TOSCA

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Wiener Staatsoper
2.12.2001

Dirigent:Marcello Viotti

Floria Tosca, berühmte Sängerin - Georgina Lukács
Mario Cavaradossi, Maler - Neil Shicoff
Scarpia, Polizeichef von Rom - Albero Mastromarino
Cesare Angelotti - István Gáti
Der Mesner - Wolfgang Bankl
Spoletta, Polizeispitzel - Walter Pauritsch

"Cavaradossi"
(Dominik Troger)

Diesmal soll es ganz "authentisch" sein: Der Schreiber dieser Zeilen hat sich, kaum zu Hause angekommen, gleich an den PC geworfen. Wiedergegeben wird der erste, unmittelbare Eindruck, samt aller darin enthaltener Tippfehler. "Es ist 23 Uhr und 18 Minuten".

In der Nase noch den Weihrauch vom ersten Aufzug, der diesmal mit besonderer Ausgiebigkeit durch die Kirche, ähh durch die Oper wallen und wogen durfte, und im Ohr noch das überlang begeisternd ausgehaltene "Vittoria" des Neil Shicoff, wäre es ja wirklich frevelhaft, sich gleich schlafen zu legen.

Wenn man das Glück hat, einen Abend zu erwischen, an dem es einer der weltbesten Tenöre wieder einmal "wissen will", dann hängt keine Operngenuss-Traube zu hoch, um nicht mit gierigen Fingern gepflückt und ebenso gierig verspeist zu werden. Das traurige daran ist jedoch, dass einem dort die Sprache versagt, wo sie nichts mehr zu bekritteln weiß, und dass sie sich dann nur mehr in solche Ausrufungen wie "großartig", "fulminant" etc. zu flüchten weiß. Wie leicht ist es, über das unüberhörbare Tremolo der Tosca (Georgina Lukács) zu schreiben - das sie, nebenbei bemerkt, mit vielen Toscas teilt - und wie schwer, über Shicoffs melodische Phrasierungskunst und kraftvolle Attacke, die ihm auch in der Höhe an diesem Abend stets willig zu Gebote stand. Natürlich, er hat ein paar "Faserschmeichler" im Timbre zu wenig, um Massen in Ekstase zu versetzen, aber die legen sich oft ohnehin nur wie Teppichfransen über die eigentlichen Schwachstellen im stimmlichen Fundament. Inzwischen hat es sich aber wirklich schon herumgesprochen, dass Shicoff derzeit in vielen Rollen das "Nonplusultra" darstellt. Der Caravadossi des heutigen Abends gehörte in diese Kategorie.

Wie gesagt, da störte das Tremolo der Tosca weniger, auch weil das im zweiten Akt überhaupt nicht so stört, und hier die dramatischen Qualitäten viel mehr zum Tragen kommen. Georgina Lukács meisterte diese durchaus und nahm den nötigen "Drive" auch mit in den fatalen dritten Akt. Der Scarpia von Alberto Mastromarino entwickelte ebenfalls genug bösartiges Potential, um Puccinis Meisterstück entsprechend wirkungsvoll über die Rampe zu bringen. Aber interessierte das heute wirklich jemanden, ob der Scarpia ganz gut oder doch noch ein bisserl besser gesungen hat? Dank Shicoff war der positive Gesamteindruck so überwältigend, dass für alle Beteiligten genug Applaus übrig war.

"Es ist 23 Uhr und 46 Minuten".