TOSCA

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Staatsoper
5.2.2024

Dirigent: Bertrand de Billy

Floria Tosca - Elena Stikhina
Mario Cavaradossi - Piotr Beczala
Scarpia - Erwin Schrott
Cesare Angelotti - Evgeny Solodovnikov
Der Mesner - Dan Paul Dumitrescu
Spoletta -Ted Black
Sciarrone - Markus Pelz
Schließer - Stephano
Park
Ein Hirt - Chiara Bauer-Mitterlehner


„Tenoraler Glanz“

(Dominik Troger)

Die Staatsoper rüstet sich für den Opernball, aber eine „Tosca“ ist sich vorher noch ausgegangen. Opernballeröffnungssänger Piotr Beczala gab den Cavaradossi – und damit war das Glück des zahlreich erschienenen Stammpublikums schon perfekt, samt Wiederholung der „Sternenarie“.

Der Cavaradossi ist zur Paraderolle von Piotr Beczala an der Wiener Staatsoper avanciert: Vierzehn Vorstellungen sind es inzwischen geworden – und die nächste folgt nach dem Opernball. Beczala hat seinen ersten Wiener Cavaradossi vor fünf Jahren gesungen. Die Stimme lässt jetzt mehr die „Muskel spielen“ als damals, hat (auch in Wien) mit dem Lohengrin „Krafttraining“ betrieben. Das bezeugten nicht nur die lange gehaltenen, sicheren „Vittoria“-Rufe.

Die Stimme ist also eine Spur breiter geworden, in eine wärmende, leicht bronzen anmutende Hülle gepackt, aber nach wie vor geschmeidig genug, um mit versonnenen Romantizismen und leidenschaftlicheren Ausbrüchen eine wohlabgewogene Mischung sängerischen Kalküls und stilistischer Eleganz zu befördern, die im „E lucevan le stelle“ ihren Höhepunkt erreicht: als Pflicht und Kür gleichermaßen, vom Publikum bejubelt und vom Sänger – wie in den meisten seiner bis dato vierzehn Auftritten als Cavaradossi – wiederholt. Auch im Spiel hat Beczala eine gute Mischung gefunden, selbstbewusst, aber nicht übertrieben, wirbt er um Tosca und bietet Scarpia die Stirn.

Ihm zur Seite stand mit Elena Stikhina eine nach wie vor recht jugendlich wirkende Tosca – Wiener Rollendebüt vor zwei Jahren – die ein eher „harmloses“ Bühnenleben bestritt. Die Cavaradossi-Umgarnung im ersten Akt wollte nicht so recht zünden, aber glücklicherweise hat Beczala an leidenschaftlichen Einwürfen nicht gespart. Der zweite Akt geriet im Ausdruck zu „flach“, mehr „einstudiert“ als „erlebt“. Das „Vissi d’arte“ wurde von ihr lyrisch verhalten und etwas einförmig präsentiert. Der dritte Akt, getragen von der Hoffnung auf gemeinsames Glück, gelang belebter. Es spricht für die Sängerin, dass sie ihren Sopran nicht „ausbeuterisch“ behandelte, und den angenehmen Eindruck, den ihre schön timbrierte Mittellage hinterließ, zu pflegen wusste. Darunter litt allerdings das „Ausformulieren“ der Bühnenpersönlichkeit, das Bewusstmachen der emotionalen Grenzsituation in der sich Tosca befindet.

Erwin Schrott dürfte sich stimmlich nicht in Bestform befunden haben, trank im zweiten Akt fast eine Wasserkaraffe leer, und konnte sich kaum dazu entscheiden, einmal das mit Wasser gefüllt Weinglas abzustellen. Es hatte den Anschein, als wollte er sich mehr auf das Wasser und weniger auf seine Stimme verlassen. Nun legte er die Partie ohnehin mehr zynisch-hintergründig an, sehr kontrolliert, und sparte sich seinen Bassbariton für wenige kraftvolle Momente auf, etwa wenn er sich „beweglich wie ein Leopard“ auf Tosca stürzt. Dazwischen gabs einigen Leerlauf, ausgefüllt von Schrotts herrschaftlicher Bühnenerscheinung: ganz Baron vom Scheitel bis zur Sohle, die dunkle, triebhafte Seite von narzisstischem Glanz überstrahlt.

Mehr liebenswertes Original als gefährlicher Intrigant, der Mesner von Dan Paul Dumitrescu; Evgeny Solodovnikov erfüllte als Angelotti seine Aufgabe. Und ob Scarpia, so kunstbeflissen wie er ist, seine Polizeispitzel in den Musiker- und Sängerbund der römischen Exekutive aufnehmen würde? Als Enttäuschung erwies sich das langatmige Dirigat von Bertrand de Billy, sonst fast immer Garant für zündende Opernaufführungen. Aber er hat die Orchesterlautstärke gut dosiert, wofür vor allem der Scarpia des Abends dankbar gewesen sein dürfte, der im ersten Akt kaum von der Rampe wich. Der Schlussapplaus mit vielen Bravorufen lag bei rund sieben Minuten.