfälle, voller zündender Melodien und zugespitzter, atemloser Ensembleszenen. Die SängerInnen bekommen dankbare, aber schwierige Arien in die Kehle gelegt, die sie zu mitreißender Virtuosität herausfordern (und leider manchmal auch überfordern). Das Orchester schnurrt seinen Part geschmeidig herunter, immer auf der Suche nach der letztmöglichen Steigerung.

Während sich das Orchester, die "I Virtuosi Italiani" unter der Leitung von Claudio Desderi, Rossinis Ansprüchen durchaus schwungvoll gewachsen zeigte, hatte das junge Sängerensemble (die meisten Mitwirkenden zählten knapp über 30 Jahre) so manche Hürde zu nehmen. Die "Seidene Leiter" konnte da schon beinahe zu einem "Steeplechase" werden, und während Myrtò Papatanasiu, die die weibliche Hauptrolle der Giulia verkörperte, bei ihrer schwierigen Arie bis zum allerhöchsten Ton hinauf im Sattel blieb, hob es Massimiliano Barbolini, der den Dorvil verkörperte, bei seinem "Tenorsolo" etwas unsanft aus selbigem. Leider meinten einige Besucher, sie müssten dem gestrauchelten noch ein paar "Buhs" mit auf den Heimweg geben, was dem Abend einen unnötigen bitteren Beigeschmack verlieh. Barbolini trug es mit Fassung (aber was blieb ihm auch anderes übrig).

Myrtò Papatanasiu war denn auch die überzeugendste Protagonistin des Abends, Pluspunkte gab es weiters für Ornella Vecchiarelli als Lucilla, die das Konzertpodium auch ein bisschen als richtige Bühne nützte und sich dabei als Rossini'sches Temperamentbündel entpuppte, das bei einer szenischen Aufführung sicher viel zu einem gelungenen Abend beigetragen hätte. Mauricio Leoni war ein braver Kanadier Slook ("Heiratswechsel") und Germano ("Seidene Leiter"). Für den Bariton Antonio Marani, als Norton beziehungsweise Blansac zu hören, gilt selbiges. Simonetta Pucci, die Fanni im "Heiratswechsel", trübte den insgesamt guten Eindruck mit einer in forcierteren Lagen gepresst und unsauber klingenden Stimme.

Nach dem ersten Teil, dem "Heiratswechsel", hielt sich der Applaus in Grenzen, nach "Der seidenen Leiter" war er durchaus dankbar.