DER MANTEL (IL TABARRO)
/ GIANNI SCHICCHI
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Volksoper Dirigent: Enrico
Dovico |
Der Mantel: Michele - Alik
Abdukayumov Gianni Schicchi: Gianni
Schicchi - Martin Winkler |
An der Volksoper hat man Puccinis „Tryptichon“ zu einem „Dyptichon“ umfunktioniert, Schwester Angelica wurde nicht eingeladen. Die zweite Aufführung der Neuproduktion (Premiere letzten Samstag) hinterließ einen guten Eindruck. Gesungen wird in deutscher Sprache. Der Volksoperndirektor hält an seiner Linie fest, fremdsprachige Opern in deutscher Übersetzung zu bringen. Er wird wissen, warum. Die Textverständlichkeit bleibt auch bei Benutzung der Landessprache eine sängerInnenabhängige „Gunst“, die dankenswerter Weise durchgeführte Übertitelung des Librettos ist in allen Fällen hilfreich, der unmelodische Fluss des Deutschen, gerade in der italienischen Oper, wird aber offenbar gerne in Kauf genommen. Robert Meyer hat bei dieser Neuproduktion selbst Regie geführt. Er hat sich auf keine „Experimente“ eingelassen. Der „Mantel“ spielt im Pariser Flussschiffer-Milieu, ganz so, wie es „geschrieben steht“. Das mehr nach den großen Konturen ausgerichtete Bühnenbild (Christof Cremer) zeigt den zwischen zwei Kaimauern eingebetteten Strom samt Lastkahn. Links (Sicht auf die Bühne) gibt es eine Treppe, die zum Fluss hinabführt. Die Kostüme verweisen auf eine Zeit um 1900. Wurde beim „Mantel“ die ganze Bühne genützt, so erscheint die Szene bei „Gianni Schicchi“ gerahmt, sozusagen als Bühne in der Bühne, wobei die Ikonographie des in hellen Tönen gehaltenen Rahmens auf Dantes „Göttliche Komödie“ verweist, die Puccini den Stoff geliefert hat. Dadurch wird die Komödie optisch deutlich von der Tragödie geschieden, was nicht weiter stört, weil man den „vermittelnden Teil“ zwischen den beiden Stücken, die „Suor Angelica“, ohnehin weggelassen hat. Der „Gianni Schicchi“ wurde den Kostümen und dem Interieur des eher schlicht ausgestatteten „Sterbezimmers“ nach zeitlich etwa in die 1920er Jahre transponiert. Von den beiden Teilen ist der „Mantel“ szenisch schwächer ausgefallen. Das hitzige Verismo-Blut begann kaum zu sieden. Das ganze wirkte zu leichtgewichtig, so wie die Säcke, die die Arbeiter aus dem Lastkahn ans Ufer schleppten. Nun soll man Sängern gewiss nicht zumuten, dass sie auf der Bühne 50-Kilo-Zementsäcke stemmen, aber gerade beim „Mantel“ müsste man als Besucher den Schweiß und die triebhafte Liebe und die Mordlust schon ein wenig stärker „erschnuppern“ können. Das ist natürlich auch eine Frage der mitwirkenden SängerInnen, die sich insgesamt nicht mit zupackenden Verismo-Stimmen profilierten. Melba Ramos sang die Giorgetta mit schönem lyrischem Einschlag, sinnlich, aber vielleicht zu wenig triebhaft. Die Ausweglosigkeit dieser Frau, die Betäubung durch eine „fremde“ Liebe, man hätte hier einige Facetten deutlicher herausstreichen können. Ähnliches gilt für Michael Ende als Luigi, der gesanglich punktuell schon ziemlich forcieren musste. Ob er bei dieser Rolle als „Typ“ und stimmlich ideal eingesetzt ist, wäre hinterfragenswert. Alik Abdukayumov sang anstelle von Sebastian Holecek, dem Michele der Premiere, und sorgte für eine ausgesprochen positive Überraschung. Er besitzt eine schönen, kernigen Bariton und er legte die Rolle mehr lyrisch-hintertrieben an: ein Mensch, dessen Gefühle lange gebändigt, dann plötzlich überschießen. Alexandra Kloose (hier kein „Frettchen“, sondern eine „Hamsterin“, was dem Charakter der Figur eigentlich genau entgegengesetzt ist) wirkte zu harmlos und zu wenig vom Milieu geprägt, das Puccini hier auf die Bühne bringt. Das Ensemble rundete passend ab, in der Figurenzeichnung nicht wirklich markant. Beim „Gianni Schicchi“ war die „Handschrift“ des erstmals eine Oper inszenierenden Volksoperndirektors stärker zu spüren. Durch die Verwendung der Lokalsprache und die ein bisschen überdrehte Regie, die schwungvoll und mit „absehbaren“ Gags arbeitend auch im Repertoire die Lacher auf ihrer Seite haben wird, wurde der Commedia dell arte-hafte Humor des Werkes aber deutlich in den Hintergrund gedrängt. Insofern war der etwas bodenständigere Gianni Schicchi von Martin Winkler, der keine verschmitzte Subversivität ausdrückte, sondern recht handfest zur Sache ging, durchaus passend. Winkler ließ auch genug Stimmkraft hören, um sich im Ensemble als zentrale Figur zu positionieren. Richtig sympathisch wurde einem dieser Gianni Schicchi aber nicht. Viel Sympathien konnte hingegen seine Tochter Lauretta (Bernarda Bobro) einheimsen, die sich mit dem kurzen, ausgesprochen hübsch zu Gehör gebrachten „O mio babbino caro“ Szenenapplaus ersang. Sebastian Reinthaller präsentierte einen liebenswerten Rinuccio, wenn ihm auch manche Passage ein bisschen Mühe zu bereiten schien. Die Krokodilstränen der Erbschleichergesellschaft sorgten für Lacher im Publikum – und so soll es auch sein. Das Volksopernorchester unter Enrico Dovico spielte mit schönem „Puccinisound“, recht differenziert und je nach Anforderung mit viel Gefühl oder humorvoller Akzentsetzung. Der Schlussapplaus fiel reichlich aus, das Publikum war sichtlich animiert und mit dem Gebotenen zufrieden. |