KING ARTHUR
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Theater an der Wien
Premiere
17. Jänner 2019

Musikalische Leitung: Stefan Gottfried

Inszenierung: Sven-Eric Bechtolf
Inszenierung & Bühne: Julian Crouch
Kostüme: Kevin Pollard
Choreografie: Gail Skrela
Licht: Olaf Freese
Video: Joshua Higgason

Concentus Musicus Wien
Arnold Schoenberg Chor (Ltg. Erwin Ortner)

Philidel, Schäferin, Cupido, Sirene, Venus -
Martina Janková

Priesterin, Honour, Schäferin, „She“, Sirene, Nereide
- Robin Johannsen
Priester, „He“, Baumgeist, Fahnenträger -
Rodrigo Sosa Dal Pozzo
Priester, Herold, Baumgeist, Hirte, Comus - Mark Milhofer
Priester, Schäfer, Baumgeist, Hirte, Comus - Johannes Bamberger
Priester, Grimbalds Stimme, Frostgeist, Baumgeist, Aeolus, Hirte, Comus - Jonathan Lemalu
Priester, Pan, Comus - Dumitru Madarašan

Schauspieler:
Arthur - Michael Rotschopf
Emmeline - Meike Droste
Arthur Junior (alternierend) - Quentin Retzl, Samuel Wegleitner
Merlin - Jörg Gudzuh
Osmond - Oliver Stokowski
Oswald - Max Urlacher
Grimbald - Tom Radisch
Conon - Roland Renner
Matilda - Sigrid Maria Schnückel
Aurelius - Steffen Scheumann


King Arthur als Kindertraum(a)
(Dominik Troger)

Das Theater an der Wien widmete die erste Premiere im neuen Jahr Henry Purcells Semi-Opera „King Arthur“. Es handelte sich um die Übernahme einer Produktion der Staatsoper Unter den Linden Berlin aus dem Jahr 2017 in teils veränderter Besetzung.

„King Arthur“ (Uraufführung 1691, Librettist John Dryden) setzt den Gründungsmythos Großbritanniens in Szene. König Arthur, der mythische Ahnherr aller englischen Inselkönige, ficht einen siegreichen Kampf gegen die Sachsen, gewinnt seine Emmeline und initiiert den Aufstieg des britischen Großreiches. Purcell hat zu Drydens Text eine „Schauspielmusik“ komponiert mit Solonummern, Chören, Tänzen, wobei die Hauptpersonen des Stücks (wie King Arthur und seine sächsischen Gegenspieler) nur Sprechrollen bekleiden.

Die Aufführung im Theater an der Wien basiert auf einer von René Jacobs für die genannte Berliner Aufführung arrangierten Fassung. Jacobs ist in Berlin selbst am Pult gestanden, hat sich eng mit den beiden Regisseuren Sven-Erik Bechtolf und Julian Crouch abgestimmt, die rund um „King Arthur“ einen Abend von nahezu Shakespear`schen Ausmaßen konzipiert haben: ein Stück „Welttheater“ in eine cineastische Rahmenhandlung eingebettet.

Purcells Musik musste sich diesem Anspruch unterordnen. Die großen musikalischen „Blöcke“ der fünf Akte sind zwar erhalten geblieben, aber wenn es zum Beispiel auf der Bühne kein Ballett gibt, dann muss man die dafür gedachte Musik eben anders einsetzen: sei es für szenische Übergänge oder für die Untermalung von pantomimischen Aktionen oder für eine rezitativischen Begleitung. Das Bühnengeschehen konnte zum musikalischen Gestus durchaus im Kontrast stehen, wenn etwa das Purcell'sche Schäferspiel im zweiten Akt szenisch mit dem Fest in einem Kriegsversehrtenheim zusammen gespannt wird. Dergleichen mag nicht jede/r im Publikum immer als passend empfunden haben.

Die hinzugefügte Rahmenhandlung ist ohnehin eine Sache für sich. Ein Bub bekommt die Arthur-Geschichte von seinem Großvater erzählt und u. a. mit Puppen vorgespielt. Der Vater des Buben, ein Jagdflieger, ist offensichtlich bei der Luftschlacht um England gefallen. Die angerostete Spitfire ist auf der Bühne zu sehen. Am Schluss tritt der Sohn heroisch in die Fußstapfen seines KIA-(killed in action)-Vaters, der als King Arthur durch seine Gedanken und Träume gegeistert ist, und klettert in das Cockpit des Jagdfliegers. Der Vater bahrt sich auf der bürgerlichen Tafel gleich selbst auf, seine Gemahlin und Witwe steht mit einem Jagdflugzeugmodell in der Hand mahnend davor. Das Unbehagen an nationaler Britannien-Gesinnung wurde derart vom Produktionsteam thematisiert und ein wehmütiger Abschied umflorte Purcells und Drydens King Arthur-„Romantik“.

Der Trick mit der Rahmenhandlung ließ es aber zu, dass das Geschehen um King Arthur mit viel Spiellust zelebriert werden konnte: manchmal vulgär, mit deutschen Dialogen durchsetzt, wurde hier „klassisches“ Theater geboten, mit Bühnenbildern und Kostümen ausgestattet, die von einer phantasievollen Lichtregie und dem Einsatz von Projektionen profitierten. Die szenischen Übergänge von der Rahmenhandlung zur Arthur-Handlung bzw. ihre Durchdringung waren insgesamt gut gelöst und der Gesamteindruck – bis auf einen schwächelnden Beginn – bot ein recht kompaktes „Spektakel“. Optisches Highlight war der Zauberwald im vierten Akt: ein Wald der vom Sommergrün zum Herbstlaub wechselt, die Perspektive mit den einschiebbaren Kulissen einer klassischen „Guckkastenbühne“ vertieft – und bei dem es sich doch nur um auf „leere“ Bühnenteile (in Form von Baumsilhouetten) projiziertes Blattwerk gehandelt hat. Und die Nymphen tummelten sich bukolisch darin um Arthur zu verführen.

Die Schauspielergarde wurden vom zynisch-schurkischen Osmond des Oliver Stokowski angeführt, dem sich aber Arthur (Michael Rothschopf) und Emmeline (Meike Droste) und der etwas „trockene“ Merlin von Jörg Gudzuhn gewachsen zeigten. Max Urlacher gab den glücklosen Oswald. Tom Radisch zeichnete einen verluderten, nach teuflischem Schwefel stinkenden Grimbald: ein zum „Clochard“ verkommener Mephisto. Aber Arthur junior (zwei alternierende Besetzungen) wird ohnehin jeden Abend den „Erwachsenen“ die Show stehlen.

Musikalisch sorgte Stefan Gottfried und der Concentus Musicus für eine rhythmisch akzentuierte Begleitung, aber auch – vor allem im Finale – für feinfühlige Klänge. Das Orchester drängte sich dabei nicht in den Vordergrund, das Schauspiel hatte an diesem Abend den Vorrang. (2014 gab es im Theater an der Wien eine konzertante Aufführung des Werkes. Unter „The King's Consort“ hat Purcells Musik mehr geglänzt, als in der insgesamt doch etwas mattgerauten Einfärbung des Concentus Musicus, in der sich die Vorbehalte des Produktionsteams gegenüber einem unkommentierten Loblied auf die britische Nation ein bisschen widerzuspiegeln schienen.)

Unter den Sängerinnen und Sängern ist Martina Janková an erster Stelle zu nennen, als lebendiger Luftgeist zum Beispiel oder als köstlicher, barockausstaffierter Amor, vom Schnürboden schwebend oder herumwirbelnd, mit ihrem leichtgängigen an Mozart geschultem Sopran, der inzwischen aber schon etwas „fester“ geworden ist. Robin Johannsen fungierte als „zweiter“ Sopran und ergänzte sich stimmlich gut mit Janková. Johannes Bamberger und Mark Milhofer sorgten für einen ausgewogenen tenoralen Beitrag, Rodrigo Sosa Dal Pozzo ließ einen ebenmäßigen Altus hören. Dumitru Madarašan, wie Johannes Bamberger im Jungen Ensemble des Theaters an der Wien engagiert, steuerte seinen aufstrebenden jungen Bass bei. Gegenüber den übrigen Mitwirkenden abfallend und mit einem mich wenig beeindruckenden „Frost“-Song: Jonathan Lemalu, dessen Bassbariton mir inzwischen schon zu „grobkörnig“ klingt. Der Arnold Schönberg Chor war bei Purcell ganz in seinem Element.

Der rund neun Minute lange Schlussapplaus bewies, dass es dem Publikum gefallen hat. Missfallensäußerungen konnte ich von meinem Platz aus keine vernehmen.