TURANDOT
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Wiener Volksoper
4. März 2014

Dirigent:Guido Mancusi

 

Turandot - Jee-Hye Han
Altoum - Otoniel Gonzaga
Timur - Yasushi Hirano
Kalaf - Vincent Schirrmacher
Liu - Kristiane Kaiser
Ping - Günter Haumer
Pang - David Sitka
Pong - JunHo You
Mandarin - Einar Th. Gudmundsson


„Feuriger Kalaf“
(Dominik Troger)

Die Volksoper hat ihre „Turandot“-Produktion aus dem Jahr 2006 wieder in den Spielplan aufgenommen. Die Inszenierung, die das Geschehen in ein phantasievoll kostümiertes und choreographiertes Insektenreich verlegt, wusste wieder zu gefallen. Vincent Schirrmacher als Einspringer von Neil Shicoff sang einen beeindruckenden Kalaf.

Die Wiederaufnahme letzten Freitag war vor allem wegen des Rollendebüts von Neil Shicoff als Kalaf im Blickpunkt gestanden – die zweite Vorstellung musste Shicoff krankheitsbedingt kurzfristig absagen. Vincent Schirrmacher, seit drei Jahren tenoraler Geheimtipp am Währinger Gürtel, nützte bei seinem Hausdebüt als Kalaf die Chance. Sein Tenor besticht weniger durch Farbenreichtum, als durch die Eigenschaft, nicht nur über ein sicheres „hohes C“, sondern auch über jenes „squillo“ zu verfügen, dass Tönen elementare, leidenschaftliche Energien verleiht und sie feurig über das Orchester trägt. Und Schirrmacher besitzt eine ganze Menge davon und füllte die Volksoper damit reichlich aus.

Außerdem ist er ein Sänger, der sehr selbstbewusst agiert und das Risiko nicht scheut. Mag sein, dass er manchmal zu stark aus sich herausgeht: In der Rätselszene bei der Beantwortung der dritten Frage klang seine Stimme momentan etwas „angekratzt“, aber Schirrmacher fing sich sofort wieder. Das vorzüglich vorgetragene und im Spannungsaufbau ebenso gestaltete „Nessun dorma“ wurde von ihm mit einem effektvollen „Vincerò“ gekrönt. Das Publikum spendete gleich reichlich Szenenapplaus, aber der Dirigent hatte kein Einsehen und ließ weiter spielen. Schirrmacher setzte bis zum Finale der kühlen Prinzessin Turandot mit seinem befeuernden Gesang eifrig zu – und so schmolz der Eisbrocken, der ihr Herz umgab: eine überzeugende Vorstellung des Sängers, die von den Anwesenden mit vielen Bravorufen und viel Beifall bedacht wurde.

Seine Partnerin als Turandot, Jee-Hye Han, bot in der schwierigen Partie eine gute, aber etwas forcierte Leistung. Ihr leicht kühl timbrierter Sopran passte zur rätselstellenden Prinzessin. Han vermochte es auch, die menschlichen Regungen der Figur herauszustreichen und im Laufe des Abends die despotische Kälte der Rätselszene herzerwärmender abzumildern, ja sogar Mitleid zu erwecken. Trotzdem scheint die im Vergleich zu anderen Rollenvertreterinnen noch recht junge Sängerin mit der Turandot etwas hoch zu „pokern“ – und bei dem, was sie jetzt ihrem meiner Einschätzung nach doch noch eher lyrisch ausgerichteten Sopran an Ressourcen abzieht, verliert sie langfristig möglicherweise mehr als sie gewinnt.

Kristiane Kaiser sang eine sichere, mit kräftiger Lyrik umflorte Liu, die naturgemäß in der Sterbeszene das Publikum zu rühren wusste. (Diese Szene ist in dieser Produktion effektvoll gelöst, in dem sich Liu in die Arme eines weiblichen Henkers wirft, der mit futuristisch anmutenden, silberglänzenden Insektenzangen ausgestattet ist.) Yasushi Hirano sang den Timur mit schönem, kräftigem Bass. Die übrigen Mitwirkenden inklusive Chor rundeten den Abend zu einer gelungenen Vorstellung. Das gut auf die Höhepunkte zusteuernde und diese etwas lautstark auskostende Orchester unter Guido Mancusi sorgte für eine flüssige und spannende Wiedergabe von Giacomo Puccinis letzter Oper.

Die Volksoper war sehr gut besucht, der Schlussapplaus für die 28. Aufführung dieser Produktion dauerte rund sieben Minuten lang.