LES INDES GALANTES
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Konzerthaus
27.1.2013
Konzertante Aufführung
Österreichische Erstaufführung

Musikalische Leitung: Hugo Reyne


La Simphonie du Marais & Le Choeur du Marais

Amour, Phani, Fatime, Zima - Valérie Gabail
Hebé, Emilie, Zaire - Stephanie Révidat
Valere,Tacmas - Francois-Nicolas Geslot
Carlos, Damon - Reinoud Van Mechelen
Alvar - Sydney Fierro
Bellone, Osman, Huascar, Ali, Adario - Aimery Lefé
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Exotisches Barockvergnügen
(Dominik Troger)

Was war das wichtigste Musiktheater-Ereignis an diesem Wochenende: Die Premiere von „La Cenerentola“ an der Wiener Staatsoper? Nein! Sondern die österreichische Erstaufführung von Jean-Philippe Rameaus „Les Indes galantes“ im Konzerthaus.

Die konzertante Opernaufführung im Rahmen des „Resonanzen“-Festivals im Konzerthaus hat Tradition. Heuer hat man sich etwas Besonderes einfallen lassen. Die französische Barockoper ist für das hiesige Publikum immer noch ein weitgehend unentdeckter Kontinent. Es gab in den letzten zehn Jahren zwar einige (auch szenische) Bemühungen, das zu ändern, aber wenn so ein repräsentatives Werk wie „Les Indes galantes“ erst jetzt seine österreichische Erstaufführung erlebt, dann ahnt man gleich, welche Schätze hier noch zu heben sind.

Dem fünfteiligen Werk (Prolog und vier Akte), das als „Opéra-balett“ eine französische Sonderentwicklung der Operngattung repräsentiert, wird man mit einer konzertanten Aufführung allerdings nur bedingt gerecht. Das Werk, das „musikalischen Exotika“ von Amerika und Asien nachspürt, wimmelt nur so von Tanzeinlagen, enthält ein vielteiliges „Blumen-Ballett“ und dauert schon seine vier Stunden.

Die Szene als Belebung der oft sehr galanten und feinfühligen Musik ist fast eine Notwendigkeit – noch dazu wenn Rameau in vier thematisch nur durch das Thema „Liebe“ verbundenen Akten, die kaum einen erzählenswerten Inhalt bieten, eine richtige Weltreise unternimmt: Diese führt vom „großmütigen Türken“, bis in die Wälder Nordamerikas, und macht dazwischen noch in Persien und bei den Inkas halt. Der Rausch der Liebe verbindet sich mit dem schon angesprochenen Rausch des Exotischen, zu dem Naturgewalten wie Gewitter, Erdbeben und Vulkanausbrüche gerechnet werden müssen. Die Liebe vereint alle Nationen über alle Erdteile hinweg: Was für eine optimistische und weltumspannende Botschaft!

Berühmt geworden ist vor allem der letzte Teil: „Les Sauvages“ in dem Rameau indianisches Trommel dem „Tanz der Großen Friedenspfeife“ hinterlegt hat. Ein Stück, das man nicht mehr aus dem Kopf bekommt – und das als „Jingle“ der französischen Barockoper taugen würde. Aber nicht nur hier überrascht das Werk, hat es doch schon Dudelsackmusik im „bukolischen“ Prolog geboten und oder zarte flötenbegleitete Gesangspassagen ebenso wie einen mächtigen Seesturm mit Matrosenchor.

Ich gebe gerne zu, dass diese konzertante Reise von den Mitfahrenden ein wenig Geduld einforderte, bis sie in den nordamerikanischen Wäldern angelangt war, und dass man sich den Genuss der üppig ausgebreiteten musikalischen Empfindsamkeiten von der Türkei über Persien und Südamerika ein wenig erarbeiten musste. Die „Drop-out-Quote“ in der Pause war beträchtlich, aber das Parterre füllte sich mit „nachrückenden“ Besuchern wieder auf.

Viele Besucher, die sich an der im Programmheft angegebenen Aufführungsdauer orientiert hatten, werden zur Pause außerdem sehr irritiert gewesen sein: denn von den angegebenen drei Stunden waren zu diesem Zeitpunkt schon zweieinhalb vorüber – aber zwei Akte fehlten noch! Fazit: Der Abend dauerte von 19.00 Uhr fast bis Viertel nach Elf.

Gewöhnen musste man sich auch ein wenig an den feinfühligen Zugang des ausführenden Ensembles La Simphonie du Marais unter Hugo Reyne (der auch als begleitender Flötist brillierte), das im Zeitgefühl und der „Dekadenz“ des Rokoko schwelgend, den Charme von idyllischen Landschaften unter Amors Herrschaft verbreitete, in den sich Chöre mit auffallend an Händel-Oratorien gemahnender Ausdruckskraft und flotte Tänze mischten.

Das Gesangsensemble hinterließ einen sehr guten bis guten Eindruck und zeigte sich stilistisch versiert. Stephanie Revidat war aus meiner Sicht der eigentliche Star des Abends: ein klarer, leuchtkräftiger Sopran mit nuancenfähiger Deklamatorik als Hebé, Emilie und Zaire. Aimery Lefèvre lieh seinen jugendlichen, einnehmenden Bassbariton einer ganzen Reihe an Figuren, vom aufgeklärten, dem versklavten Liebespaar die Freiheit schenkenden Osman bis zum bösen Inka, der bei einem Vulkanausbruch umkommt. Francois-Nicolas Geslot steuerte den Haute-contre bei, und sang den Valere und Tacmas mit passendem, ausgewogenem, hohem Tenor. Valérie Gabail war ein zarter Amour, sang aber auch die Phani, Fatime, Zima. Reinoud Van Mechelen machte als Carlos und Damon auf sich und seinen jungen Tenor aufmerksam, Sydney Fierro hatte nur kurz einen spanischen Offizier beizutragen.

Der Teil des Publikums, der bis zum Schluss ausgeharrt hatte, war begeistert.