„Opern-Shopping“
(Dominik Troger)
Robert
Carsens Interpretation von Puccinis „Manon Lescaut“
hat es an der Staatsoper jetzt schon auf 30. Aufführungen gebracht.
Das ist erstaunlich. Denn dass sich Carsens atmosphärelose
„Shoppingcenter“-Version als richtiger „Stimmungskiller“
erweist, wurde an diesem Abend wieder einmal mehr als nur deutlich.
Viel
tat sich nicht, an diesem 29. November in der Staatsoper. Drei Akte
lang plätscherte das Bühnengeschehen meist gepflegt dahin,
erst im vierten Akt wusste man, warum man noch in der Oper saß.
Olga
Guryakova sang die Titelpartie. Ihr robuster Sopran war
zu unsensibel für die verführerische Naivität dieses
jungen Mädchens, wurde von mir auch in den schöner gestalteten
lyrischen Momenten als zu kühl empfunden. In Spiel und Gesang
fehlte jene leichte, feinfühlige Koketterie, die zu Manons
Wesen als natürliche Eigenschaft gezählt werden darf,
und die Männer so verzaubert wie sie selbst ein präziöses
Schmuckstück. Im dritten und vierten Akt kam Guryakovas Manon
glaubwürdiger zur Geltung, das Finale gelang recht eindringlich.
Ohne
José Cura hätte diesem Abend aber jedes
„Gewürz“ gefehlt. Cura gibt in dieser Serie sein
Debüt als Des Grieux. Seine sängerische Impulsivität
half der Vorstellung entscheidend weiter, wurde im Finale sogar
richtig packend. Neben Cura gelingt es wahrscheinlich nur noch Neil
Shicoff, so überzeugend an verschlossenen Türen zu rütteln.
Immer wieder strömte Curas kräftiger, baritonal gefärbter
Tenor mit fülligdunklem Wohlklang, wobei sein gesanglicher
Vortrag prinzipiell dem naturalistischen Pathos des Verismo verpflichtet
blieb – mit allen Vor- und Nachteilen, die daraus erwachsen.
Sorin
Coliban lieh dem Geronte seinen schönen Bass. Carsen
hat diese Figur sehr eindimensional als etwas dümmlichen Widerling
angelegt. Kaum zu glauben, sich dieser Geronte für Madrigale
(!!!) interessiert. Dass der Kapitän im dritten Akt vom Sänger
des Geronte gegeben wird, ist ein weitere Unfug der Regie. Coliban
löste auch diese Aufgabe. Eijiro Kai gab einen
zu markant klingenden Lescaut. Ho-yoon Chung mischte
als netter Edmondo den ersten Akt auf. Dafür war der Sergeant
mit Dan Paul Dumitrescu richtiggehend luxuriös
besetzt.
Philippe
Auguin leitete den Abend routiniert. Das Zwischenspiel
kam recht klangschön zur Geltung. Der vierte Akt entwickelte
sogar Spannung. Das Publikum blieb reserviert. Der Schlussapplaus
verebbte rasch. Es gab einen Durchgang an Solovorhängen und
Bravorufe für José Cura.
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