LA CAMBIALE DI MATRIMONIO
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Kammeroper
21. Oktober 2012
Premiere

Musikalische Leitung & Cembalo:
Konstantin Chudovsky


Inszenierung: Jacopo Spirei
Ausstattung: Nikolaus Webern
Licht: Frank Sobotta

Wiener KammerOrchester

Tobia Mill - Igor Bakan
Fanny Mill - Anna Maria Sarra
Edoardo Milfort - Andrew Owens
Slook - Ben Connor
Norton - Oleg Loza

Clarina - Gaia Petrone


Kammeroper: Schwungvoller Auftakt in eine neue Zukunft
(Dominik Troger)

Startschuss in die neue Ära der Kammeroper unter der Leitung des Theaters an der Wien: Gioachino Rossinis Einakter „La cambiale di matrimonio“ sorgte für gute Stimmung.

Die Kammeroper „alten Zuschnitts“ ist mit Ende der Saison 2010/11 wegen der Kürzungen von Bundessubventionen in eine nachhaltige Finanzkrise geschlittert. Das eröffnete dem Theater an der Wien die Chance, hier eine neue Spielstätte aufzumachen und zugleich den Spielort am Fleischmarkt zu erhalten. Die Kammeroper dient ab dieser Saison als Studiobühne des Jungen Ensembles des Theaters an der Wien – kurz „JET“ genannt – das sich an diesem Abend mit seiner ersten Produktion dem Wiener Publikum präsentierte.

Mit Rossinis 1810 uraufgeführter „Farsa giocosa“ sorgte man für schwungvolle 70 Minuten, für die sich das Premierenpublikum mit viel Applaus bedankte. „La cambiale di matrimonio“ ist die erste Rossini-Oper, die zu Lebzeiten des Komponisten aufgeführt wurde. Das Werk trägt aber schon ganz unverkennbar die Handschrift des Meisters aus Pesaro: sein musikalisches Beschleunigungselement ist unverkennbar.

Die Geschichte handelt vom Heiratsschacher zwischen zwei Kaufleuten: Tobia Mill verkauft seine Tochter Fanny an den kanadischen Geschäftsmann Slook. Fanny liebt aber Edoardo. Nach einigen Turbulenzen klärt sich die Lage. Slook macht den finanziell minderbemittelten Edoardo zum Universalerben – jetzt kann auch der cholerische Vater guten Gewissens seine Einwilligung zur Ehewahl seiner Tochter geben.

Das Regieteam um Jacopo Spirei verlegte die in London spielende Handlung vom 18. Jahrhundert in die Zeit um 1920 und brachte den Überschwang der von Rossini „aus dem Ärmel geschüttelten“ Opernrhythmen griffig und mit „Stummfilm“-Outrage auf den Punkt. Die kleine Bühne der Kammeroper diente als Kontor der Firma Mills. Zwischen vielen „Mills“-Schachteln wurde die Handlung komödiantisch abgehandelt. Szenisch besonders gelungen waren etwa der Auftritt von Slook, der eine „Mills“-Schachtelwand durchbrach, hinter man dann das große Bild eines Ozeanriesen sah, oder das von bühnenquirligem Wellenschaum begleitete Finalensemble bei dem Fanny und Edoardo die Köpfe aus zwei Bullaugen reckten.

Das Junge Ensemble des Theaters an der Wien spielte die Bühnentypen dieses Einakter treffend. Die Rolle des Tobia Mill ist das Urbild eines Bartolo oder Taddeo. Igor Bakan fand sich mit seinem beweglichen, kernigen Bassbariton sehr gut in dieser Welt zurecht und verbreitete viel „Opera-buffa-Feeling“. Als seine Tochter sorgte Anna Maria Sarra mit selbstbewusstem Sopran für die Durchsetzung ihrer Heiratswünsche.

Den kanadischen Ehekonktrateur sang Ben Connor, der hier als „Bariton-Lover“ auch dem Aussehen nach gute Figur machte. Andrew Owens sorgte mit stilsicherem lyrischem Tenor für den Liebhaber. Gaia Petrone ließ als Clarina einen Mezzo hören, der mit südländischer Wärme timbriert, einen zwar nur kurzen aber recht nachdrücklichen Eindruck hinterließ. Oleg Loza war als Kassier des Handelsherrn Mill ein passender Stichwortgeber.

Unter der Stabführung von Konstantin Chudovsky schnurrte die Rossini’sche Musik hurtig dahin, vielleicht manchmal, etwa in der Ouvertüre, eine Spur zu laut. Es sollte bedacht werden, dass es sich um einen kleinen Saal handelt, der mehr Zartgefühl verträgt als ein großes Opernhaus.

Das Publikum war von der Vorstellung angetan und spendete viel Beifall. Demnach kamen Bakar und Sarra besonders gut beim Publilum an – den meisten Applaus räumte aber das Produktionsteam ab. Bis einschließlich 9. November gibt es neun Folgevorstellungen, die einen kurzen, aber unterhaltsamen Opernabend garantieren.