DIE SPANISCHE STUNDE / L'HEURE ESPAGNOL
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Konzerthaus
21.4.2010
Konzertante Aufführung

Dirigent: Julien Salemkour

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin

Concepcion - Ruxandra Donose
Gonzalve - Jörg Schneider
Torquemada - Andreas Conrad
Ramiro - Bo Skovhus
Don Inigo Gomez - Gilles Cachemaille


„Erotische Feinmechanik“
(Dominik Troger)

Das Konzerthaus lud zu einer „spanischen Stunde“: Ravels „L'heure espagnole“ wurde konzertant gegeben. Zur „Einstimmung“ erklang vor der Pause die erste Symphonie B-Dur op. 20 von Ernest Chausson.

Der Abend begann mit halbstündiger Verspätung: die Wege in Europa sind nach dem Ausbruch des Eyjafjalla-Vulkans immer noch nicht so kurz wie zuvor. Die Anreise des Ensembles aus Berlin hing am seidenen Faden des aschewolkegestörten kontinentalen Flugverkehrs, ging aber doch noch rechtzeitig von statten. Die Verspätung wurde dem Publikum dankenswerter Weise mit einem Gratisgetränk auf Kosten des Konzerthauses versüßt.

Dermaßen entspannt durfte man sich vor der Pause der ersten Symphonie von Ernest Chausson hingeben, entstanden in den Jahren 1889-1890. Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter Julien Salemkour, der für den erkrankten Marek Janowski, eingesprungen war, folgte Chausson mit „deutschem Klang“.

Das lag der deutlich an Wagner orientierten musikalischen Sprache des Franzosen zwar nicht fern, ließ beispielsweise die impressionistische Haltung des zweiten Satzes aber vielleicht ein bisschen zu tiefsinnig strömen. Das Orchester präsentierte sich schon in diesen 30-Symphonie-Minuten als äußerst respektabler Klangkörper mit satten Farben und überzeugte mit zu hochromantischen Emotionen fähigem Spiel.

Nach der Pause „läuteten“ die tickenden Zeitmesser des Uhrmachers Torquemada Ravels „Spanische Stunde“ ein. Diese komödiantische Opernminiatur kam ohne szenische „Verbildlichung“ überraschend gut zur Geltung. Die Geschichte von der schönen Concepción, der das „Management“ der Liebhaber einige Probleme bereitet, entwickelte sich mit ansehnlichem Reiz (das erotisch ausgeschnittene Kleid von Ruxandra Donose war sicher kein Stimmungskiller). Trotz der gebotenen Gestaltungsgrenzen eines konzertanten Auftritts kamen die Charaktere der Figuren gut zur Wirkung.

Natürlich hätte man Bo Skovhus gerne „in natura“ bewundert wie er Standuhren treppauf und -ab schleppt und dabei wohltönend den naiven Charme eines muskelbepackten Maultiertreibers verströmt. Auch hätte man gerne gesehen, wie sich Gilles Cachemaille in eine Standuhr zwängt – und dann fast nicht mehr herauskommt. Seine Kuckucksrufe waren jedenfalls köstlich, und versprachen mehr, als in einer konzertanten Aufführung gehalten werden konnte.

Ebenso hätte Shawn Mathey als Gonzalve dem überspannten „Dichter“ nicht nur seinen Tenor geliehen und Andreas Conrad hätte die seltsame Typologie dieses Uhrmachers womöglich noch ausdrucksstärker verfeinert. Ruxandra Donose, für die erkrankte Vesselina Kasarova eingesprungen, behielt verführerisch die Fäden in der Hand, um sich letztlich mit dem prächtigen Bariton zum unbesungenen Stelldichein in den ersten Stock zu begeben.

Fazit: Viel Applaus, wenn auch nicht gerade stürmisch. Ravels feinmechanische Ironie zielt wohl mehr auf den Beifall der Liebhaber und nicht jeder Mensch ist ein Uhrenfetischist.