ZAÏS
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Theater an der Wien
17.4.2015
Konzertante Aufführung

Musikalische Leitung: Christophe Rousset

Les Talents Lyriques
Choer de Chambre de Namur

Zaïs - Julian Prégardien
Zélidie - Sandrine Piau
Oromazès - Aimery Lefèvre
Cindor - Benoit Arnould
Une Sylphide, La grande ptrètesse de l'Amour
- Amel Brahim-Djelloul

Un Sylphe - Zachary Wilder



„Die Liebesleiden einer Schäferin

Im Theater an der Wien kam Jean-Philippe Rameaus abendfüllende Pastorale „Zaïs“ konzertant zur Aufführung. Das Werk, 1748 uraufgeführt, erfreute sich im 18. Jahrhundert einiger Beliebtheit. Die Erstbegegnung scheint allerdings nahe zu legen: Es gibt zwingendere Bühnenwerke aus Rameaus Hand.

Berühmt geworden ist „Zaïs“ wegen seiner Ouvertüre, die die Geburt der Elemente aus dem Chaos darstellt – ein musikalischer „Anbeginn“, der sich im Prolog fortsetzt, wenn der König der Genien, Oromazès, die vier Elemente – Feuer, Wasser, Erde, Luft – ihrer Bestimmung zuweist. Es liegt nahe, dass in „Zaïs“ von Rameau und seinem Librettisten Louis de Cahusac freimaurerisches Gedankengut aufgegriffen wurde.

Die aufrüttelnden Tambourschläge, mit denen das Werk beginnt, sind allerdings nicht typisch für die nachfolgenden drei Stunden, das Chaos wird bald gebändigt, und löst sich in einer Liebesgeschichte zwischen dem Luftgeist Zaïs und der Schäferin Zélidie auf. Zaïs nähert sich der Angebeteten als Schäfer, er stellt ihre Liebe auf die Probe, er verzichtet sogar um der Liebe Willen auf seine magischen Kräfte. Solch starke Liebe und Opferbereitschaft rührt den Herrscher Oromazès, der Zaïs seine magische Kräfte zurückgibt und Zélidie die Unsterblichkeit verleiht. Sie ist jetzt gemeinsam mit Zaïs ein würdiges Beispiel von Amors Herrschaft, die in den Schlussversen besungenen wird.

Vergleicht man „Zaïs“ mit anderen Bühnenwerken Rameaus, die in den letzten Jahren in Wien gespielt wurden, dann fällt musikalisch eine dem Sujet entsprechende Eleganz und Anmut auf, aber auch eine gewisse Einförmigkeit. Für eine Spielzeit von knapp über drei Stunden (inklusive einer Pause) ist es schon ein bisschen viel an pastoralem „Amour“, was einem aufgetischt wird – aber es kann auch sein, dass ich an diesem Abend für die Seelenregungen von Schäferinnen nicht so empfänglich war. Für meinen Eindruck spricht allerdings, dass das zu Beginn überraschend gut besuchte Haus in der Pause einen merklichen Publikumsschwund hinnehmen musste.

Zwar gibt es – wie bei dieser Art von „Oper“ üblich – eine Menge auflockernder Tänze, aber die grundsätzlich pastorale Stimmung hat einen Hang zu oboen- und flötenbegleiteter Idylle, der auf mich in Summe ein wenig kontrastarm wirkte. Außerdem reicht die Handlung für vier Akte nicht aus. Das Sujet der „Liebesprobe“ wird in Varianten durchgespielt, die Standhaftigkeit, die Liebe und Leidensbereitschaft der Zélidie sind aber so unerschütterlich, dass sich daraus kaum eine Spannung entwickelt und die Szenen sich mehr tablaeuxartig aneinander reihen.

Sandrine Piau war für mich mit dem etwas angedunkelten Timbre ihres Soprans bei all ihrer gesanglichen Raffinesse schon eine zu reife Interpretin für liebliche Schäferinnen-Lyrik. Ihre Stimme hat sich sehr gut über die langen Karrierejahre erhalten, aber tendiert inzwischen möglicherweise zu etwas expressiveren Partien. Julien Prégardien versah den Zaïs mit lyrischem und leicht viril gefärbtem Tenor, der gut zum Charakter des verliebten Luftgeistes passte. In der Höhe verlor die Stimme allerdings an Reiz. Benoit Arnould war als Cindor ein verlässlicher, aber in Summe doch etwas konturloser Vertrauter des Luftgeistes, während Amel Brahim Djelloul, für einige Nebenrollen zuständig, einen etwas kleinen Sopran hören ließ, der mir in der Abrundung zu hart klang und deshalb zu wenig pastorale Lieblichkeit verbreitete. Zachary Wilder fand bei seinem kurzen Auftritt als Un Sylphe möglicherweise nicht so richtig in die Partie, das klang in den Verzierungen etwas unpräzise und unausgegoren. Zwei handlungsmäßig wichtige Kurzauftritte als Oromazès absolvierte Aimery Lefèvre mit passendem, stilsicherem Bariton.

Christophe Rousset war der Motor des Abends, der die in gewohnter Qualität aufspielenden Les Talents Lyriques und den präsenten Chouer de Chambre de Namur durch den Abend steuerte.

Das Publikum spendete rund acht bis neun Minuten langen Schlussapplaus.