LA BOHÈME

Aktuelle Spielpläne
Forum
Opernführer
Chronik
Home
Puccini-Portal

Wiener Staatsoper
22.12.2008

Dirigent: Constantinos Carydes

Rodolfo - Rolando Villazón
Schaunard - Clemens Unterreiner
Marcello - Adrian Eröd
Colline - Ain Anger
Benoit - Marcus Pelz
Mimì - Kristine Opolais
Musetta - Laura Tatulescu
Parpignol - Michael Knapp
Alcindoro -
Marcus Pelz


Geburtstagsständchen

(Dominik Troger)

Am 150. Geburtstag von Giacomo Puccini lud die Wiener Staatsoper zu „La Bohème“: in der altehrwürdigen Zeffirelli-Inszenierung sorgten spielfreudige Sänger für ein passendes Geburtstagsgeschenk. Im Mittelpunkt der Aufführung stand natürlich der „Rodolfo“ Rolando Villazon.

Rolando Villazóns Stimme zeigte sich – im Vergleich zu seinen Jännerauftritten als Werther und Des Grieux – erstarkt und gekräftigt. Er singt jetzt nicht mehr dauernd am Limit, sondern wohldosiert, ohne dabei auf leidenschaftliche Phrasen und gut gesetzte Höhen zu verzichten. Die Partie scheint seiner Stimme zu liegen – und zusammen mit seinen schauspielerischen Fähigkeiten formte er wieder eine lebendige Bühnenpersönlichkeit. Villazon hat die Rolle perfekt abgestimmt, da werden auch kleine Details wie das Zuschneiden der Schreibfeder nicht vergessen. Auf diese Weise wird ein filmischer Realismus erreicht, der in diesem historischen und detailliert „naturgetreuen“ Bühnenrahmen Zeffirellis ganz vorzüglich zur Geltung kommt.

Die berühmte Szene im ersten Akt, das Schlüssel- und Händchenfinden, realisiert Villazón mit verschmitzter Naivität, die dem „Liebesfeuer“ ein wenig nachhilft und den entscheidenden Funken schlägt. Man spürt den berechnenden Wagemut dieses, aus plötzlicher Liebesanwandlung zum Verführer gewordenen Poeten. Dieser Rodolfo weiß schon, wie er die Mädchen herumkriegt – doch was zuerst mehr als verlockendes Spiel erscheint, singt sich beim „Che gelida manina“ in die wirkliche, große, lebensbestimmende Liebe.

Seine Partnerin, Kristine Opolais, schon in der ersten dieser beiden Vorstellungen für Roxana Briban eingesprungen, hatte es schwerer. Ihre Stimme neigte nicht zum verschwenderisch-lyrischen Aufblühen, dazu scheint das Timbre zu wenig einschmeichelnd, vermittelt mehr einen klaren, etwas harten Klang. Ihr Mimi wirkte gefasst, durch lange Armutserfahrung geprägt und desillusioniert. Insofern lag ihr auch die Verzweiflungskälte des dritten Aktes besser, als das unschuldige „Vorstellungsgespräch“ im ersten Akt. Den Schluss sang sie mit zarter Berührung: der herzliche Tod eines armen Mädchens, dass Zeit seines Lebens lang gefroren hat.

Die Musetta von Laura Tatulescu muss wohl noch die richtige Balance finden, vor allem im Café Momus, wo ihr outrierendes Spiel zwar ein schwungvolles Rollenportrait abgab, dem die stimmliche Umsetzung aber noch nicht so ganz äquivalent ist. Das schien mir zu schwerblütig und dramatisch.

Rodolfos Künstlerkollegen waren spiel- und sangesfreudig. Das ergab köstliche Tableaus, witzig und schwungvoll, allen voran Adrian Eröd, der kurzfristig den Marcello vom erkrankten Boaz Daniel übernommen hatte, sowie ein am Schluss von Mimis Schicksal mit traurig-schöner Stimme tief betroffener Colline (Ain Anger). Clemens Unterreiner (Schaunard) nutzte die Chance eines kurzfristig anberaumten Rollendebüts mit Bravour.

Was dem Abend gut getan hätte: Ein Dirigent, der mehr auf den natürlichen Fluss von Puccinis Musik vertraut und sich ein wenig mitreißen lässt. Durch seine betuliche Art hat Constantinos Carydes oft am falschen Punkt die Spannung herausgenommen, etwa im „Si, mi chiamo Mimi“ oder auch am Schluss des ersten Aktes oder im zweiten Akt bei Musettes Eskapaden. Dazu war der Orchesterklang teils etwas forsch und mir dynamisch zu wenig abgestuft.

Der Schlussapplaus dauerte knapp über 10 Minuten, es gab Blumen für Rolando Villazón. Insgesamt wars ein gelungenes Geburtstagsständchen für Giacomo Puccini.