MEDEA
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Staatsoper
7. April 2017

Musikalische Leitung: Michael Boder

Medea - Claudia Barainsky
Kreusa - Stephanie Houtzeel
Gora - Monika Bohinec
Kreon - Norbert Ernst
Jason - Adrian Eröd
Herold - Daichi Fujiki


„Mitreißender Abend

(Dominik Troger)

Vor sieben Jahren ging die Uraufführung von Aribert Reimanns „Medea“ in der Wiener Staatsoper über die Bühne. Nach Reprisen im Herbst 2010 verschwand die Oper vom Spielplan, jetzt wurde sie für vier Vorstellungen wieder aufgenommen.

Das auf dem Drama von Franz Grillparzer basierende Werk erlebte am 28. Februar 2010 im Haus am Ring eine umjubelte Uraufführung. Der Schlussapplaus hielt damals über 20 Minuten lang an, die weiteren Vorstellungen der Premierenserie waren für ein zeitgenössisches Werk sehr gut besucht. Schon bei den drei Reprisen im Herbst 2010 war das Publikumsinteresse abgeflacht. Jetzt, sieben Jahre später, füllt das Abonnement das Haus – und es kann nicht behauptet werden, dass in der Pause keine Besucher die Staatsoper verlassen hätten. Der Schlussapplaus brachte es dank dem unermüdlichen Einsatz eines nicht unbedeutenden Anteils an Stammpublikum, auf immerhin sieben Minuten. Und sogar Aribert Reimann war angereist, um noch einmal den Beifall entgegenzunehmen. Einem lebenden Komponisten für seine Oper danken zu dürfen, diese Augenblicke sind an der Staatsoper wirklich rar gesät.

Gerade die „Medea“ hätte es sich verdient, öfter gespielt zu werden. Sieben Jahre sind als Abstand einfach zu lange, will man eine Oper im Gespräch halten, und soll sie sich in der Praxis unter verschiedenen Dirigenten und Besetzungen bewähren. Natürlich ist der Einstudierungsaufwand nicht zu verachten und die Auslastungszahlen könnten dann leicht um ein paar Zehntel Prozentpunkte „nachgeben“. Aber die Qualität, die die Wiener Staatsoper auch bei diesem „schwierigen Repertoire“ möglich machen kann, ist – und das hat nicht nur diese „Medea“ wieder bewiesen – herausragend.

Über die Oper habe ich schon anlässlich der Premiere und der Folgevorstellungen ausführlich referiert (siehe weitere „Medea“-Besprechungen -> Link). Von der Uraufführungsbesetzung waren noch Adrian Eröd sowie der Dirigent Michael Boder „in Dienst“. Claudia Barainsky hat 2010 in drei Reprisen die Medea gesungen, ebenso Stephanie Houtzeel die Kreusa. Neu im Team waren Monika Bohinec als Gora, Norbert Ernst als Kreon und Daichi Fujiki als Herold.

Claudia Barainskys, eine moderne, begeisternde Singschauspielerin, brachte wieder hohen Stimm- und Körpereinsatz mit ein (die Partie mit ihrer hohen Tessitura ist ja alles andere als einfach zu singen). Zusammen mit Adrian Eröd, der ihr um nichts nachstand, ergab das ein optimales Bühnenpaar. Eröds Bariton ist in den sieben Jahren kerniger geworden, sein Jason hat den eitlen Gecken, den die Inszenierung aus ihm machen möchte, schon hinter sich gelassen. Die Jugendlichkeit ist einer mit leicht heldischem Anstrich vertretenen Virilität gewichen, die auch Kreon gegenüber ihren Mann steht.

Norbert Ernst bot als Kreon eine starke Leistung, die Figur hat gegenüber der Uraufführungsbesetzung an Kraft und Kontur gewonnen. Stephanie Houtzeel war schon vor sieben Jahren eine liebenswert naive, schönstimmige Königstochter, Monika Bohinec gab eine präsente und geerdete Gora. Daichi Fujiki hinterließ mit seinem Countertenor als Herold einen überzeugenden Eindruck. Das Orchester unter der bewährten Stabführung von Michael Boder – einem ausgewiesenen Spezialisten für komplexe und zeitgenössische Partituren – unterfütterte den differenziert dargebotenen Orchesterpart mit einem kernigen Streicherklang und sorgte dafür, dass die bedrohliche Spannung, die Reimann aus dem Orchester zieht, nicht nachließ.

Fazit: Ein starkes Plädoyer für mehr zeitgenössische Oper im Haus am Ring.