DER BARBIER VON SEVILLA

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Volksoper
29.4.2008
Premiere

Dirigent: Karel Mark Chichon

Regie und Licht: Josef Ernst Köpplinger
Bühnebild und Kostüme: Heidrun Schmelzer

Graf Almaviva - Ferdinand von Bothmer
Bartolo - Lars Woldt
Rosina - Daniela Fally
Figaro - Daniel Schmutzhard
Basilio - Sorin Coliban
Fiorello - Georg Lehner
Ambrosio - Robert Hollmann
Berta - Sulie Girardi
Ein Offizier - Raimund-Maria Natiesta
Notar - Michael Weber


Friseur-Musical
(Dominik Troger)

„Der Barbier von Sevilla“ hat an der Volksoper eine neue Wiener Filiale eröffnet. Das sozioökonomische Ambiente entspricht dem Flair des Währinger Gürtels. Und weil angenommen werden darf, dass soignierte Innenstadtkunden ihre frisurgemäßen Haarspaltereien weiterhin im Prachtbau an der Ringstraße dauerwellen werden, kann man von einer vielversprechenden Investition ausgehen.

Denn der neue „Barbier" wird sein Zielpublikum erreichen. Die Mischung aus Running-Gags und einem umfangreichen Katalog an Bühnentypen, die um den Dr. Bartolo'schen Haushalt ihrem kleinstädtischen Treiben nachgehen – vom zuhälterischen Nachtclub-Besitzer bis zur schreckhaften Fleischersgattin – schafft Bewegung, Bewegung und nochmals Bewegung. Dieser „Barbier" ist keine Oper, er ist ein musicalartige Verschlankung der Opera Buffa, eine durchchoreographierte Show aus Musik, „Bewegungstheater“, Kabarett und Kasperliade – an die man sich als häufiger Kunde des oben erwähnten Edel-Etablissements erst einmal gewöhnen muss.

Natürlich wird hier, im Vorort, Deutsch gesprochen. Zwei, drei italienische Lieder erinnern an sentimentale Sommernächte. Der Rest holpert ein wenig dahin, aber einiges versteht man doch, und das schafft eine beruhigende Nähe. Der Regisseur hat die Handlungszeit in die späten 1950er, frühen 1960er Jahre verlegt. Es handelt sich um eine südländische Stadt, möglicherweise im Spanien der Franko-Zeit. Figaro ist mit einem alten Puch-Moped unterwegs – eine DS50?

Gesungen wird natürlich auch – und da versprühte vor allem Rosina (Daniela Fally) kokette Koloraturen und Hüftschwünge. Die Grenzen zwischen Soubrette und Koloratursopran vermischten sich in einer anregenden Klimazone, die leicht und locker zwischen künstlerischem Anspruch und Unterhaltung wechselte. An Selbstbewusstsein fehlte es Rosina ebensowenig wie an hohen, nicht immer ganz lupenrein Tönen.

Ihr Angebeteter, der studentische Graf Ferdinand von Bothmer, bewegte sich hingegen etwas steif durchs bunte Kaleidoskop der Drehbühne, die Dr. Bartolos etwas renovierungsbedürftige Wohnstatt, mal von der Straße zeigte, mal eine Blick in die Zimmer freigab. Die Hüftaufschwünge, die er gleich am Beginn akustisch bei seinem Ständchen einlegte, zeigten nicht unbedingt den geschmeidigen Sportler. Die Arie am Schluss wurde gestrichen, man stürzte sich gleich ins Finale.

Als Figaro und Zweitbesetzung war Daniel Schmutzhard für Miljenko Turk eingesprungen. Ein junger, sympathischer Barbier, der an diesem Premierenabend ein wenig zurückhaltend agierte. Er wird in den Folgeaufführungen die Aufmerksamkeit sicher stärker auf sich ziehen. Dr. Bartolo wurde von Lars Wolt mit mächtiger Stimme und einem Schuss Bösartigkeit gegeben, der den Charakter schon deutlich über einen im Prinzip gutmütigen, tölpelhaften Alten hinaushob. Sorin Coliban bot eine ebenso köstliche wie stimmlich ansprechende Charakterstudie des Musiklehrers. Sulie Girardi überzeugte in der Darstellung einer bodenständigen Haushälterin (ihre Arie war demgemäß von etwas grobstofflicher Natur). Robert Hollmann hatte als Ambrosio den Prügelknaben abzugeben – im wahrsten Sinne des Wortes ...

Das Orchester der Volksoper unter Karel Mark Chichon brauchte einige Zeit, um sich „warm“ zu spielen, dann aber gings flott dahin. Chichon setzte auch gestalterische Akzente, vom Klangbild wars mir ein wenig zu straff und knallend. Am Schluss reagierte das Publikum recht beifallsfreudig.