IL BARBIERE DI SIVIGLIA

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Staatsoper
11. Juni 2025

Musikalische Leitung:
Marco Armiliato

Graf Almaviva - Edgardo Rocha
Bartolo -
Marco Filippo Romano
Rosina -
Patricia Nolz
Figaro -
Stefan Astakhov
Basilio -
Bryn Terfel
Fiorello -Andrei Maksimov

Ambrogio - Sebastian Wendelin
Berta -
Ana Garotic
Ein Offizier - Wolfram Igor Derntl


Unverwüstlicher Evergreen
(Dominik Troger)

Rosina und Almaviva machen an der Staatsoper wieder ihr Glück – und gespielt wird ausnahmsweise die alte Rennert-Inszenierung.

Doch die besonderen Umstände des Abends waren nicht zu übersehen: Trauerbeflaggung am Haus und eine Gedenkminute vor Beginn der Vorstellung. Gesten der Anteilnahme und des Gedenkens an die Opfer der schrecklichen Geschehnisse vom Vortag in Graz. Doch Rossinis „Barbiere“ wirbelte den Trauerflor schon in der Ouvertüre davon. 

Ein Hinweis auf dem Programmzettel erklärte, dass aufgrund „technischer Probleme“ die Produktion von Günther Rennert gezeigt wird und nicht die neue von Herbert Fritsch. Den vielen Touristen im Haus war das ohnehin egal, aber das Stammpublikum war überglücklich, dieses Mal der outrierenden Rossiniverblödelung aus dem Jahr 2021 zu entkommen. Die bunten Plastikfolien dieser Neuproduktion wurden im Februar wegen übler Geruchsbelästigung aus dem Verkehr gezogen, das alte Bühnenbild von
Alfred Siercke reaktiviert. Dennoch wird für 2025/26 der „Barbiere“ wieder in der Regie von Herbert Fritsch angekündigt.

Für die aktuellen drei Juni-Vorstellungen hat man sich auch auf das alte Regiekonzept besonnen und Bartolos Haus, dieser kluge Bühnenaufbau mit den einsehbaren Zimmern, wurde sinnvoll bespielt. Die Sängerinnen und Sänger trugen die alten Kostüme und schienen das Ambiente dieser Inszenierung zu genießen, bietet es ihnen doch auch viel spielerischen Freiraum. Sogar der eine oder andere eingestreute Witz war der Vergessenheit entrissen worden; das „Rindvieh“ etwa, das Bartolo dem als Soldaten verkleideten Almaviva scheinbar extemporierend in deutscher Sprache auf den Kopf zusagt.

Ein ganz besonderer Genuss war es natürlich, Bryn Terfels Wiener Rollendebüt als Basilio ausgerechnet in diesem  Rahmen erleben zu dürfen. Terfel sorgte im ersten Akt für eine verschmitzte, aber  doch ein wenig zurückhaltend präsentierte Verleumdungsarie. Im Laufe des „Buona sera“ nach der Pause wirkte er gesanglich schon ein bisschen angeschlagen, so als müsste sein Bassbariton dem Publikum bald „Gute Nacht“ sagen – oder hat hier der Sänger selbstironisch gescherzt?

Patricia Nolz sang eine frische, mit klarem Mezzo ausgestattete Rosina – eine edle Rosina, humorvoll, ohne die Emotionen zu übertreiben, eine „mozartische“ Rosina, weniger quirlig, sondern ein bisschen abgeklärt, im Timbre ein fruchtiger Weißwein, mundend, aber nicht übersüß, bekömmlich und ausgewogen: Diese Rosina trug bereits den Adel der zukünftigen Gräfin in sich.

Mit Marco Filippo Romano hatte sie einen umtriebigen, parlandofreudigen, stimmlich juvenil klingenden Vormund als Gegenspieler. Dort war die Opera buffa zu Hause, aber ohne den Bartolo mit Haut und Haar der Lächerlichkeit preiszugeben – und Romano hat auch das Publikum schnell für sich eingenommen. Dazu gesellte sich mit Stefan Astakhov ein kraftvoller, agiler Figaro mit sympathischer Bühnenpräsenz, den Handlungsfaden fest in der Hand.

Edgardo Rocha spielte einen umtriebigen Grafen, stimmlich konnte er nicht recht mithalten. Vielleicht hat sich sein Tenor karrierebedingt von den Rossini-Kunststücken schon ein bisschen „verabschiedet“. (Die finale Arie des Grafen wurde gestrichen.) Ana Garotic durfte sich als Berta wie die übrigen Mitwirkenden  positiv einbringen. Das Staatsoperorchester unter Marco Armiliato sorgte für eine gepflegte Begleitung, im Klang „traditionell“, im Tempo überzeugend, flüssig und angenehm anzuhören. Am Schluss gab es viel Applaus – rund fünf Minuten lang.

Laut Programmzettel handelte es die 437. Aufführung in dieser Inszenierung, die 1966 Premiere hatte. Diese Produktion ist ein unverwüstlicher „Evergreen“, schade, dass das an maßgeblicher Stelle anders gesehen wird.