„Agile Tosca“
(Dominik Troger)
Die
laufende „Tosca“-Serie an der Staatsoper mischte Bekanntes
mit Neuem und sorgte für eine lebendige Aufführung von Giacomo Puccinis
„Opernhit“. Einige Anmerkungen zur dritten Vorstellung der
laufenden Serie.
Rund
viereinhalb Jahre sind seit dem letzten Auftritt von Aleksandra Kurzak
und Roberto Alagna an der Wiener Staatsoper vergangen. Damals gaben sie
Nedda und Canio, jetzt sind sie als Tosca und Cavaradossi
zurückgekehrt. Dazu gesellte sich noch Gabriele Viviani als Scarpia,
seit über zehn Jahren im Haus am Ring nicht mehr zu Gast gewesen.
Sowohl Kurzak als auch Viviani gaben ihr Staatsopern-Rollendebüt.
Aleksandra Kurzak war eine sehr
lebendige, spielfreudige Tosca in der noch ein letzter Rest von Neddas
Seele steckte. Mit Quirligkeit ausgestattet geriet sie in die Fänge
von Scarpias begehrender Hinterlist und fiel ihr letztlich zum Opfer.
Wobei sich diese Tosca nicht als „Star“ in die „Auslage“
stellte: Kurzaks Tosca zeigte wenig Pathos und inszenierte sich nicht
als Opfer, sondern präsentierte ein aus dem Leben gegriffenes,
agiles Frauenporträt mit einer positiven Grundhaltung, in der einerseits
Toscas Lebenslust, aber auch ihre Gläubigkeit sehr gut zum Ausdruck
kamen (etwa nach ihrem von Scarpia so heuchlerisch verwiesenen Zornausbruch
im ersten Akt).
Gesanglich platzierte sich Kurzaks Sopran ein wenig zwischen den
Stimmfächern, auffallend war der betonte Gebrauch der Bruststimme, so
als ob sie Tosca damit besonderes emotionales „Gewicht“ verleihen
wollte. Ihre Spitzentöne segelten mit gutem Effekt übers Orchester.
Trotzdem ist die Stimme womöglich eine Spur zu hell und lyrisch, prunkt
nicht mit dieser „Diven-Grandezza“, die der Rolle gerne
zugestanden wird. Daraus resultierte ein Zwiespalt mit „klassischen
Erwartungshaltungen“, der sich den ganzen Abend lang nicht so richtig
aufgelöst hat.
Roberto Alagnas Cavaradossi
baute auf seine lange Karriereerfahrung. Das „Recondita
armonia“ diente mehr zum „Aufwärmen“,
wobei sich bei länger gehaltenen Tönen ein starkes, langwelliges Vibrato
einstellte. Aber die Stimme festigte sich im Laufe des ersten Aktes,
er scherzte mit Tosca, gestaltete effektvoll den emotionalen Ausbruch
im Gespräch mit Angelotti. Alagnas Tenor zeigte sich kraftvoll, mit
metallisch unterlegten Spitzentönen. Auch beim lange gehaltenen „Vittoria“
klang die Stimme nicht „überdehnt“.
Die Sternenarie gestaltete er als sensibel ausgeformte Erinnerung,
von glücklicheren Zeiten tagträumend, von mitfühlender Lyrik geleitet
und ohne übertreibenden Showeffekt – und dann umspielte seinen
Tenor auch wieder jener feine helle Glanz früherer Jahre. Das Zusammenspiel
von Tosca und Cavaradossi war sehr gut, beide schienen sich in der Produktion
wohl zu fühlen – und die ist gemessen an den oftmals so tristen
szenischen Hervorbringungen des aktuellen Operntheaters auch ein wahres
Schmuckstück.
Gabriele Viviani gab einen unaufgeregten
Scarpia mehr berechnender Natur – bei den Vergewaltigungsversuchen
aber plötzlich von so filmreifer Tatkraft, dass man um Tosca zu fürchten
begann. Sein Bariton hatte die Partie sehr gut im Griff, kräftig genug
und mit ausreichend angenehmen Timbre, um noch attraktiv zu wirken.
Leonardo Neiva (mit Staatsopern-Rollendebüt) als Angelotti hinterließ
ebenfalls einen guten Eindruck.
Im Orchestergraben hat Marco Armiliato die
Musiker zu keiner „überhitzen“ Darbietung gedrängt, und das Orchester
hat bewiesen, dass man eine Tosca auch „schön“ spielen kann. Dadurch
öffneten sich für die Sänger Räume für feinere Emotionen, ohne
vom „Sound“ grell „planiert“ zu werden. Und das wurde auch zum Vorteil
der Vorstellung genützt.
Der starke Schlussapplaus war von üblicher Länge. Es
waren viele Touristen im Haus und wenig Stammpublikum.
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